3. Rudolfs von Ems Der guote Gêrhart

In Rudolfs von Ems Der guote Gêrhart finden sich keine so offensichtlichen Übereinstimmungen zwischen Papst Gregor I. und dem Protagonisten des mittelhochdeutschen Werkes, aber die Grundaussage, die diese Erzählung vermittelt, deckt sich mit den Wertanschauungen des Papstes.

Wie die Legenda aurea berichtet, sind Demut, Mildtätigkeit, Großzügigkeit und Gottesachtung für Gregor besonders wichtige Eigenschaften, die er auch von guten Christen fordert und die er immer wieder zu vermitteln sucht (Vgl. Erzählung über Brotbäckerin). Bereits der Prolog des guoten Gêrhart erklärt richtiges Verhalten, um zu Gott zu finden. Auch Papst Gregor I. legt diese Verhaltensweisen an den Tag, zum Beispiel verwendet er seinen Besitz dafür, um mehrere Klöster zu gründen. Rudolf von Ems sieht hierin eine Möglichkeit um auf den rechten Weg zu Gott zu kommen.

 

a) swer durch guot iht guotes tuot,             Wer auch immer durch Besitz, wegen der vortrefflichen Gesinnung des guten Herzen,

durch guotes herzen guoten muot,             irgendetwas Vortreffliches tut,        

wil er sich selben rüemen vil,                     will er sich selbst sehr rühmen,

sô jagt er ûf des ruomes zil                       so verjagt er das Ziel des Rühmens,

den ruom hinz an ein ende                        den Ruhm, mit solchem Unrecht,

mit solher missewende                             bis an ein Ende,

daz mit des ruomes missetât                    dass mit dem Unrecht des Rühmens

des guoten ruom an im zergât.                  das vortreffliche Lob an ihm endet.

Der guote Gêrhart, V. 11 – 18

 

 

Diese Einblicke in die deutsche Literatur des Mittelalters sollten zeigen, dass die Beschäftigung mit einem Gemälde aus dem 16. Jahrhundert, nicht nur die Kunstgeschichte oder Kunstwissenschaft einbeziehen sollte, sondern Disziplin übergreifend betrachtet werden kann, damit es zu einer ganzheitlichen Analyse des Kunstwerkes führt.


Literatur:

Rudolf von Ems: Der guote Gêrhart. Hrsg. v.: John A. Asher. 3. Auflage. Tübingen 1989 (=ATB 56).