Im Oberseminar der Slavischen Literaturwissenschaft werden laufende Abschlussarbeiten (Konzepte, Kapitelentwürfe etc.) besprochen. Außerdem werden – abgestimmt auf die Interessen und Bedürfnisse der Teilnehmenden – klassische und neue Texte aus dem Bereich der slavischen (und allgemeinen) Literaturwissenschaft gemeinsam gelesen. Zu ausgewählten Themen sind Gastvorträge vorgesehen.
- Moderator/in: Eugeniya Ershova
- Moderator/in: Jeanette Fabian
- Moderator/in: Simone Guidetti
- Moderator/in: Nadine Menzel
- Moderator/in: Christian Zehnder
Semester: 2024 Sommersemester
Eine Vielzahl neuerer Romane in den ost-/mitteleuropäischen Literaturen befasst sich mit geschichtlichen Themen. Bei dieser „Obsession mit der Vergangenheit“ (Matthias Schwartz) handelt es sich nicht um eine selbstverständliche Gedächtniskultur, sondern – mit Marianne Hirschs Begriff aus den Holocaust-Studien – um ‚Postmemory‘, d.h. das Erinnern Nachgeborener anhand von Dokumenten, Fotografien, Familiengeschichten. In diesem Seminar wollen wir drei ost-/mitteleuropäische Romane aus der jüngsten Vergangenheit besprechen: Zabuttja (2016; übers. als Der Blauwal der Erinnerung, Kiepenheuer & Witsch 2019) der ukrainischen Schriftstellerin Tanja Maljarčuk (geb. 1983 in Ivano-Frankivs′k); Krasnyj krest (2017; übers. als Die roten Kreuze; Diogenes 2020) des belarussischen Schriftstellers Saša Filipenko (geb. 1984 in Minsk) und Przewóz (2021, übers. als Die Grenzfahrt, Suhrkamp 2023) des polnischen Schriftstellers Andrzej Stasiuk (geb. 1960 in Warschau).
Stasiuks Przewóz spielt im Jahr 1941 im okkupierten, zwischen Nazideutschland und der Sowjetunion aufgeteilten Polen und handelt von Fluchtversuchen über den Fluss Bug. Zugleich webt der Erzähler ein, wie er mit seinem vergesslichen Vater den Schauplatz des Romans bereist – das Dorf von dessen Kindheit. Filipenkos Krasnyj krest verbindet ebenfalls das Jahr 1941 mit einer Begegnung in der Gegenwart: Eine alte, an Gedächtnisverlust leidende Frau in Minsk schildert ihrem neuen Nachbarn, dem Ich-Erzähler, ihre Geschichte als Übersetzerin von Kriegsgefangenen-Listen in Stalins Außenministerium. Maljarčuks Zabuttja bezieht sich auf die Entdeckung einer nationalgeschichtlichen Figur durch die Ich-Erzählerin: Während einer Depression wird sie auf den polenstämmigen ukrainischen Politiker und Historiker V′jačeslav Lypyns′kyj/Wacław Lipiński (1882–1931) aufmerksam und beginnt anhand von Archivdokumenten dessen Engagement für die ukrainische Sache zu rekonstruieren und imaginieren – und sie so der „Vergessenheit“ (zabuttja) entziehen.
In dem Seminar wollen wir über die Erinnerungsfunktion von Literatur nachdenken, künstlerische Verfahren der Verschränkung von Geschichte und Intimität analysieren und uns auch in den dargestellten historischen Situationen genauer orientieren. Schließlich werden wir uns auch fragen, inwiefern der russische Krieg gegen die Ukraine unsere Wahrnehmung dieser Romane aus den Jahren 2016, 2017 und 2021 beeinflusst.
Scans der Originale und der Übersetzungen werden auf VC zur Verfügung gestellt. Allen, die die Möglichkeit haben die Übersetzungen anzuschaffen, wird dies empfohlen; sie sind im Buchhandel gut greifbar.
Stasiuks Przewóz spielt im Jahr 1941 im okkupierten, zwischen Nazideutschland und der Sowjetunion aufgeteilten Polen und handelt von Fluchtversuchen über den Fluss Bug. Zugleich webt der Erzähler ein, wie er mit seinem vergesslichen Vater den Schauplatz des Romans bereist – das Dorf von dessen Kindheit. Filipenkos Krasnyj krest verbindet ebenfalls das Jahr 1941 mit einer Begegnung in der Gegenwart: Eine alte, an Gedächtnisverlust leidende Frau in Minsk schildert ihrem neuen Nachbarn, dem Ich-Erzähler, ihre Geschichte als Übersetzerin von Kriegsgefangenen-Listen in Stalins Außenministerium. Maljarčuks Zabuttja bezieht sich auf die Entdeckung einer nationalgeschichtlichen Figur durch die Ich-Erzählerin: Während einer Depression wird sie auf den polenstämmigen ukrainischen Politiker und Historiker V′jačeslav Lypyns′kyj/Wacław Lipiński (1882–1931) aufmerksam und beginnt anhand von Archivdokumenten dessen Engagement für die ukrainische Sache zu rekonstruieren und imaginieren – und sie so der „Vergessenheit“ (zabuttja) entziehen.
In dem Seminar wollen wir über die Erinnerungsfunktion von Literatur nachdenken, künstlerische Verfahren der Verschränkung von Geschichte und Intimität analysieren und uns auch in den dargestellten historischen Situationen genauer orientieren. Schließlich werden wir uns auch fragen, inwiefern der russische Krieg gegen die Ukraine unsere Wahrnehmung dieser Romane aus den Jahren 2016, 2017 und 2021 beeinflusst.
Scans der Originale und der Übersetzungen werden auf VC zur Verfügung gestellt. Allen, die die Möglichkeit haben die Übersetzungen anzuschaffen, wird dies empfohlen; sie sind im Buchhandel gut greifbar.
- Moderator/in: Eugeniya Ershova
- Moderator/in: Christian Zehnder
Semester: 2024 Sommersemester
Dichtung als besondere Form der Erkenntnis und Erfahrung jenseits ihres rein ästhetischen, fiktionalen oder rhetorischen Wertes war schon lange im Fokus sowohl klassischer als auch moderner und avantgardistischer Literatur. So nutzte etwa der römische Naturphilosoph Lukrez in De Rerum Natura (Über die Natur der Dinge) zur Vermittlung seiner atomistischen Lehre die poetische Form; noch im modernen Zeitalter beriefen sich romantische und symbolistische Dichter auf den Stellenwert der Dichtung zur naturphilosophischen Erkenntnisgewinnung und avantgardistische Dichter Anfang des 20. Jahrhunderts versuchten, mittels Störung und Brechung poetischer Form die veränderte Wahrnehmung der modernen Welt widerzuspiegeln.
In diesem Seminar werden wir unkonventionelle dichterische Praxen in slavischer (insbesondere russischsprachiger) Dichtung des 20. Jahrhunderts erkunden, die die poetische Form bis zum Paralogischen und Absurden getrieben haben, um deren Erkenntniswert weiter zu stimulieren und die Möglichkeiten des poetischen Mediums zu untersuchen: insbesondere die Dichtung Velimir Chlebnikovs, Aleksandr Vvedenskijs, Arkadij Dragomoshchenkos und Dmitrij Prigovs. Vergleichbare dichterische Experimente aus dem englischsprachigen Raum (Ezra Pound, Charles Olson, Lyn Hejinian) sollen ebenfalls berücksichtigt werden.
Wir wollen Antworten auf folgende Fragen suchen: Kann Dichtung überhaupt ‚Erkenntnis‘ von etwas sein, das durch logische und kommunikative (etwa narrative oder rhetorische) Mittel der Sprache sonst nicht erfasst werden kann? Was für eine Erkenntnis kann der bewusst paralogische Umgang mit dichterischer Form vermitteln? Und schließlich: Wie hängen diese paradoxalen Denk- und Erkenntnisformen von den historischen Gegebenheiten ab?
Von allen Texten liegen deutsche und/oder englische Übersetzungen vor. Das Seminar ist besonders auch für Studierende geeignet, die sich für englischsprachige Lyrik interessieren.
In diesem Seminar werden wir unkonventionelle dichterische Praxen in slavischer (insbesondere russischsprachiger) Dichtung des 20. Jahrhunderts erkunden, die die poetische Form bis zum Paralogischen und Absurden getrieben haben, um deren Erkenntniswert weiter zu stimulieren und die Möglichkeiten des poetischen Mediums zu untersuchen: insbesondere die Dichtung Velimir Chlebnikovs, Aleksandr Vvedenskijs, Arkadij Dragomoshchenkos und Dmitrij Prigovs. Vergleichbare dichterische Experimente aus dem englischsprachigen Raum (Ezra Pound, Charles Olson, Lyn Hejinian) sollen ebenfalls berücksichtigt werden.
Wir wollen Antworten auf folgende Fragen suchen: Kann Dichtung überhaupt ‚Erkenntnis‘ von etwas sein, das durch logische und kommunikative (etwa narrative oder rhetorische) Mittel der Sprache sonst nicht erfasst werden kann? Was für eine Erkenntnis kann der bewusst paralogische Umgang mit dichterischer Form vermitteln? Und schließlich: Wie hängen diese paradoxalen Denk- und Erkenntnisformen von den historischen Gegebenheiten ab?
Von allen Texten liegen deutsche und/oder englische Übersetzungen vor. Das Seminar ist besonders auch für Studierende geeignet, die sich für englischsprachige Lyrik interessieren.
- Moderator/in: Eugeniya Ershova
- Moderator/in: Simone Guidetti
Semester: 2024 Sommersemester
Dieses Seminar bildet die Fortsetzung der Einführung in die slavische Literaturwissenschaft (Wintersemester 2023/24), kann aber auch unabhängig von dieser im Studium Generale des BA besucht werden. Nachdem wir uns technische und theoretische Grundlagen erarbeitet haben, wollen wir uns in diesem Semester einen Überblick über die Geschichte der slavischen Literaturen verschaffen – ihrer Epochen, Stile, Poetiken. Wir orientieren und dabei an einem Klassiker der Slavistik, Dmytro Čyževs′kyjs (Dmitrij Tschižewskijs) Vergleichende Geschichte der slavischen Literaturen (1968), der derzeit in unserem Fach wiederentdeckt wird als Beispiel einer pluralen slavistischen Komparatistik.
Bestimmte Kapitel aus der Vergleichenden Geschichte der slavischen Literaturen werden wir gemeinsam besprechen, ausgewählte Kapitel werden die Studierenden in Kurzreferaten präsentieren. Zugleich ergänzen wir den gattungsorientierten Zugang Čyževs′kyjs um kulturgeschichtliche und gesellschaftliche Aspekte und skizzieren eine Fortsetzung seiner bei der Moderne abbrechenden Darstellung.
Čyževs′kyjs Vergleichende Geschichte der slavischen Literaturen in zwei schmalen Bänden ist im Bamberger Bibliothekskatalog frei downloadbar. Auszüge aus Primärtexten werden im Original und in Übersetzung auf VC zur Verfügung gestellt. Der Seminarappart in der TB4 aus dem Wintersemester 2023/24 besteht weiter.
Bestimmte Kapitel aus der Vergleichenden Geschichte der slavischen Literaturen werden wir gemeinsam besprechen, ausgewählte Kapitel werden die Studierenden in Kurzreferaten präsentieren. Zugleich ergänzen wir den gattungsorientierten Zugang Čyževs′kyjs um kulturgeschichtliche und gesellschaftliche Aspekte und skizzieren eine Fortsetzung seiner bei der Moderne abbrechenden Darstellung.
Čyževs′kyjs Vergleichende Geschichte der slavischen Literaturen in zwei schmalen Bänden ist im Bamberger Bibliothekskatalog frei downloadbar. Auszüge aus Primärtexten werden im Original und in Übersetzung auf VC zur Verfügung gestellt. Der Seminarappart in der TB4 aus dem Wintersemester 2023/24 besteht weiter.
- Moderator/in: Eugeniya Ershova
- Moderator/in: Christian Zehnder
Semester: 2024 Sommersemester
Jüdisch-russische Literatur vom Russischen Reich bis in die Sowjetunion
- Moderator/in: Nicolas Dreyer
- Moderator/in: Eugeniya Ershova
Semester: 2024 Sommersemester
Die Frage nach der ‚Imperialität‘ der russischen Literatur wird seit der russischen Invasion der Ukraine auch in den Medien breit diskutiert. In diesem Seminar wollen wir im Sinne eines Orientierungsversuchs einen präzisen Aspekt der Problematik in den Blick nehmen: die Stellung der Dichterfigur und der Institution Dichtung im imperialen Kontext des Zarenreichs vom 18. Jahrhundert bis zur Oktoberrevolution 1917. Zudem werden wir Folgeerscheinungen in der Sowjetzeit sowie nach 1991 bis heute betrachten.
Es wird uns darum gehen, einerseits den Wandel des höfischen hin zu einem romantischen und postromantischen Dichtungsmodell im ‚vertikalen‘ Verhältnis zur Monarchie, andererseits ‚horizontale‘ Positionierungen russischer Dichter gegenüber anderen nationalen Poesien und deren Selbstverortungen innerhalb des Imperiums zu analysieren. Hierzu wollen wir lesen: Oden des 18. Jahrhunderts (vor allem Michail Lomonosov, Aleksandr Sumarokov und Gavriil Deržavin), Lyrik und diskursive Texte der Romantik (u.a. Vasilij Žukovskij, Aleksandr Puškin, Petr Vjazemskij, Fedor Tjutčev sowie Adam Mickiewicz und Taras Ševčenko), der Moderne (u.a. Aleksandr Blok und Marina Cvetaeva), der Sowjetzeit (u.a. Vladimir Majakovskij, Konstantin Simonov, Joseph Brodsky und Vasyl′ Stus) sowie der Zeit nach 1991 (Dmitrij Strocev, Marija Stepanova und neueste ukrainische Lyrik). Die Studierenden sind eingeladen, auch eigene Vorschläge einzubringen.
Die Veranstaltung bietet einen ‚verflochtenen‘ Zugang zur neueren Geschichte der Poesie im zaristischen Russland und wirft Schlaglichter auf die Poesie in der Sowjetunion und markante Stimmen nach 1991 bis heute. Dabei wollen wir unsere Diskussionen jeweils aus der Formensprache der Gedichte entwickeln.
Kenntnisse der Russischen, Ukrainischen und Polnischen sind erwünscht, aber nicht Teilnahmebedingung. Alle Texte liegen – zumindest in Auszügen – in deutschen Übersetzungen vor.
Es wird uns darum gehen, einerseits den Wandel des höfischen hin zu einem romantischen und postromantischen Dichtungsmodell im ‚vertikalen‘ Verhältnis zur Monarchie, andererseits ‚horizontale‘ Positionierungen russischer Dichter gegenüber anderen nationalen Poesien und deren Selbstverortungen innerhalb des Imperiums zu analysieren. Hierzu wollen wir lesen: Oden des 18. Jahrhunderts (vor allem Michail Lomonosov, Aleksandr Sumarokov und Gavriil Deržavin), Lyrik und diskursive Texte der Romantik (u.a. Vasilij Žukovskij, Aleksandr Puškin, Petr Vjazemskij, Fedor Tjutčev sowie Adam Mickiewicz und Taras Ševčenko), der Moderne (u.a. Aleksandr Blok und Marina Cvetaeva), der Sowjetzeit (u.a. Vladimir Majakovskij, Konstantin Simonov, Joseph Brodsky und Vasyl′ Stus) sowie der Zeit nach 1991 (Dmitrij Strocev, Marija Stepanova und neueste ukrainische Lyrik). Die Studierenden sind eingeladen, auch eigene Vorschläge einzubringen.
Die Veranstaltung bietet einen ‚verflochtenen‘ Zugang zur neueren Geschichte der Poesie im zaristischen Russland und wirft Schlaglichter auf die Poesie in der Sowjetunion und markante Stimmen nach 1991 bis heute. Dabei wollen wir unsere Diskussionen jeweils aus der Formensprache der Gedichte entwickeln.
Kenntnisse der Russischen, Ukrainischen und Polnischen sind erwünscht, aber nicht Teilnahmebedingung. Alle Texte liegen – zumindest in Auszügen – in deutschen Übersetzungen vor.
- Moderator/in: Eugeniya Ershova
- Moderator/in: Christian Zehnder
Semester: 2024 Sommersemester