1. Wahrnehmungs- und Deutungsgeschichte des nackten männlichen Körpers von der Antike bis zur Renaissance.

1.2. Mittelalter

Christus als Schmerzensmann (um 1435) von Meister FranckDie Nacktheit im Mittelalter wurde entweder mit der Sündhaftigkeit oder mit dem Martyrium gleichgesetzt. Die Deutung der Blöße als Sündhaftigkeit wurde von der Bibelgeschichte über Adam und Eva geprägt. Nachdem Adam und Eva die verbotene Frucht ausgekostet hatten, haben sie ihre Nacktheit erkannt - Nacktheit symbolisiert deshalb die Erbsünde.

Laut anderer theologischen Perspektiven war der nackte Körper dem leidenden Christus sowie den Märtyrern vorbehalten. Der nackte Körper war der Ausdruck des Schmerzes und religiöser Frömmigkeit. Der leidende Körper Chrisi zeigt die Menschlichkeit des Sohn Gottes und dass Gott seinen Sohn wie einen Menschen leiden ließ.Unter den Märtyrern wurde vor allem der heilige Sebastian als nackter Jüngling, der an einem Baum gefesselt und mit Pfeilen durchbohrt ist,dargestellt.

Christus als Schmerzensmann (um 1435) von Meister Franck

 


Weiterführende Literatur:

1. Bennewitz, Ingrid: Genderdiskurse und Körperbilder im Mittelalter. Eine Bilanzierung nach Butler und Laqueur. Münster 2002.

2. Karras, Ruth Mazo: Sexualität im Mittelalter. Düsseldorf 2006.

3. Rahner, Johanna: Ein nackter Gott. Theologische Perspektiven zur Nacktheit im Mittelalter. In:Und sie erkannten, dass sie nackt waren. Nacktheit im Mittelalter: Ergebnisse einer interdisziplinären Tagung des Zentrums für Mittelalterstudien der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Hg. v. Stefan Biessenecker. Bamberg 2008, S. 173-185.

4. Sprague, Maurice: Erinnerungen an das Paradies, die Versuchung und den Sündenfall. In:Und sie erkannten, dass sie nackt waren. Nacktheit im Mittelalter ; Ergebnisse einer interdisziplinären Tagung des Zentrums für Mittelalterstudien der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Hg. v. Stefan Biessenecker. Bamberg 2008, S.67-89.