Theodor Fontane: Effi Briest (1894)

Ein wichtiges Werk Fontanes, das wird uns im Folgenden genauer ansehen wollen, ist sein Gesellschaftsroman Effi Briest

Eine witzige, kurze, aber trotzdem recht präzise Zusammenfassung des Romaninhalts finden Sie in diesem Youtube-Video von „Sommers Weltliteratur to go“:

Selbstverständlich kann Ihnen das Video nicht die Lektüre des Romans ersetzen, fasst die Handlung aber ganz gut zusammen.

Besonders spannend ist der Kommentar zum Youtube-Video von Martin Jansen, der schreibt: „Fassen wir zusammen: In dem Roman geht es um eine Frau, die sich langweilt. Fontane gelingt es, die Langeweile realistisch darzustellen.“ In Hinblick auf unser Kursthema ist dies eine wunderbare Zusammenfassung – nicht nur von Effi Briest, sondern mehrerer Werke des Poetischen Realismus!

Im Youtube-Video wurde bereits der spukende Chinese angesprochen. Mit diesem wollen wir uns in Hinblick auf realistische Erzählverfahren im Poetischen Realismus im Folgenden näher beschäftigen.

Bitte lesen Sie folgenden Textausschnitt, das 9. und 10. Kapitel des Romans Effi Briest [aus urheberrechtlichen Gründen können wir Ihnen Scans nur im geschlossenen Kurs zur Verfügung stellen].

Um gleich zu Beginn wieder das beliebte Argument zu entkräften: Fantastik und Realismus, wie passt das denn zusammen? Bitte erinnern Sie sich an die Abgrenzung zwischen Realismus und Realistik, die wir in der Einführungslektion zu diesem Kurs hervorgehoben haben. Selbstverständlich kann etwas Übernatürliches realistisch sein – es muss dann nur besonders realistisch erzählt werden.

Sehen Sie sich folgendes Zitat aus dem Textabschnitt, den Sie eben gelesen haben, genauer an:

Ich schlief ganz fest, und mit einem Male fuhr ich auf und schrie ... vielleicht, daß es ein Alpdruck war ... Alpdruck ist in unserer Familie, mein Papa hat es auch und ängstigt uns damit, und nur die Mama sagt immer, er solle sich nicht so gehenlassen; aber das ist leicht gesagt ... Ich fuhr also auf aus dem Schlaf und schrie, und als ich mich umsah, so gut es eben ging in dem Dunkel, da strich was an meinem Bett vorbei, gerade da, wo Sie jetzt stehen, Johanna, und dann war es weg. (Zitiert nach Fontane, Theodor: Effi Briest [1894]. In: Ders.: Romane. Irrungen Wirrungen, Frau Jenny Treibel, Effi Briest, Der Stechlin. Stuttgart 1975)

Selbstverständlich wird hier von etwas Übernatürlichem erzählt, unrealistisch ist es aber keinesfalls. Es bleibt auch fragwürdig, ob überhaupt etwas Übernatürliches stattgefunden hat, oder ob Effi einfach nur schlecht geträumt hat. Insgesamt gibt es viel direkte Rede im Roman, auch hier erzählt Effi selbst von ihrem Erleben.