1. Kunst- und kulturgeschichtliche Hintergrundinformationen zu dem Objekt
Der Siegelstempel aus Bronze misst 7,9 im Durchmesser und kann auf das 2./3. Viertel des 13. Jahrhunderts datiert werden. Die Inschrift lautet „ S . CIVIUM . CIVITATIS . BABENBERGENSIS . L“
Die Abgebildete Figur ist stark schematisiert. Die Rüstung an Armen und Beiden wird zwar überaus minimalistisch mit Hilfe von unverbundenen Strichen dargestellt, dennoch büßt die Darstellung dadurch nichts an Eindeutigkeit ein. Im Gegenteil. Sie legt offen wie hoch die assoziative Nähe zum Mann in Rüstung ist.
Gesicht und Körper bestechen durch einen plastischen 3D-Effekt der im Positiv des Wachsabdrucks noch deutlicher heraustreten würde. Ausgestattet ist die Figur mit Helm, Lanze mit Banner, Schild und Rüstung. Diese 4 Kennzeichen teilen sich auf in zwei Gruppen: die erste mit Helm und Rüstung steht für den Ritter und die zweite mit Schild und Banner steht für den Heiligen Georg. Bereits hier wird die Fusion zweier Männlichkeitskonzepte angelegt.
3. Der Heilige Georg
Das Leben des Heiligen Georg
Geboren in Kappadokien als Sohn einer Adelsfamilie zieht der Heilige Georg als Soldat nach Lydda. Bevor er als Märtyrer im Kampf gegen die Christenverfolgung getötet wird, spricht ihm die Legenda Aurea* zu, ein Drachentöter zu sein. Um eine Königstochter zu befreien, die vom Drachen als Menschenopfer gefordert wurde, tötet Gregorius die Kreatur und befreit damit das Land von seiner Knechtschaft. Mit der anschließenden Taufe schlägt die Legende den Bogen zum christlichen Glauben. Ein der Zeit typische und damit irdische Belohnung – die Hand der Königstochter – lehnt der Heilige ab.
Die säkulare und klerikale Bedeutung
Der Hl. Georg zählt zu den 14 Nothelfern der katholischen Kirche und ist zudem beliebter Schutzpatron vieler Städte, darunter auch Bamberg. Hier finden sich einige Beispiel in der Heraldik deutscher Städte. Seine Kennzeichen sind unter anderem das Georgskreuz: ein rotes Kreuz auf weißem Grund. Ein solches Kreuz findet sich auf dem Banner und dem Brustpanzer des Bamberger Siegelstempels (Bild1). Darüber hinaus wird er oft mit einer Lanze, einem Drachen oder zu Pferde dargestellt. Auch hier findet sich eine Überschneidung zum Siegelstempel, da das Schild des Ritters den georgtypischen Drachen ziert (Bild2).
Der Drachenmord an sich gilt als Motiv für den Sturz eines alten Regimes und einer, durch den Ritter initiierten, neu entstehenden Ordnung. In dieser Legende vollzieht sich also ein Wechsel vom Heidentum, das durch den Drachen dämonisch besetzt ist, hin zum christlichen Glauben.
Der Hl. Georg und die Männlichkeiten
Deutlich wird, dass sich in der Figur des Hl. Georg – wie auch im Siegelstempel selbst – mehrere Formen von Männlichkeit wiederfinden. Dem kriegerischen Soldaten, der den Drachen erschlägt, steht ein Märtyrer gegenüber, der die Hand einer Frau als Belohnung ausschlägt. Die verschieden Männlichkeitskonzeptionen sind innerhalb der Legende eng miteinander verwebt und erwirken eine Vielschichtigkeit, die nichts mehr mit der dem Mittelalter oft vorgehaltenen Eindimensionalität zu tun hat.
In der Figur des Heiligen Georg verweben sich Krieger, Märtyrer, Drachentöter und Heiliger scheinbar ohne Widersprüche miteinander, wenngleich er nur als Verteidiger der Christen verehrt wird.
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