3. Interpretation des Objektes
Interpretation der dargestellten mittelalterlichen Maskulinität
3.1 Das Gesicht eines Mannes
Was macht diesen Mann aus Stein zu einem Bild des mittelalterlichen Mannes? Eine
physische Definierung des Mannes wird meist über den Körper vollzogen. Groß, stattlich,
kräftig. Doch dies muss hier entfallen, da nur der Kopf überliefert ist. Doch nur das Gesicht
allein wirkt bereits maskulin.
Die Künstler des Mittelalters zeigten, wenn auch in idealisierter Form, in ihren Werken das,
was für sie real war. Für sie musste ein Mann bärtig sein, ausdrucksstarke Augen und ein
symmetrisches Gesicht haben.
Der Bart unterscheidet seit jeher den Knaben vom Mann. Die
Attribute Helm und Kettenhemd sind ebenfalls Ausdruck von
Männlichkeit. Sie stehen für Wehrhaftigkeit, Stärke, Mut.
Zudem weisen sie den Träger als einen dem Ritterstand
zugehörigen Mann aus. Der Ritter war im Mittelalter nicht
nur ein Kämpfer, sondern auch ein Ideal. Somit zeigt diese
Skulptur das Bild eines idealen Mannes dieser Epoche.
Er wirkt kampfbereit und heroisch. Im ersten Moment wirkt sein Blick kühn und ernst.
Beim genaueren Hinsehen erkennt man aber auch ein leichtes Lächeln und freundliche Augen.
Man darf allerdings auch nicht vergessen, dass es Krieger gab, die gegen das Gesetz
handelten – die Raubritter. Warum stellt diese Skulptur keinen Mann dieser Kategorie dar?
Es kommt dem Betrachter gar nicht in den Sinn. Wieso? Kapitel 3.3 gibt dazu Aufschluss.
Auch wenn man nicht weiß, wer er ist - er hat die Ausstrahlung eines Kämpfers für das Gute,
eines Wächters und Beschützers. Diese Eigenschaften zählen zu den Idealen der höfischen
Kultur. Ritter sollten auch Witwen und Waisen beschützen. Damit scheint dieses Gesicht
einem hervorragenden und edlen Ritter des Mittelalters gehört zu haben.