5. Eine dritte Seite - der adelige Gelehrte

5.1. Der hl. Servatius als adeliger Gelehrter

Wie bereits erläutert, ist Servatius ein Verbreiter seines Glaubens und schafft es sogar für kurze Dauer durch ein Gespräch, den Hunnenanführer Attila zu bekehren.

Seine adelige Herkunft ist in diesem Falle nicht auf eine royale Abstammung herzuführen, sondern wird gleich zu Beginn der Legende klar dargelegt durch seine Verwandtschaft mit der Heiligen Familie.

was he neve unses liven heren            er war der Vetter unseres lieben Herren

alse uns di buc leren                 so wie das Buch es uns lehrt

ende siner muder sente Marien.           und von seiner Mutter , der heiligen Maria.

(V.253-255) 

Durch Gottes Gnade ist es ihm bereits bei seiner Ernennung zum Bischof möglich, trotz der großen Sprachunterschiede aufgrund seiner armenischen Herkunft in Tongern eine Predigt zu halten, die in jeder Sprache verstanden wird. Heinrich von Veldeke lässt hier erneut das Pfingstwunder passieren und erlaubt es dem Protagonisten Servatius als Gelehrter jedem Menschen den Glauben näherzubringen.

Wanne der mensche ware        Gleichwohl woher die Menschen waren

ofte welker hande tungen,          oder welche Sprache ihre Zunge war

beide alde ende unge,                                    Jung und alt

dutsch, welsch ofte latin,           Deutsch, Französisch, Latein

si vernamen alle di rede sin.     sie alle verstanden seine Rede.

(V.671-675)

 

Weiterführende Literatur:

Heinrich von Veldecke: Die epischen Werke des Henric van veldeken. Sente Servas Sanctus Servatius.Hrgs. Theodor Frings und Gabriele Schieb. Halle (Saale) 1956.

Heinrich; Vivian, Kim; Jongen, L.; Lawson, Richard H.: The life of Saint Servatius. A dual-language edition of the Middle Dutch Legend of Saint Servatius by Heinrich von Veldeke and the anonymous Upper German Life of Saint Servatius. Lewiston, N.Y. 2006.