Im Oberseminar zur slavischen Literatur- und Kunstwissenschaft werden laufende Abschlussarbeiten (Konzepte, Kapitelentwürfe etc.) besprochen. Außerdem werden – abgestimmt auf die Interessen und Bedürfnisse der Teilnehmenden – klassische und neue Texte aus dem Bereich der slavischen (und allgemeinen) Literaturwissenschaft gemeinsam gelesen. Zu ausgewählten Themen sind Gastvorträge vorgesehen, die sich an ein weiteres interessiertes Publikum richten.

Kapitelentwürfe sind ca. eine Woche vor dem jeweiligen Besprechungstermin an alle Teilnehmenden zu verschicken. Kontakt: simone.guidetti@uni-bamberg.de

Semester: 2024/25 Wintersemester
Das Tutorium unterstützt die Vergewisserung bzw. Vertiefung des erarbeiteten Stoffes. Es dient außerdem der Klausurvorbereitung im Seminar "Einführung in die slavische Literaturwissenschaft".
Semester: 2024/25 Wintersemester

Andrzej Wajda (1926–2016) hat mit seinem filmischen Oeuvre wie kaum ein anderer die nationale Vorstellungswelt, das geschichtliche und mythologische ‚Imaginarium‘ Polens geprägt – vor allem in Adaptionen zeitgenössischer und klassischer Werke der polnischen Literatur wie dem schwarzweißen Kultfilm Popiół i diament (Asche und Diamant, 1958) und opulenten Farbfilmen wie Wesele (Die Hochzeit, 1973) oder Ziemia obiecana (Das gelobte Land, 1975). Wajdas Filme sind immer auch Zeugnisse der Filmkunst ihrer Zeit. So legte er mit Człowiek z marmuru (Der Mann aus Marmor, 1977) und Człowiek z żelaza (Der Mann aus Eisen, 1981) nicht nur eine Art Chronik Nachkriegspolens vom Stalinismus bis zur Entstehung der Solidarność vor, er setzte hier auch eine dokumentarische Reportageästhetik ein, in der sich kunstvoll Hoch- und Populärkultur verschränken. Wajdas Werk darf nicht auf Visionen der polnischen Geschichte reduziert werden: Filme wie Danton (1983) nach einem polnischen Theaterstück und Les possédés (Die Besessenen, 1988) nach Fëdor Dostoevskijs Dämonen zeigen Wajda als Regisseur, der sich den Themen von Revolution und (Staats-)Terrorismus mit einer ostmitteleuropäischen Sensibilität nähert, aber das Partikular-Nationale immer auch überschreitet. In diesem Seminar wollen wir rund zehn Filme Wajdas formal analysieren und in ihren geschichtlich-politisch-medialen Bezügen und Kontexten beleuchten, wobei Katyń (2007) und Powidoki (Afterimage, 2016) den Abschluss bilden werden. Mit diesen Filmen kehrte Wajda in seinem Spätwerk zur Katastrophe des Zweiten Weltkriegs und zum Stalinismus zurück. Die Filme werden intern zur Verfügung gestellt und jeweils zur Sitzung individuell zu Hause visioniert.

Semester: 2024/25 Wintersemester
Dieses Seminar bietet eine Einführung in südslavische Literaturen seit der Renaissance bis zur Moderne mit dem Schwerpunkt BKMS-Sprachraum (Bosnisch, Kroatisch, Montenegrinisch, Serbisch). Anhand der Analyse ausgewählter Texte will das Seminar einen literaturgeschichtlichen Überblick über BKMS-Literaturen vermitteln. Dabei wird der Fokus auf das Spannungsverhältnis komplexer historischer und kultureller Kontexte der Region gelegt. Untersucht werden soll insbesondere der literarische Umgang mit Vergangenheit und Gegenwart, Zentrum und Peripherie, Eigenem und Fremdem. Ziel des Seminars ist es, einen Überblick über südslavische Literaturen zu gewinnen und ein vertieftes Verständnis für die besonderen Ausdrucksformen der Region zu entwickeln.

Alle Texte werden sowohl in Original als auch in deutscher oder englischer Übersetzung bereitgestellt. Das Seminar findet auf Deutsch statt.
Semester: 2024/25 Wintersemester
Anton Čechov (1860–1904) begann seine schriftstellerische Laufbahn als Autor humoristischer Kurztexte für Zeitschriften. Doch schon zu Lebzeiten erlangte er im spätzaristischen Russland Ruhm als postrealistischer Erzähler und Dramatiker ersten Ranges. In diesem Seminar wollen wir einen Rundgang durch sein Werk von der frühen witzigen Prosa wie „Smert′ činovnika“ (Tod eines Beamten, 1883) über Meistererzählungen wie „Dama s sobačkoj“ (Die Dame mit dem Hündchen, 1899) bis zu den großen Theaterstücken, darunter Čajka (Die Möwe, 1896), machen. Wir werden Čechov auch als Zeitgenossen kennenlernen: Während nach Čechov der Schriftsteller „nicht Richter seiner Figuren sein sollte […], sondern nur unbeteiligter Zeuge“ (Brief an A. Suvorin, 1888), nahm er als Intellektueller und zumal als praktizierender Arzt eine durchaus engagierte Haltung ein. Diesen Aspekt werden wir anhand von Auszügen aus den Aufzeichnungen Ostrov Sachalin (Die Insel Sachalin, 1895) diskutieren. Čechov gilt einerseits als Meister der Lakonie, andererseits ist er immer wieder als Pionier eines literarischen ‚Impressionismus‘ sowie als Vorläufer des postdramatischen Theaters gesehen worden. Es entbehrt nicht der Ironie, dass Čechovs Schreiben, von der Literaturkritik seiner Zeit für seine vermeintliche Pointenlosigkeit getadelt, heute in der Industrie des Creative Writing als Vorbild für Storytelling herangezogen wird – man denke an George Saunders’ A Swim in a Pond in the Rain: In Which Four Russians Give a Master Class on Writing, Reading, and Life (2021; dt. 2022). Ob wir von Čechov sogar „leben lernen“ können, wie Saunders suggeriert, sei dahingestellt. In diesem Seminar wollen zunächst den beiden künstlerischen Grundtendenzen Čechovs – der Pointiertheit der Darstellung ebenso wie dem ‚Verfließen‘ der Handlung – in ihren Wechselwirkungen nachgehen.
Die Primärtexte werden im russischen Original und in Übersetzungen auf VC zur Verfügung gestellt. In Übersetzung sind zur Anschaffung die zahlreichen Čechov-Bände bei den Verlagen Diogenes / Reclam / Winkler empfohlen.
Semester: 2024/25 Wintersemester
Anhand zentraler Arbeiten des russischen Formalismus erarbeiten wir uns zunächst einen Zugang zur theoretischen Auseinandersetzung mit Literatur. Am Beispiel klassischer literarischer Texte aus slavischen Literaturen üben wir sodann Erzählanalyse/Narratologie, die Analyse und Interpretation von Poesie (und ihrer metrischen Systeme) sowie Dramenanalyse ein. Wir setzen uns zugleich mit literaturtheoretischen Grundkonzepten wie Autorschaft und Intertextualität auseinander.
In schriftlichen Aufgaben trainieren wir wissenschaftliches Arbeiten vom Transliterieren, Bibliografieren, Zitieren, Referieren bis zur Durchführung von Analyse und Interpretation. So setzen wir im Laufe des Semesters kurze Modelle für zukünftige Hausarbeiten zusammen. In einer Reihe von thematischen und methodologischen Ausblicken wollen wir zudem die formalistischen Analysegrundlagen mit neueren Tendenzen der Literatur- und Kulturwissenschaften konfrontieren – darunter auch mit jüngsten Debatten in der/über die Slavistik vor dem Hintergrund des Krieges. Die Texte werden im Original und in Übersetzungen auf VC zur Verfügung gestellt.

Die Fortsetzung des Kurses, „Überblick über literarische Epochen“, wird im Sommersemester 2025 angeboten.
Semester: 2024/25 Wintersemester
‚Literatur des Absurden‘ ist eine Sammelbezeichnung, die man vor allem mit dem Theater der 1950er und 1960er Jahre assoziiert – mit Samuel Beckett, Eugène Ionesco, Tadeusz Różewicz, Václav Havel, Friedrich Dürrenmatt, Wolfgang Hildesheimer, Harold Pinter, Adrienne Kennedy und anderen. Sie umfasst auch frühere literaturgeschichtliche Phänomene wie die englische Nonsense-Dichtung, Texte von Nikolaj Gogol′, Fedor Dostoevskij und teilweise von Anton Čechov, das Werk Franz Kafkas, den Dadaismus und das Schreiben der unter dem Namen Obėriu bekannten russischen Dichter der 1920er und 1930er Jahre (u.a. Daniil Charms und Aleksandr Vvedenskij). In seiner Studie The Theatre of the Absurd etablierte Martin Esslin 1961 eine ebenso wirkungsmächtige wie selektive Interpretation des Absurden, die stark von der Diagnose einer schicksalhaften „Scheidung [divorce] zwischen dem Menschen und seinem Leben“ aus Albert Camus’ Le mythe de Sisyphe (Der Mythos von Sisyphos, 1942) geprägt war. Erst später wurde das Spektrum weiter geöffnet für Fragen der poetischen Form, des Sprachspielerischen, des Tragikomischen, non-kausaler Denkstile, einer paradoxalen Religiosität usw. Im Zentrum des Forschungsinteresses am Absurden steht damit nicht mehr so sehr ein eindimensionaler Sinn-Verlust, als die „Kollision von Wort-Sinnen“ (stolknovenie slovesnych smyslov (Obėriu). Dieses Seminar bietet eine vergleichende Einführung in die europäischen Literaturen des Absurden mit einem Schwerpunkt auf russischer/sowjetischer und mitteleuropäischen Literaturen (Polen, Tschechoslowakei).
Teil des Seminarprogramms ist der Workshop „Avant-Garde Poetics and the End of Reason“ zur Dichtung und der Dichtungskonzeption von Obėriu mit dem US-amerikanischen Dichter, Übersetzer und Literaturwissenschaftler Eugene Ostashevsky (New York University) am 3./4. Dezember 2024. Eine Teilnahme am Workshop ist auch unabhängig vom Seminar möglich.
Anmeldung für den Workshop: christian.zehnder@uni-bamberg.de
Die Primärtexte werden im Original und in Übersetzungen auf VC zur Verfügung gestellt.
Semester: 2024/25 Wintersemester