Im Rahmen des Oberseminars sollen in der Entstehung befindliche wissenschaftliche Studien- und Abschlussarbeiten gemeinsam diskutiert und besprochen werden. Es können sowohl Bachelor- und Masterstudierende als auch Doktorand:innen und Postdoktorand:innen der Slavischen Kunst- und Kulturwissenschaft ihre aktuellen Arbeiten vorstellen. Darüber hinaus bietet das Seminar einen Rahmen für die Auseinandersetzung mit methodologischen Fragen kunst- und kulturwissenschaftlichen Arbeitens sowie für die Diskussion von aktuellen slavistischen Forschungsthemen. Auch fortgeschrittene Studierende können bei Interesse und nach einem Vorgespräch an dem Oberseminar teilnehmen. Zu ausgewählten Themen sind Gastvorträge vorgesehen.

Eine persönliche Anmeldung per Mail an mailto:jeanette.fabian@uni-bamberg.de ist erwünscht.

Semester: 2024 Sommersemester
Vor gut 30 Jahren fand eine der ersten großen und bedeutenden Kunstausstellungen zur osteuropäischen Avantgarde statt. Die Ausstellung, die u.a. in der Schirn-Kunsthalle in Frankfurt/M. stattfand, trug den Titel Die große Utopie. Die russische Avantgarde 1915-1932 und es wurden annähernd 700 bildkünstlerische und skulpturale Werke gezeigt, u.a. von so bedeutenden Künstler:innen wie Oleksandr Archipenko, Oleksandra Ekster oder Kazimir Malevič. Tatsächlich handelt es sich bei diesen Künstler:innen jedoch nicht um russische, sondern um gebürtige und auch ihrem eigenen Verständnis nach um ukrainische Künstler:innen. Die Ausstellung Die große Utopie folgt – so könnte man meinen – einer (sowjet)russischen Kunstgeschichtsschreibung, die bis heute weitverbreitet ist. Es stellen sich daher verschiedene Fragen: Was bedeutet die ‚Vereinnahmung‘ der ukrainischen Kunst durch die (sowjet-)russische Kunstgeschichtsschreibung und wie ist sie zu verstehen und zu bewerten? Welche spezifischen künstlerischen Ausdrucksformen gibt es in der ukrainischen Moderne und worin besteht ihre Originalität? In welcher besonderen Beziehung steht die ukrainische Moderne zur ost- wie zur westeuropäischen Moderne bzw. Avantgarde? Und schließlich: Muss man die Geschichte der modernen russischen und ukrainischen Kunst neu schreiben?

Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Seminars, in dem jedoch keine kunsthistorischen oder sprachlichen Kenntnisse von den Teilnehmer:innen vorausgesetzt werden (sie sind aber hilfreich!). In den ersten Seminarsitzungen sollen die historischen (z.B. die Geschichte der Ukraine im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts) und die theoretischen Grundlagen (z.B. die Begriffe der Modernität und Avantgarde) erarbeitet werden, um daran anschließend die spezifischen künstlerischen Ausdrucksformen der ukrainischen Moderne und Avantgarde zu behandeln, z.B. die verschiedenen Formen des ukrainischen Futurismus (Kubofuturismus, Querofuturismus, Panfuturismus), der proletarischen Kunst, des so genannten Bojčukismus oder des Konstruktivismus. Wir werden uns dabei auf die topographischen Zentren der ukrainischen Moderne (Kyiv, Charkiv und Odesa) konzentrieren und anhand ausgewählter Manifeste, Aufzeichnungen und Werke, z.B. von David Burljuk, Benedikt Livšic oder Oleksandr Bogomazov, die unterschiedlichen künstlerischen Standpunkte diskutieren. Eine besondere Bedeutung nimmt dabei Kazimir Malevič ein, der mit seinem Bild Schwarzes Quadrat auf weißem Grund bzw. seinem so genannten Suprematismus für die abstrakte bzw. ungegenständliche Kunst des 20. Jahrhunderts wegweisend war. Wir werden Malevičs bildkünstlerisches Werk ausführlich betrachten, z.B. seinen Bezug zur ukrainischen Volkskunst oder auch seine so genannte Kyiver Periode. Aber nicht nur Werke der Bildenden Kunst (Malerei, Graphik, Skulptur), sondern auch Werke der Literatur, z.B. von Michailʼ Semenko oder Geo Škurupij, dem Theater bzw. der Bühnenausstattung, z.B. von Oleksandra Ekster oder Vadim Meller, oder dem Film, z.B. von Dziga Vertov, sollen im Seminar behandelt werden.

Ein Seminarplan mit den genauen Themen und weiteren Literaturempfehlungen wird in der ersten Sitzung ausgegeben.
Semester: 2024 Sommersemester
In keiner anderen europäischen Stadt hat die moderne Architektur so viele Spuren hinterlassen wie in Prag. Im Mittelpunkt des Seminars stehen die verschiedenen Werke und architekturtheoretischen Positionen der modernen Architektur im Prag des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts. Wir werden uns zunächst mit den Formen der so genannten kubistischen Architektur anhand der Werke von z.B. Josef Chochol, Vlastislav Hofman oder Pavel Janák auseinandersetzen, die in den 1910er Jahren und Anfang der 1920er Jahre entstanden sind. Auf der Exkursion werden wir uns einige der kubistischen Bauwerke im Stadtteil Vyšehrad und in der Altstadt genauer ansehen und versuchen, die spezifischen Merkmale der kubistischen Architektur, die es nur in Prag gibt, herauszuarbeiten.

Die Formen der so genannten funktionalistischen Architektur in Prag sind sehr vielfältig. In der Architektensektion (ARDEV) der avantgardistischen Prager Künstlergruppe Devětsil entstehen verschiedene Varianten des Funktionalismus. Architekten wie Jaroslav Fragner, Evžen Linhart, Karel Honzík und Vít Obrtel schlossen sich bspw. in der Gruppe der „puristischen Vier“ zusammen und orientierten sich an Formen sogenannter puristischer Architektur und dem architektonischen Standpunkt von Le Corbusier. Eine andere, besondere Form des baukünstlerischen Funktionalismus wurde von dem Architekten Jaromír Krejcar entworfen und in einigen herausragenden Bauwerken wie z.B. der Villa Gibian oder dem multifunktionalen Stadthaus Olympic auch realisiert. Krejcars Architektur verbindet Kunst und Architektur und kann als eine Architektur für alle Sinne interpretiert werden, in der die so genannte poetistische Ästhetik eine entsprechende architektonische Übersetzung gefunden hat. Schließlich ist in der ARDEV noch eine Form des anti-künstlerischen wissenschaftlichen Funktionalismus vertreten, der insbesondere von dem Theoretiker Karel Teige propagiert und von dem Architekten Jan Gillar z.B. in Form der so genannten Französischen Schulen umgesetzt wurde.

Neben diesen ausgewählten Werken der kubistischen und funktionalistischen Architektur werden wir uns auch mit einigen ‚Inkunabeln‘ der modernen Architektur in Prag beschäftigen und auf der Exkursion näher betrachten, z.B. die von Adolf Loos entworfene Villa Müller, die Werkbundsiedlung baba, den Veletržní palác (Messepalast) oder die subtilen Eingriffe in die Architektur der Prager Burg durch den Architekten Josef Plečnik.

Ein ausführlicher Seminarplan mit den einzelnen Themen und weiteren Literaturempfehlungen wird in der ersten Sitzung verteilt. Ferner gibt es einen digitalen Handapparat, in dem einige Grundlagentexte und zu besprechende Bilder bzw. Werke eingescannt sind. Besondere Sprachkenntnisse sind für die Teilnahme am Seminar nicht erforderlich. Gäste aus anderen Studiengängen sind nach Anmeldung willkommen. Ein detaillierter Exkursionsplan soll – abhängig von den Interessen der Teilnehmer:innen – in den ersten Sitzungen gemeinsam erstellt werden.

Die Exkursion, die finanziell von der Fakultät unterstützt wird, findet (voraussichtlich) vom 03.06. bis 07.06.2024 statt und ist für alle Teilnehmer:innen des Seminars verpflichtend. Um eine verbindliche Anmeldung für die Exkursion wird bis zum 01.04.2024 gebeten.
Semester: 2024 Sommersemester
Die Einführung in die Slavische Kunst- und Kulturwissenschaft ist eine auf zwei Semester angelegte Veranstaltung (Basismodul I und Basismuodul II), in der zum einen (im Einführungsseminar des SoSe) die theoretischen und methodischen Grundlagen und zum anderen (in der Vorlesung im WiSe) die historischen Positionen der Slavischen Kunstepochen und Ausdrucksformen osteuropäischer Kulturen dargestellt und behandelt werden.

Im diessemestrigen Einführungsseminar werden zunächst Grundbegriffe und Grundfragen der Slavischen Kunst- und Kulturwissenschaft vorgestellt und erörtert, wie z.B. Fragen, was Kunst überhaupt ist, wie sich Kunstwerke von bloßen realen Dingen unterscheiden oder Fragen der Interpretation von Bildern und anderer nichtsprachlicher künstlerischer Systeme. Ferner sollen sowohl unterschiedliche Aspekte des Kulturbegriffs, z.B. die Beziehungen von Kultur vs. Natur, Kultur vs. Zivilisation oder die Funktionen von Kultur, als auch kulturwissenschaftliche Konzepte wie z.B. cultural studies, Interkulturalität oder Erinnerungskulturen diskutiert werden. Im Mittelpunkt der Kunst- und Kulturtheorien stehen Positionen der Semiotik, des Formalismus und des Strukturalismus, in denen künstlerische Werke und Kulturen primär als Zeichensysteme verstanden werden. Im Anschluss an die Reflexion der theoretischen Zusammenhänge sollen schließlich die erworbenen methodischen Kenntnisse anhand ausgewählter Beispiele aus der Architektur, Malerei, Graphik, Fotografie und dem Film im Seminar gemeinsam eingeübt werden.

Ein Seminarplan mit den genauen Themen und weiteren Literaturempfehlungen wird in der ersten Sitzung ausgegeben.
Semester: 2024 Sommersemester