2. Bacchus - wahnsinniger Gott

2.3. Iweins und dionysischer Wahnsinn: Parallele.

Hingabe der Natur und Verwilderung

Iwein gibt sich der Natur hin und wird zu einem Waldmenschen. Seine wilde Erscheinung steht im Kontrast zum Artushof und dessen Ordnung. Ähnlich  wird die dionysische Raserei mit Wildheit assoziiert. Nacktheit symbolisiert in diesem Zusammenhang Befreiung von der gesellschaftlichen Ordnung, die durch Kleidung gesetzt wird. Sowohl Iwein als auch Bacchus ziehen durch den Wald und präsentieren ungezwungen ihre von Gott gegebenen Körper.

V. 3356-3360

Wart er ie hovesch unde wîs,

Wart er ie edel unde rîch,

dem ist er nû vil ungelîch.

Er lief nû nacket beider,

Der sinne unt cleider

 

wenn er je höfisch und klug war,

wenn er je edel und reich war,

so war ihm das jetzt nicht mehr anzusehen.

Er war entblößt

von Verstand wie von Kleidern

 

Verstoß gegen Ordnung

V. 3234

"Er brach sîn site unt sîne zuht"  - "Er vergaß seine Gesittung und Erziehung"

Iwein verstößt gegen geordnete Hofgesellschaft und Artushof. Der Dionysos-Kult, der im Mittelpunkt Rausch und Raserei hat, verstößt auch gegen die Regeln der aristokratischen Gesellschaft.


Weiterführende Literatur:

1. Hartmann von Aue: Iwein. Hg. v. G.F. Benecke/K. Lachmann. Berlin, New York 1974.

2. Krause, Burkhardt: Zur Psychologie von Kommunikation und Interaktion. Zu Iweins „Wahnsinn“. In: Psychologie in der Mediävistik. Gesammelte Beiträge des Steinheimer Symposions. Hg. v. Jürgen Kühnel. Göppingen: Kümmerle 1985, S. 215-242.

3. Matejowski, Dirk: Das Motiv des Wahnsinns in der mittelalterlichen Dichtung. Frankfurt (Main) 1996.

4. Winst, Silke: Körper und Identität. Geschlechtsspezifische Codierungen von Nacktheit im höfischen Roman um 1200.In:Und sie erkannten, dass sie nackt waren. Nacktheit im Mittelalter. Ergebnisse einer interdisziplinären Tagung des Zentrums für Mittelalterstudien der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Hg. v. Stefan Biessenecker. Bamberg 2008, S. 337-355.