1. Das Objekt und die Literatur

1.4. Der Ideale

In der mittelalterlichen Tradition spiegelt das Äußere in der Regel das Innere wieder. Der Ritter muss eine Reihe von Tugenden erfüllen, darunter staeteminnehoher muotmâze und triuwe, aber auch arbeitmanheit, und milte. Detaillierte Informationen zu den Tugenden finden Sie hier

Ein Held hat deshalb edel zu sein und schön auszusehen, während ihm hässliche Zwerge oder abnorme Riesen gegenüberstehen. Die Konkurrenz zwischen Innerem und Äußerem spielt eine große Rolle. Es finden sich deshalb häufig Textstellen, die die Tugendhaftigkeit des Ritters mit seinem Aussehen oder seiner Kleidung in Bezug zueinander setzen. Die Literatur bietet also den perfekten Zugang, um zu erfahren, welche Werte der Bamberger Siegelstempel verkörpert.

   

   

Die neuhochdeutsche Übersetzung der Textstelle finden sie hier: Erec1

Im Erec wird deutlich, dass ein Ritter, der standesgemäß Rüstung trägt zu einem guoten knecht wird. Die Rüstung wird damit zum äußeren Anzeichen der inneren Überlegenheit. 

  

 
 

 

 

Die neuhochdeutsche Übersetzung der Textstelle finden sie hier:  Nibelungen1

  

Die Rüstung des Ritters hilft ihm nicht nur in der kriegerischen Auseinandersetzung, sondern sie repräsentiert gleichzeitig Herkunft und adelige Abstammung. Dieser Aspekt der Rüstung wird im Nibelungenlied deutlich, wenn Siegfried von seinen Eltern standesgemäß mit edler Kleidung und der besten Rüstung ausgestattet wird, um von den Wormsern auch als eben dieser adelige Herrschersohn wahrgenommen zu werden. Die Rüstung Siegfrieds soll sowohl ihn selbst als auch seine Heimat Xanten in einem guten Licht zeigen. Die Rüstung ist also auch repräsentatives Zeichen hegemonialer Männlichkeit.

 

  

    

  

Die neuhochdeutsche Übersetzung der Textstelle finden sie hier: Nibelungen2

  

 In der zweiten Textstelle geht es nun nicht länger um die repräsentative Funktion der Rüstung, sondern um ihre Bedeutung im Kampf. Im Sachsenkrieg stellt sich Siegfried einem blutigen Gefecht aus dem er als eindeutiger Sieger hervorgeht. Seine kriegerische Überlegenheit kann noch nicht einmal von der Rüstung seines Gegenübers gebremst werden. Auffällig ist, dass seine Überlegenheit genau an dieser Stelle nicht nur körperlich, sondern durch den letzten Vers auch im Sinne des ritterlichen Ideals herausgestellt wird. Seinen Feinden in blutigem Gemetzel die Köpfe einzuschlagen erscheint überaus positiv konnotiert.

 

 

 



Literaturangaben:

  • Das 'Nibelungenlied'. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach der Handschrift B hrsg. von Ursula Schulze. Ins Neuhochdeutsche übersetzt und kommentiert von Siegfried Grosse. Stuttgart: Reclam, 2010. 
  • Hartmann von Aue: Erec. Hrsg., übersetzt und kommentiert von Volker Mertens. Stuttgart:
    Reclam, 2010.