4. Führung und Gruppen

4.3. Führung und Zusammenarbeit bei Gruppenentscheidungen


Müssen Entscheidungen zu Problemen in der Gruppe getroffen werden, ist das für eine Führungskraft häufig keine leichte Situation, vor allem, wenn die Mitglieder:innen aus unterschiedlichen fachlichen Bereichen stammen. Es stellt sich die Frage: Soll man selbst in die Diskussion eingreifen oder sie nur moderierend begleiten? Wie soll man sich verhalten, wenn es zu keiner einvernehmlichen Lösung kommt? In der Praxis finden sich in einer solchen Situation zwei Modelle des Vorgehens, die z. T. auch gemischt zur Anwendung kommen:

  • Die Cheflösung
  • Vorgehen nach Zuständigkeit


Die Cheflösung

Bei diesem Modell übernimmt die Führungsperson die Leitung der Gruppendiskussion, in der ein von ihm entwickelter Lösungsentwurf - die Cheflösung – auf den Prüfstand gestellt wird. Die Aufgabe der anderen Gruppenmitglieder ist es hier, diesen Vorschlag anhand ihres Fachwissens auf mögliche Hindernisse und Unstimmigkeiten durchzusehen und seine Umsetzbarkeit zu bewerten.

Der Vorteil der Cheflösung liegt darin, dass der Weg von der Entscheidungsfindung zur tatsächlichen Handlung hier relativ schnell vonstattengeht, da nur ein Vorschlag genau beleuchtet werden muss. Dieses Vorgehen eignet sich deshalb für Situationen mit „… relativ niedriger Aufgabenkomplexität und hohe[m] [Entscheidungsdruck] …“ (Boos, 1998, S. 86) sowie zur Absicherung von bereits getroffenen Entscheidungen.


Vorgehen nach Zuständigkeit

Anders als bei der Cheflösung, bringen beim Vorgehen nach Zuständigkeit alle aus der Gruppe entsprechend ihres fachlichen Hintergrundes mögliche Lösungsvorschläge in die Diskussion ein. So werden unterschiedliche Sichtweisen und Meinungen bei der Entscheidungsfindung zur Sprache gebracht. Wichtig ist hier, die eingebrachten Argumente auch objektiv zu betrachten und zu durchdenken. Wird dies nicht getan und mögliche Einwände wegrationalisiert, besteht die Gefahr des Gruppendenkens. Im Laufe dieses Prozesses entwickelt dann die Führungsperson aus diesen unterschiedlichen Ansätzen und Sichtweisen einen gemeinsamen Lösungsansatz. Idealerweise wird die Gruppe aktiv an dieser Entwicklung beteiligt, es ist jedoch auch durchaus möglich, dass die Führungsperson diese Aufgabe alleine übernimmt.


Ein weiteres Modell – das Integrative Vorgehen

Auch wenn beim Vorgehen nach Zuständigkeit bereits verschiedene fachliche Bereiche berücksichtigt werden, sind die einzelnen Lösungsansätze nur auf einen bestimmten Bereich begrenzt. Die Vernetztheit mit den anderen Bereichen sowie mögliche Neben- und Fernwirkungen werden hierbei – auch nach der Integration zu einem Gesamtvorschlag - häufig übersehen, was bei komplexen Problemen fatale Folgen haben kann. Aufgrund dessen wurde für die Entscheidungsfindung bei unbekannten und komplexen Problemen das integrative Vorgehen entworfen, welches das unterschiedliche Wissen der einzelnen Gruppenmitglieder in der direkten Zusammenarbeit explizit nutzt, um eine fachübergreifende Lösung zu finden, diese aus möglichst vielen Blickwinkeln zu beleuchten und Fehleinschätzungen zu minimieren. Die Gruppenmitglieder arbeiten bei dieser Form der Zusammenarbeit also daran, ein gemeinsames, ressortübergreifendes Mentales Modell zu entwickeln. Im integrativen Vorgehen, kommen demnach „… Ergebnisse und Forderungen der Forschung zum komplexen Problemlösen …“ (Boos, 1998, S. 87) zur praktischen Anwendung. Die Führungsperson sollte sich bei dieser Art der Entscheidungsfindung tatsächlich ganz auf die Moderation der Lösungsfindung konzentrieren, sich inhaltlich aber nicht an der Diskussion beteiligen.


Fazit

Auch in diesen Modellen der Führung und Zusammenarbeit bei Gruppenentscheidungen wird deutlich, dass es keine pauschale Vorgehensweise für alle Fälle gibt, sondern sowohl das Führungsverhalten als auch der Prozess der Lösungs- und Entscheidungsfindung an die gegebene Situation angepasst werden muss. Auch wenn Sie selbst bei Gruppenentscheidungen nicht offiziell die Führungsrolle innehaben, können Sie anhand dieses Wissens (z.B. durch Führung von unten) ihren Beitrag dazu leisten, den dahinterstehenden Prozess zu optimieren.