Einstieg in komplexes Problemlösen in Gruppen

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Kurs: Komplexität II (vhb - Demokurs)
Buch: Einstieg in komplexes Problemlösen in Gruppen
Gedruckt von: Gast
Datum: Mittwoch, 26. Juni 2024, 08:10

Beschreibung

Was ist überhaupt ein Team? Wie unterscheidet es sich von einer Gruppe? Und welche nützlichen und gefährlichen Effekte können wir beobachten, wenn Menschen zusammen Probleme lösen. Mit Anwendungsbeispielen aus den Bereichen Führung, Team und Beratung illustrieren wir diese Konzepte.

1. Gruppen

Wollknäuel welches durch eine Glühbirne geht und dann sortiert ist und vier Personen die sich anschauen.

Advance Organizer

  • Was ist der Unterschied zwischen Gruppen und Teams?
  • Was sind Rollen?
  • Was sind soziale Normen und wie beeinflussen sie unser Verhalten?
  • Was sind die Stadien der Team- bzw. Gruppenentwicklung?
  • Was beeinflusst die Motivation positiv bzw. negativ?
  • Welche Rolle spielen die Eigengruppe und die Fremdgruppe?
  • Was ist Führung?
  • Was unterscheidet transaktionale von transformationalen Führung?
  • Was beeinflusst Führung?
  • Was ist Macht?
  • Welche Arten von Macht gibt es?
  • Macht in der Beratung
  • Was ist das S-O-R-K-C-Schema?


Keywords

Charisma-Theorie, Eigengruppe, Forming, Fremdgruppe, Führung, Führungsstile, „Gimpel Effekt“, Gruppe, Gruppenkohäsion, „Köhler-Effekt“, Least-Prefered-Coworker, Macht, Michigan-Studies, Norming, Ohio-Studies, Path-Goal-Theorien der Führung, Performing, Rollen, S-O-R-K-C-Schema, Soziale Erleichterung, Soziale Kompensation, Soziale Normen, Sozialer Wettbewerb, Soziales Faulenzen, Soziales Trittbrettfahren, Storming, Team, transaktionale Führung, transformationale Führung


„Eine Gruppe besteht aus zwei oder mehr Personen, die miteinander interagieren und insofern interdependent sind, als ihre Bedürfnisse und Ziele eine gegenseitige Beeinflussung bewirken (Cartwright & Zander, 1968; Lewin, 1948/1953)“ (Aronson et al., 2014. S. 311).

Nicht jede Ansammlung von Menschen ist also nach dieser Definition eine Gruppe. Nur wenn alle Personen tatsächlich miteinander in Beziehung stehen, indem sie z.B. untereinander kommunizieren, miteinander arbeiten etc. und gemeinsame Ziele / ein gemeinsames Ziel verfolgen, kann man von einer Gruppe sprechen (z.B. Sportmannschaft, Familie, Arbeitsgruppe, Chor, ...). Auch der Begriff Team, der häufig als Synonym verwendet wird, ist vom Begriff Gruppe abzugrenzen.

„Ein Team ist eine Gruppe von Mitarbeitenden, die in der Organisation eine geführte soziale Einheit bilden, weil sie einander brauchen, um Ergebnisse zu erzielen“ (Alter, 2019, S. 10)

Gruppen zeichnen sich neben den eben genannten Voraussetzungen auch durch einige weitere Merkmale aus. 


1.1. Rollen


In einer Gruppe hat nicht jedes Gruppenmitglied die gleiche Position, sondern nimmt eine bestimmte soziale Rolle ein. „Während Normen Regeln angeben, die für alle Gruppenmitglieder gelten, definieren Rollen, wie sich Personen, die innerhalb der Gruppe bestimmte Positionen einnehmen, zu verhalten haben. … Wie soziale Normen können auch Rollen sehr hilfreich sein, weil man weiß, was man voneinander zu erwarten hat“ (Aronson et al., 2014, S. 312). Vom Oberhaupt einer Gruppe wird z.B. erwartet, dass es wichtige Entscheidungen trifft, das weitere Vorgehen vorgibt, den Gruppenmitgliedern Aufgaben zuweist, als Ansprechpartner bei Problemen dient etc.

Eine Rolle einzunehmen bietet deshalb für das Individuum durchaus Vorteile. Zum einen gibt sie demjenigen, der sie einnimmt, bereits Anhaltspunkte, wie er sich verhalten sollte, zum anderen wissen die anderen Personen, was sie von dieser Person zu erwarten haben, was ihnen den Umgang mit ihr erleichtert. Natürlich können solche Erwartungen aber auch Schwierigkeiten mit sich bringen. Werden sie nämlich nicht erfüllt, fällt also die Person aus Sicht anderer aus ihrer Rolle, hat das Konsequenzen. Verhält sich z.B. der Chef nicht wie oben genannt, sondern wirkt unsicher, fragt immer die anderen nach dem besten Vorgehen oder lässt jeden tun was er möchte, wird er seine Position über kurz oder lang verlieren, verliert die Achtung, Respekt und Rückhalt der Gruppenmitglieder und muss eventuell sogar die Gruppe verlassen.

Ein weiteres Problem ist, dass Rollenerwartungen z.T. sehr stark in der Gesellschaft verankert sind, und es schwer ist, gegen sie anzukämpfen, auch wenn Sie nicht mehr wirklich zeitgemäß sind. Ein Beispiel hierfür sind die Rollenbilder von Mann und Frau. In vielen Ländern gilt auch heute noch, dass allein die Frauen für Haushalt und Kindererziehung zuständig sind, während der Mann arbeitet und damit seine Familie ernährt. Außerdem besteht die Gefahr, dass man sich zu sehr mit seiner Rolle identifiziert und Dinge tut, die man normalerweise nicht tun würde. Das ist besonders dann der Fall, wenn die Rolle einen gewissen Machtspielraum beinhaltet, wie das berühmte „Stanford Prison-Experiment“ zeigt.

Beispiel B.02.01: Das Standford Prison-Experiment

Das Stanford-Prison-Experiment ist ein sehr bekanntes sozialpsychologisches Experiment, mit dem der Einfluss sozialer Rollen auf das Verhalten von Versuchspersonen untersucht wurde. Hierzu wurde eine Gruppe Studenten, die sich freiwillig als Versuchspersonen gemeldet hatten, zufällig in Wärter und Häftlinge eingeteilt und sollten zwei Wochen lang ihre jeweiligen Rollen in einem simulierten Gefängnis spielen. Die Studie musste jedoch bereits nach sechs Tagen abgebrochen werden, da das Verhalten der „Wärter“ gegenüber den „Häftlingen“ aus dem Ruder lief und ein Teil der „Gefangenen“ daraufhin anfing, psychische Auffälligkeiten zu zeigen.

Das Experiment war von Anfang an so angelegt, dass die Mitwirkenden möglichst tief in ihre Rollen eintauchen konnten. So wurden die „Gefangenen“ durch echte Polizisten in der Öffentlichkeit verhaftet, abgeführt und eingesperrt. Die Wärter hatten ihre Rolle, inklusive der Macht, die mit der Rolle einherging so verinnerlicht, dass sie sich auch verhielten als hätten sie die „absolute“ Macht über die Häftlinge, die für sie nur noch Nummern (keine Namen) waren. Aber auch die „Häftlinge“ übernahmen Ihre Rollen und zettelten am zweiten Tag einen Aufstand an. Dies führte dann zur Eskalation des Verhaltens der Wärter und zu Demütigungen der Häftlinge, bis hin zu sadistischem Verhalten. Nach sechs Tagen wurde dann das Experiment vorzeitig abgebrochen (geplant waren 14 Tage), u.a. auch, weil die Versuchsleiter feststellten, dass sie nicht mehr objektiv waren, aktiv eingriffen und gegen die Gefangenen agierten. Man kann also sagen, alle Parteien haben Ihre zugewiesenen Rollen „zu gut“ eingenommen.

Der bekannte Film „Das Experiment“ aus dem Jahr 2001 zeigt mit Moritz Bleibtreu in der Hauptrolle eine Adaption des Stanford Prison-Experiments in einer deutschen Universität. Zu dem katastrophalen Ende, das im Film gezeigt wurde, kam es im realen Experiment jedoch nicht, weshalb Philip Zimbardo, der Leiter des „echten“ Experiments, erfolgreich gegen den im Film enthaltenen Hinweis „Nach einer wahren Begebenheit“ klagte.

(„Stanford Prison-Experiment“, 2022)


1.2. Soziale Normen


Soziale Normen legen fest, was bzw. welches Verhalten innerhalb einer Gruppe oder der Gesellschaft akzeptiert ist (z.B. Wahrung des Eigentums). Werden diese Normen nicht eingehalten (z.B. Diebstahl), dann können sie mit Sanktionen geahndet werden (z.B. Gefängnisstrafe). Da aber nicht in allen Gruppen / Gesellschaften dieselben Normen gelten, kann es bei Mitgliedschaft in mehreren Gruppen mit gegensätzlichen Normen zu Konflikten kommen.

Beispiel B.02.02: Gute Schüler

Schüler:innen, die im Unterricht gut mitarbeiten und (sehr) gute Noten erhalten, werden oft von den Mitschüler:innen als „Streber:in“ bezeichnet. Die Lehrkräfte hingegen, sehen die guten Leistungen und bevorzugen diese Schüler:innen unter Umständen sogar.

Diese „Streber:innen“ sind in der Schule Teil zweier Gruppen, mit denen unterschiedliche Erwartungen einhergehen: Mitschüler:in und Schüler:in.

Als Schüler:in wird erwartet, am Unterricht aktiv teilzunehmen, diesen nicht zu stören, zu lernen und sehr gute Noten zu bekommen. Als Mitschüler:in wird eher erwartet, sich wie die anderen zu verhalten, also mit der Masse mitzuschwimmen, „normale“ Noten zu bekommen und aus Prinzip „gegen“ die Lehrkraft zu sein.

1.3. Die Anwesenheit anderer und ihre Auswirkungen auf unser Verhalten und Erleben


Wenn wir uns in der Gegenwart von anderen Menschen befinden, verhalten wir uns teilweise anders, als wir das sonst tun würden.

Aufgabe Ü.02.01: Unter Beobachtung

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an ihrem Schreibtisch und arbeiten an Ihrem Rechner. Nach einiger Zeit bemerken Sie, dass jemand hinter Ihnen steht und Ihnen längere Zeit über die Schulter schaut.

Überlegen Sie einmal, wie es Ihnen in so einem Moment geht. Was denken und fühlen Sie in diesem Moment? Und wie wirkt sich die Anwesenheit des Beobachters auf Ihre Arbeit aus? Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen in das Forum. Hier kommt ihr direkt zum Forum.

Bei der Bearbeitung der Aufgabe, aber auch beim „Gute Schüler:innen“-Beispiel wird deutlich, dass bereits die bloße Anwesenheit anderer Verhalten beeinflussen kann. Eine Interaktion mit Ihnen ist dazu gar nicht notwendig. Der Effekt geht sogar so weit, dass selbst die imaginierte Anwesenheit anderer, also die Vorstellung, dass eine andere Person anwesend ist, Auswirkungen auf das eigene Verhalten hat.

Ein wichtiges Phänomen, das die Gegenwart anderer bei uns auslösen kann, ist:

  • Soziale Erleichterung

„Soziale Erleichterung (»social facilitation«) beschreibt die Tatsache, dass sich die individuelle Leitungsfähigkeit in Gegenwart anderer verbessert, sofern es sich um einfache Aufgaben handelt und die Einzelleistung messbar ist. Im Gegenzug sinkt die Leistung bei schwierigen Aufgaben ohne individuelle Leistungsmessung“ (Fischer et al., 2018, S. 154).

Die Gegenwart anderer kann sich aber nicht nur - wie bei der sozialen Erleichterung - auf unsere Leistung, sondern auch auf unsere Motivation auswirken uns anzustrengen, also dazu führen, dass wir unser Engagement entweder erhöhen oder verringern. Wichtige Phänomene, in diesem Zusammenhang sind (Schulz-Hardt et al, 2007, S. 700-701):

Motivationsverlust:

  1. Soziales Faulenzen (social loafing)
  2. Soziales Trittbrettfahren (free-riding)
  3. „Gimpel Effekt“ (sucker effect)

Motivationsgewinn:

  1. Sozialer Wettbewerb (social competition)
  2. Soziale Kompensation (social compensation)
  3. „Köhler-Effekt“

Neben diesen Motivationseffekten kann die Zugehörigkeit zu einer Gruppe bei uns zu bestimmten Denk- und Verhaltensweisen gegenüber den Mitgliedern der eigenen und den Mitgliedern anderer Gruppen führen. Mehr hierzu finden Sie im Artikel Eigengruppe und Fremdgruppe.

2. Team


Ein Team bezeichnet eine spezielle Art von Gruppe, die für eine begrenzte Zeit gebildet wird, um ein gemeinsames Ziel (bzw. mehrere gemeinsame Ziele) zu erreichen (z.B. Bearbeitung eines Projektes, Lösung eines Problems...). Vor allem in der Alltagssprache wird der Begriff Team häufig synonym für den Begriff Gruppe gebraucht, wohingegen im wissenschaftlichen Kontext die beiden Begriffe häufig differenzierter verwendet werden.

Merkmale von Teams:

  • Ein ausgeprägtes Maß an innerem Zusammenhalt [Gruppenkohäsion] und Engagement für die Team-Leistungsziele aufgrund einer gemeinsamen Aufgabenorientierung und eines spezifischen Existenzzwecks, den das Team im Rahmen der Vorgaben selbst definiert.
  • Ein gemeinsamer Arbeitsansatz und eine gemeinsame Kontrolle des Arbeitsablaufs.
  • Die Aufhebung der Trennung zwischen denjenigen, die denken und entscheiden, und denen, die arbeiten und ausführen …
  • Ein gleichberechtigtes Nebeneinander von individueller und wechselseitiger Verantwortung.
  • Das Erschließen von Synergien, d.h. das Team schafft etwas, das über die Summe der Beiträge der einzelnen Mitglieder hinausgeht [Prozessgewinne]. (Born & Eiselin, 1996, S.17)

In Unternehmen ist Teamarbeit heutzutage eine gängige Maßnahme, da davon ausgegangen wird, dass Teams gegenüber Einzelpersonen - gerade in Bezug auf Entscheidungen - bessere Ergebnisse erzielen.

2.1. Stadien der Team-/Gruppenentwicklung


Nach Tuckman (1965) machen Teams/Gruppen nach ihrer Gründung einen Entwicklungsprozess durch, der sich in vier Stadien gliedern lässt:

Phasen in der Teamentwicklung: 1. Forming: Kennenlernen, Organisierien, Vertrauen aufbauen; 2. Storming: Konflikte, Aufbau einer internen Hierarchie; 3. Norming: Koähsion, gemeinsame Normen & Werte; 4. Performing: aufgabenbezogene Aktivität, Fokus auf Zielerreichung

Abb. A.02.01: Vier Stadien der Gruppenentwicklung (nach Tuckman, 1965)

  1. Forming (Formierung der Gruppe): Hat sich ein Team gerade erst zusammengetan, muss es sich zuerst einmal organisieren. Denn häufig kennen sich die Teammitglieder zu diesem Zeitpunkt noch nicht (oder nur wenig), die Gruppenkohäsion und das gegenseitige Vertrauen sind noch niedrig und es fehlt die Klarheit darüber, wer welche Rolle übernimmt. Man muss sich zunächst einmal kennenlernen. Auch die Ziele, die das Team erreichen möchte, müssen an diesem Punkt noch explizit festgelegt werden (Weinert, 2004; Nerdinger et al., 2019).
  2. Storming (Konflikt und Herausforderung): Im Laufe des Kennenlernens treffen die verschiedenen Meinungen und Ansichten der einzelnen Teammitglieder aufeinander, was zu mehr oder weniger starken Konflikten führen kann. Im Zuge der entstehenden Diskussionen beginnt das Ringen um die eigene Position in der internen Hierarchie, den Status im Team und die Aufgaben, die man gerne übernehmen würde: „Das geschieht gewöhnlich auf der Beziehungsebene der Kommunikation, während man auf der Sachebene scheinbar ernsthaft über Ziele und Vorgehensweisen diskutiert“ (Nerdinger et al., 2019, S. 121).
  3. Norming (Normierungsphase): Nachdem die Rollen verteilt sowie Macht und Status der Teammitglieder geklärt ist, wird die Bindung zwischen ihnen enger, die Gruppenkohäsion steigt, es gibt gemeinsame Werte und Normen, an denen sich die Gruppe orientiert (Weinert, 2004). Aus einem Nebeneinander wird ein Miteinander.
  4. Performing (Funktions- und Leistungsphase): Hat sich eine tragfähige Teamstruktur herausgebildet, besitzt das Team nun die nötigen Kapazitäten, um seine Energie vollständig auf die Erreichung seiner Ziele verwenden zu können (Weinert, 2004; Nerdinger et al., 2019).


2.2. Gruppenkohäsion


Unter Gruppenkohäsion versteht man die „… Aspekte einer Gruppe, die die Mitglieder aneinander binden und die Zuneigung innerhalb der Gruppe fördern …“ (Aronson et al. 2014, S. 317).

Bei den meisten Gruppen spielt Kohäsion eine zentrale Rolle, denn wer nimmt schon gerne freiwillig eine Außenseiterposition ein oder ist bei den anderen unbeliebt, besonders, wenn man seine Freizeit mit diesen Leuten verbringt. Aber auch in der Arbeitswelt spielt die Kohäsion in der Gruppe eine wichtige Rolle. Sie stärkt den Zusammenhalt, man ist motivierter zu arbeiten und man hat mehr Spaß. Das klingt toll und kann sogar zu höherer Leistung führen, „… wenn die Aufgabe enge Kooperation zwischen den Gruppenmitgliedern erfordert, wie etwa im Fall einer Fußballmannschaft bei einem schwierigen Spiel ...“ (Aronson et al., 2014, S. 317). In manchen Situationen kann die Gruppenkohäsion eine „richtige“ Entscheidung oder eine gute Leistung auch verhindern, da man lieber seine Meinung hinter dem Berg hält, als sich bei den Freunden oder Kollegen durch Kritik oder dem Anbieten weiterer Vorschläge unbeliebt zu machen.

Ein weiterer negativer Effekt, der bei einer hohen Gruppenkohäsion auftritt, ist die Geringschätzung von Individuen oder Gruppen außerhalb der eigenen. Dies kann dazu führen, dass Lösungsvorschläge von Außenstehenden unreflektiert abgelehnt werden. Offen für den Input Außenstehender zu sein ist also eine zentrale Aufgabe einer Gruppe im Arbeitskontext.

2.3. Prozessgewinne


In einem gut funktionierenden Team können Menschen „mit vereinten Kräften“ Problemlösungen entwickeln, die alle Erwartungen übertreffen. Sozialpsychologen sprechen von Prozessgewinnen, wenn die tatsächliche Gruppenleistung über der potenziellen Gruppenleistung liegt (Hackman & Morris, 1975).

Das gemeinsame Problemlösen kann sowohl die Motivation als auch die Fertigkeiten der einzelnen Gruppenmitglieder begünstigen.

Bei den Motivationsgewinnen, die durch gemeinsames Arbeiten entstehen können, lassen sich folgende drei Haupttypen unterscheiden:

  • Köhler-Effekt: Schwächere Gruppenmitglieder erhöhen ihre Anstrengungen, um nicht für eine schwache Gruppenleistung verantwortlich gemacht zu werden.
  • Sozialer Wettbewerb: Mitglieder der Gruppe möchten andere Mitglieder durch ihre individuelle Leistung übertrumpfen und erhöhen daher ihre Anstrengungen.
  • Soziale Kompensation: Mitglieder einer Gruppe strengen sich mehr an, um Leistungsdefizite vermeintlich oder tatsächlich schwächerer Gruppenmitglieder auszugleichen.

Führen die Interaktion bzw. der Problemlöseprozess in der Gruppe beim Individuum zu funktionalen Verhaltensweisen oder der Aktivierung von Ressourcen, spricht man von Fertigkeitsgewinnen. Ein Beispiel hierfür wäre die Anregung des eigenen kreativen Potentials im Problemlöseprozess, durch ein Brainstorming in der Gruppe. Man spricht in diesem Fall von kognitiver Stimulation, wenn durch die Nennung einer bestimmten Idee bei einem Individuum eine andere kognitive Kategorie stimuliert wird, an die das Individuum ohne die vorherige Erwähnung durch ein anderes Gruppenmitglied nicht gedacht hätte.

Zusammenarbeit in Gruppen - ein Garant für Prozessgewinne? Teamarbeit steht aufgrund der erwarteten Prozessgewinne v.a. in der Arbeitswelt hoch im Kurs. Leider führt die gemeinsame Lösung von Problemen nicht immer automatisch zu solchen Vorteilen. Die Zusammenarbeit von Menschen kann auch das genaue Gegenteil bewirken und zu „schlechteren“ Ergebnissen führen, als der Einzelne sie erbracht hätte. In diesem Fall spricht man von Prozessverlusten.

2.4. Soziale Erleichterung


Soziale Erleichterung (social facilitation) ist „… die Tendenz, dass Menschen bei einfachen Aufgaben besser, bei schwierigen Aufgaben schlechter abschneiden, wenn andere anwesend sind und ihre individuelle Leistung bewertet werden kann“ (Aronson et al., 2014, S. 319).

Aufgaben die uns leichtfallen, können wir also noch besser erledigen, wenn andere dabei in unserer Nähe sind. Eines von vielen Experimenten, in denen dieser Zusammenhang gefunden wurde, ist das Küchenschabenexperiment von Zajonc.

Beispiel B.02.03: Küchenschabenexperiment von Zajonc (1969)

In diesem Experiment wurden Küchenschaben in eine Box mit einem geraden Weg gesetzt, bei dem sich an der Startseite eine Lampe und dieser gegenüber, der Zugang zu einem lichtgeschützten Teil der Box befand. Wurde die Lampe angeschaltet, versuchte die Küchenschabe als natürliche Reaktion auf die Helligkeit so schnell wie möglich ins Dunkle (also zum Ausgang der Box) zu kommen. Waren andere Artgenossen auf einer Art Zuschauertribüne (die aus kleinen durchsichtigen Boxen neben dem Weg bestand) mit der Küchenschabe zusammen in der Box, gelang ihr das schneller, als ohne andere Schaben als Zuschauer.

Glasbox mit einem geraden Laufweg für eine Küchenschabe. An beiden Seiten können Küchenschaben durch das Glas zuschauen. Eine Lampe erleuchtet den Laufweg und auf der gegenüberliegenden Seite ist ein dunkler Raum, wo die Küchenscherbe hinlaufen kann.

Abb. A.02.02: Küchenschabenexperiment (Versuchsaufbau)

Es machte also einen Unterschied, ob Artgenossen anwesend waren oder nicht: Das Gefühl beobachtet zu werden beeinflusste die Leistung.

Die Anwesenheit anderer hat aber nicht immer einen positiven Einfluss auf unsere Leistung. Werden wir in Anwesenheit anderer vor eine, für uns schwierige Aufgabe gestellt, kehrt sich dieser Zusammenhang um und unsere Leistung nimmt ab. So brauchten die Küchenschaben, wenn es mehrere Wege gab, länger um den dunklen Teil der Box zu finden, wenn Artgenossen dabei zuschauten, als wenn sie sich alleine in dem Labyrinth befanden.

Fazit: Befinden wir uns in Bewertungssituationen, kann es bei leichten Aufgaben von Vorteil sein, wenn wir dabei die Nähe anderer Personen suchen. Stehen wir aber vor größeren Herausforderungen, wie z.B. einem schwierigen Gespräch zu einem Vertragsabschluss, der in unserer Verantwortung liegt, kann die zusätzliche Anwesenheit anderer bei uns zu einem Leistungsabfall führen.

2.5. Sozialer Wettbewerb


Vielleicht waren auch Sie schon einmal in dieser Situation:

Beispiel B.02.04: Assessment Center

Eine Stelle, mehrere potentielle Kandidat:innen, verschiedene Übungen. Ein Assessment Center ist ein Personalauswahlverfahren, in dem mehrere Bewerber:innen verschiedene Übungen und Aufgaben durchlaufen. Anhand der gezeigten Leistungen kann sich der zukünftige Arbeitgeber ein genaueres Bild von den Teilnehmer:innen machen. Typische Aufgaben sind etwa Rollenspiele, Interviews und Gruppendiskussionen. 

Das ist die klassische Konstellation bei einem Assessment Center. Und dann beginnt „das Rennen“ um den Job.

Da es meistens nur eine Stelle zu vergeben gibt und bis zu 12 Personen an einem Assessment Center teilnehmen, entsteht ein sozialer Wettbewerb. Der Einzelne erhöht in einer solchen Situation seine Anstrengung, um besser zu sein als der Rest der Gruppe. Denn schließlich geht es um etwas. Im Falle des Assessment Centers um eine Arbeitsstelle.

Ein Assessment Center ist also eine typische Situation für sozialen Wettbewerb (social competition). 

Besonders wahrscheinlich ist das Auftreten von sozialem Wettbewerb, wenn die Gruppenmitglieder ein recht ähnliches Leistungsniveau haben, denn in diesem Fall ist zusätzliche Anstrengung nötig, um sich von den anderen abzuheben.

2.6. Soziale Kompensation

Soziale Kompensation (social compensation) kommt im Gegensatz zu sozialem Wettbewerb dann vor, wenn Gruppen aus Mitglieder:innen mit unterschiedlichem Leistungsniveau bestehen. Um geringere Leistungen von weniger leistungsfähigen Gruppenangehörigen auszugleichen, erhöhen leistungsstärkere Mitglieder:innen ihre Anstrengungen, wenn die Aufgabe bzw. ihr Ergebnis und die daraus folgende Konsequenz für sie wichtig sind (Schulz-Hardt et al., 2007).

Beispiel B.02.05: Handball

Sie sind der Mannschaftsführer:in eines Handballteams. Es ist das letzte Spiel der Saison und es geht um den Aufstieg. Kurzfristig sind zwei Spieler:innen der Stammmannschaft - zwei wichtige Leistungsträger:innen - ausgefallen.

Ihnen ist klar, die zwei Ersatzleute sind gut, können den Leistungsausfall jedoch nicht völlig kompensieren. Deshalb übernehmen Sie neben ihrer Rolle in der Mannschaft auch einen Teil der Aufgaben eines Ersatzspielers/ einer Ersatzspielerin. Denn so eine Chance kommt so schnell nicht wieder.

Aber auch leistungsschwächere Mitglieder haben natürlich eine Motivation, ihre Leistung in der Gruppe zu steigern. Wird diese auch in mehr Anstrengung umgesetzt, sprechen wir vom Köhler-Effekt.

2.7. Köhler-Effekt


Während sich bei der sozialen Kompensation die leistungsstärkeren Gruppenmitglieder zusätzlich anstrengen, sind es beim Köhler-Effekt die Leistungsschwächeren aus der Gruppe, die sich noch einmal besonders ins Zeug legen. Ihre Motivation dafür: Sie möchten nicht die Verantwortung für eine schlechte Leistung der Gruppe tragen (Schulz-Hardt et al., 2007).

B.02.06: Premiere

Theaterprobe wie jeden Abend. Bei allen aus dem Ensemble sitzt der Text. Nur man selbst hängt im 3. Akt ständig und stört den Probenfluss. Und das fünf Tage vor der Premiere. Nach dem Ende der Probe machen alle Feierabend. Alle außer man selbst. Bis zum großen Tag wird jeden Abend zusätzlich noch einmal 2 Stunden Text gepaukt. Schließlich möchte man ja, dass das Stück ein Erfolg wird.

Man ist sich seiner „Schwäche“ bewusst und möchte weder sich noch das Ensemble blamieren oder gar das Gelingen der Aufführung gefährden. Deshalb strengt man sich mehr an, arbeitet mehr und härter, um auf das Niveau der anderen zu kommen.


2.8. Soziales Faulenzen


Unter sozialem Faulenzen (social loafing) versteht man die Tendenz, dass Menschen bei einfachen bzw. Routineaufgaben schlechtere, aber bei komplexen Aufgaben bessere Leistungen erbringen, wenn sie sich in der Gegenwart anderer Menschen befinden und es nicht möglich ist, die individuelle Leistung zu beurteilen (Aronson et al., 2014).

Beispiel B.02.07: Gruppenreferate/-vorträge

Ein klassisches Beispiel für das Auftreten von sozialem Faulenzen sind Vorträge oder Referate, die von Gruppen gehalten werden.

Hier ist der einzelne Beitrag und die Mühe für die Vorbereitung (Erstellen, Gestalten und Zusammenfügen der Präsentation, Auswertung von benötigten Daten, graphische Darstellung von Ergebnissen...) für die Zuhörer:innen nicht ersichtlich. Gerade bei größeren Gruppen besteht hier deshalb immer die Versuchung, sich nur auf seinen eigenen Vortrag zu konzentrieren und den anderen den Rest zu überlassen.

Bei allen Vorteilen, die die Arbeit in Gruppen bietet, sollte man im Hinterkopf behalten, dass sie auch dazu führen kann, dass sich Einzelne auf Kosten der anderen ausruhen. Wie Karau & Williams (1993) herausgefunden haben, ist die Wahrscheinlichkeit dazu in westlichen Kulturen höher als in asiatischen. Der Grund hierfür liegt wahrscheinlich darin, dass in den asiatischen Kulturen immer noch die Gruppe bzw. die Gemeinschaft einen höheren Stellenwert einnimmt, als das einzelne Individuum.

2.9. Soziales Trittbrettfahren


Beispiel B.02.08: Feedbackrunde

Das Semester neigt sich dem Ende zu und in den Lehrveranstaltungen wird nun Feedback erfragt. Jede/r Teilnehmende soll sich am Anfang der Sitzung ein paar Minuten Gedanken darübermachen, welche Verbesserungsvorschläge an die / den Dozierende/n weitergegeben werden können. Als Sie an der Reihe sind, unterbricht Sie der Dozent / die Dozentin nach kurzer Zeit mitten im Satz, bedankt sich für Ihre Ideen und erteilt Ihrem Sitznachbarn das Wort.

Daraufhin fühlen Sie sich nicht ernst genommen, da auf Ihren Beitrag überhaupt nicht eingegangen wurde. In der restlichen Seminarzeit halten Sie sich mit Beiträgen zurück, da diese ihrer Erfahrung nach sowieso ins Leere laufen.

In einer solchen Situation wird das eigene Engagement gesenkt oder wie im Beispiel sogar ganz eingestellt, weil man der Überzeugung ist, dass die eigenen Beiträge als irrelevant angesehen werden. Dieses Vorgehen wird als soziales Trittbrettfahren (free-riding) bezeichnet.

Unterschied Soziales Trittbrettfahren - soziales Faulenzen

Die Definitionen von sozialem Faulenzen und sozialem Trittbrettfahren klingen beim ersten Lesen wahrscheinlich sehr ähnlich. Der Unterschied zwischen den beiden liegt darin, dass beim sozialen Trittbrettfahren die Bereitschaft sich angemessen einzubringen - anders als beim sozialen Faulenzen - durchaus vorhanden ist. Man ruht sich nicht absichtlich auf Kosten der anderen aus, sondern nimmt sich irgendwann zurück, weil die eigene Anstrengung einem als vergebene Liebesmüh' erscheint.


2.10. Gimpel-Effekt


Der Gimpel-Effekt (sucker effect) vereinigt quasi Merkmale des sozialen Faulenzens und des sozialen Trittbrettfahrens. Erwecken andere Gruppenmitglieder:innen bei einem den Eindruck, dass sie sich bei der Bearbeitung von Aufgaben absichtlich zurücknehmen, vermindert man im Gegenzug selbst seine Mühe, um dem Vorhaben der anderen, am Ende nur den Lohn für die Arbeit einzustecken, entgegenzuwirken (Schulz-Hardt et al., 2007).

Beispiel B.02.09: Weihnachtsfeier

Sandra und ihre zwei Kommilitonen sind von der Fachschaft mit der Aufgabe betraut worden, die alljährliche Fachschaftsweihnachtsfeier vorzubereiten.

Bei einem ersten Treffen wird der Ablauf in groben Zügen geplant und Aufgaben werden verteilt. Sandra ist u.a. für die Dekoration und das Besorgen von Weihnachtsgebäck verantwortlich. Als Sie zwei Wochen später noch keine Nachricht über den Ort der Weihnachtsfeier sowie die bisher eingegangenen Anmeldungen hat, ruft sie ihre zuständigen Kommilitonen an, da die Weihnachtsfeier bereits in 1 1/2 Wochen stattfinden soll. Diese geben an, gerade mit Prüfungsvorbereitungen beschäftigt zu sein, versprechen aber, sich umgehend bei Sandra zu melden. Zwei Tage später hat Sandra die erforderlichen Informationen noch immer nicht erhalten. Sie schreibt an die beiden eine WhatsApp Nachricht, die nach vier Tagen immer noch nicht gelesen wurde. „Dann gibt es außer dem Weihnachtsbaum dieses Jahr eben keine große Deko und wenn die Plätzchen weg sind, sind sie weg“ denkt Sandra ärgerlich und widmet sich wieder ihrem Studium.

Die Passivität bzw. die Nicht-Erledigung der zugewiesenen Aufgaben von Sandras Kommilitonen veranlasst Sandra dazu, ihr Engagement ebenfalls zu reduzieren. Sie hat zudem den Eindruck, dass dies bewusst geschieht und sie die ganze Arbeit alleine machen muss. Ein Gelingen der Feier würde allen drei Studierenden als Erfolg angerechnet, auch wenn zwei von ihnen nicht viel dazu beigetragen hätten.

2.11. Eigengruppe und Fremdgruppe


Egal, ob die Gruppenbezeichnung im Einzelfall laut der Definition von Gruppe „korrekt“ ist oder nicht, wir teilen Menschen (aber natürlich auch Tiere, Dinge,...) nach bestimmten Kriterien in Gruppen ein (z.B. Schauspieler, Reiche, die eigene Abteilung).

Gruppen denen man sich nach diesen Kriterien selbst zurechnet werden als Eigengruppe (in group) bezeichnet. Personen, die nicht in diese Gruppe fallen, gehören für uns zur Fremdgruppe (out group). Z.B. könnten die Kollegen der eigenen Abteilung die Eigengruppe, Kollegen aus einer anderen Abteilung, die Fremdgruppe sein, je nach den angelegten Kriterien. Bereits diese Gruppenzuordnung kann unser Verhalten schon nachhaltig beeinflussen.

Eigen- oder Fremdgruppe - ein großer Unterschied für unser Verhalten

Identifiziert man sich mit einer Gruppe, bewirkt das, dass wir ihr und ihren Mitgliedern positive Gefühle entgegenbringen, denn schließlich sind wir ja ein Teil von ihr. Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe hat zudem einen positiven Effekt auf unser Selbstwertgefühl, wenn man davon überzeugt ist, dass sie in irgendeiner Weise besser ist, als andere Gruppen. Die Konsequenz ist, dass man sich auch Fremdgruppen gegenüber so verhält. Man will überlegen sein und tut dafür vieles: Man behandelt deren Mitglieder unfair, abschätzig oder wird sogar gewalttätig. Gelingt es einem selbst oder anderen Angehörigen der eigenen Gruppe durch solche Aktionen die Vormachtstellung zu demonstrieren, steigert das zum einen den Selbstwert - man fühlt sich besser, weil man es den anderen gezeigt hat - zum anderen fühlt man sich der Gruppe noch enger verbunden.

Beispiel B.02.10: Fußballweltmeisterschaft

Einige Gruppierungen unter den Anhängern europäischer Fußballclubs bezeichnen sich selbst als die „echten“ Fans des „einzig wahren“ Vereins. Diese in nahezu allen europäischen Stadien anzutreffenden Gruppierungen sorgen häufig für Aggressionen zwischen ihnen und den Anhängern der gegnerischen Mannschaften. Deren Fans werden mit Hohngesängen empfangen, ihre Fankleidung wird, wenn sich die Gelegenheit bietet, gestohlen, es werden Schlägereien angezettelt. Selbst wenn der Verein einmal nicht gewinnt, so tragen diese „Fans“ für ihn den Sieg davon. Das gleiche gilt übrigens auch für Nationalmannschaften.

Und auch wenn man kein großer Fußballfan ist, kann es einen packen. WM 2014. Austragungsort: Brasilien. Spätestens als die deutsche Mannschaft im Halbfinale Brasilien 7:1 besiegte, waren wir in Fußballdeutschland. Die Straßen waren voller feiernder Menschen mit aufgemalten Deutschland-Fahnen im Gesicht, viele sogar im Deutschland Trikot, die Autos voll mit Deutschland-Fahnen oder Deutschland- Spiegelüberzügen, das Spiel Gesprächsthema Nr. 1.

Durch den Erfolg der deutschen Mannschaft konnte man sich selbst stolz fühlen. Und letztendlich war das Gefühl, dass nicht die Mannschaft das Spiel gewonnen hatte, sondern die ganze Nation fühlte sich als Sieger und „wurde Eins mit der Mannschaft“.

Dieses Phänomen tritt aber nicht nur auf, wenn wir uns selbst einer Gruppe (wie z.B. einem Fußballverein) angehörig fühlen, sondern auch wenn wir nach willkürlichen Kriterien einer Gruppe zugeteilt werden, in der wir die anderen Teilnehmer vorher noch nicht kannten oder sogar überhaupt keinen Kontakt zu ihnen haben werden.

Beispiel B.02.11 Minimalgruppenexperimente von Tajfel

In dem klassischen Experiment, dass Tajfel et al. 1971 durchgeführt hat, wurden die Versuchspersonen zunächst aufgefordert abstrakte Gemälde zu bewerten. Ihnen wurde im Anschluss mitgeteilt, dass sie auf Basis der Ergebnisse der Kunstbefragung in zwei Gruppen, die entweder eine Präferenz für den Maler Klee oder Kandinsky zeigten, eingeteilt worden sind. Im zweiten Teil des Experiments sollten die Versuchspersonen Geldbeträge an andere Versuchspersonen verteilen, die sie während des gesamten Versuchs nicht zu sehen bekamen. Die Teilnehmenden erhielten nur die Information, ob die Versuchsperson der Klee- oder Kandinsky Gruppe angehört. Es zeigte sich ziemlich schnell eine systematische Abweichung bei der Verteilung der Gelder. Diese viel bei allen Teilnehmenden zugunsten der Eigengruppe aus (Eigengruppenbias). Für den zweiten Teil des Experiments wurden spezielle Matrizen entwickelt, die es ermöglichten, individuelle Distributionsstile der Versuchspersonen zu ermitteln. Mithilfe der Matrizen konnte festgestellt werden, dass die Teilnehmenden sogar lieber eine geringere Prämie in Kauf nahmen, wenn das bedeutete, dass die Fremdgruppe weniger bekam als die Eigengruppe (z.B. 3€ statt 5€ für eigene Gruppe, wenn die andere Gruppe statt 4€ dann nur 2€ erhielt).

Mithilfe des Paradigmas der minimalen Gruppen konnte gezeigt werden, dass bereits eine triviale Kategorisierung ausreichen kann, Verhalten auszulösen, das die Fremdgruppe benachteiligt und der eigenen Gruppe einen Vorteil verschafft. Angehörigen der eigenen Gruppe gegenüber wurde also ein Verhalten an den Tag gelegt, dass man sonst eigentlich bei guten Bekannten, Freunden oder der eigenen Familie - nicht aber gegenüber Fremden - zeigen würde.

(Petersen & Blank, 2008)

Video V.02.01: Das Minimalgruppen-Paradigma


(Erb & Balzukat, 2020)

Fremdgruppen – einer wie der andere!?!

Wie wir bisher gesehen haben, ist die Wahrnehmung von Eigen- und Fremdgruppe in gewisser Weise verzerrt. Diese „Fehlwahrnehmung“ geht auch auf der Ebene der einzelnen Gruppenmitglieder weiter. Während die Mitglieder in der Eigengruppe durchaus als Menschen wahrgenommen werden, die (sehr) unterschiedlich in ihrem Verhalten, ihren Vorlieben... sind, werden die Angehörigen der Fremdgruppe bezüglich ihrer Eigenschaften etc. gerne in einen Topf geworfen (z.B. alte Leute hören am liebsten Volksmusik). Der Fachausdruck dafür heißt Fremdgruppenhomogenität. Mitglieder anderer Gruppen werden also von uns als homogener (ähnlicher) angesehen, als sie es in Wirklichkeit sind. Wir haben von ihnen ein gewisses Stereotyp, „eine verallgemeinernde Annahme über eine Gruppe von Menschen, die praktisch all ihren Mitgliedern, unabhängig von tatsächlichen Unterschieden zwischen ihnen, dieselben charakteristischen Merkmale zuschreibt“ (Aronson et al. 2014 08, S. 476).

Warum tun wir das? Es ist ganz normal, dass wir unsere Umwelt in bestimmte Schubladen stecken, also Kategorien bilden. Jeder von uns hat ein genaues Bild von einem Frisör, einem Anwalt, einem Lehrer usw. Diese Art des Denkens macht uns das Leben leichter. Wir nutzen Erfahrungen, die wir gemacht haben und müssen dadurch nicht jedes Mal wieder alle Informationen neu prüfen.

Eine weitere Verzerrung der Wahrnehmung ist der fundamentale Attributionsfehler, der auftritt, wenn wir die Ursache für ein Verhalten suchen.

Beispiel B.02.12: Beim Haareschneiden

Überlegen Sie einmal, wie anstrengend und zeitraubend es wäre, vor einem Friseur/ einer Friseurin zu stehen und überlegen zu müssen, was genau dieser Mensch vor einem für eine Funktion erfüllt, ob er/ sie eventuell Autos repariert, Obst oder Flugtickets verkauft oder den viel zu lang gewordenen Haaren einen neuen Schnitt verpasst. 

Ohne Kontext, also zusätzliche Informationen, sind wir da aufgeschmissen, oder? Wir wissen aus Erfahrung, dass ein Mensch, der in einem Laden steht, auf dessen Schild "Friseursalon" steht, die Haare schneidet, föhnt und färbt und daher wohl ein Friseur/ eine Friseurin sein muss. Wir schreiben, aufgrund der Situation (Friseursalon, Kleidung, „Werkzeug“, etc.) und unserer Erfahrung dieser Person die Eigenschaft zu, Friseur:in zu sein.

3. Führung


Ein eingeborener Pfadfinder führt eine Expedition zu den Jagdgründen. Ein Offizier führt seine Einheit in das Gefecht. Eine Führung durch ein Museum gefällt den Besuchern (oder auch nicht). Die Führung eines Unternehmens wird durch die Aktionäre kritisiert. Führung ist im deutschen Sprachgebrauch ein vielschichtiger Begriff. Auch in der wissenschaftlichen Terminologie kann nicht von einer einheitlichen Definition des Führungsbegriffes ausgegangen werden. Weibler (2012) versucht bestehende Bestimmungsversuche in folgender Definition zusammenzufassen:

„Führung heißt andere durch eigenes, sozial akzeptiertes Verhalten so zu beeinflussen, dass dies bei den Beeinflussten mittelbar oder unmittelbar ein intendiertes Verhalten bewirkt“ (Weibler, 2012, S. 19).

Dieser Versuch kann aber nicht befriedigen. Wie kann nach dieser Definition „Führung“ von „Erziehung“ abgegrenzt werden? Besteht überhaupt ein Unterschied? Könnte mit der beschriebenen Definition nicht auch jedes sozial erfolgreiche Handeln beschrieben werden? Also auch z.B. der erfolgreiche Versuch sich einer Bedienung in einem Lokal bemerkbar zu machen und das intendierte Verhalten zu bewirken? Würden wir dieses als erfolgreiche Führung bezeichnen? Wohl kaum! Ein Definitionsversuch von von Rosenstiel kommt der Realität näher:

„Meist wird man bei der Nennung des Wortes Führung an das Handeln von betrieblichen Vorgesetzten denken, die sich bemühen, die Arbeit der ihnen unterstellten Personen zielgerichtet zu aktivieren und zu steuern “ (von Rosenstiel, 1999, S. 412).

In den weiteren Ausführungen konstatiert von Rosenstiel (1999) allerdings auch, dass der „Begriff der Führung so weit“ ist, „dass er sich für eine interdisziplinär-vergleichende Analyse eignet und selbst als Einfluss in Organisationen ganz verschiedene Aspekte aufweist“ (von Rosenstiel, 1999, S. 412).

Während die Bestimmung durch von Rosenstiel den Aspekt der Organisation (hier des Betriebes) in den Blickpunkt rückt, wird ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt vernachlässigt. Rosenstiel spricht hier von „Vorgesetzten“ und „unterstellten Personen“. Kann Führung nur in eine Richtung, von „oben“ nach „unten“, geschehen? Eine weitere interessante Perspektive wird hier von Staehle et al. (1999) eingebracht:

„Unter Führung verstehe ich (Staehle 1973, S. 15) die Beeinflussung der Einstellungen und des Verhaltens von Einzelpersonen sowie der Interaktionen in und zwischen Gruppen, mit dem Zweck, bestimmte Ziele zu erreichen. Führung als Funktion ist eine Rolle, die von Gruppenmitgliedern in unterschiedlichem Umfang und Ausmaß wahrgenommen wird“ (Staehle et al., 1999, S.328,).

Führung wäre demnach eine Verhaltensbeeinflussung, die sowohl von „oben“ nach „unten“, als auch in der entgegengesetzten Richtung verlaufen kann. Zusätzlich kann hier auch eine Verhaltensbeeinflussung zwischen verschiedenen Gruppen als Führung verstanden werden. Einen umfassenden Definitionsversuch liefert Weinert (1989):

  1. Führung ist ein Gruppenphänomen (das die Interaktion zwischen zwei oder mehreren Personen einschließt);
  2. Führung ist intentionale soziale Einflussnahme (wobei es wiederum Differenzen darüber gibt, wer in einer Gruppe auf wen Einfluss ausübt und wie dieser ausgeübt wird, u.v.m.);
  3. Führung zielt darauf ab, durch Kommunikationsprozesse Ziele zu erreichen.
(Weinert, 1989, S. 555)

In eine ähnliche Richtung zielt der systemtheoretische Definitionsversuch von Badke-Schaub & Stempfle (2004). Führung wird hier nicht als ein einzelnes Verhalten (zielbezogene Beeinflussung, Strukturiertheit von Interaktion, etc.), auch nicht als Summe von Aktivitäten, sondern vielmehr als zentrale Funktion in sozialen Systemen, die sich mit der Steuerung des Systems befasst gesehen (Badke-Schaub & Stempfle, 2004). Das Verhalten, das gezeigt wird, unterscheidet sich nach Badke-Schaub & Stempfle zunächst nicht von anderem Verhalten. Führungsverhalten ist ohne seine funktionale Einbettung, ohne die Steuerungsfunktion, der das Verhalten im Kontext des sozialen Systems dient, nicht als Führungsverhalten zu identifizieren. In diesem systemtheoretischen Zusammenhang wäre Führung nur in ihrer Funktion zu bestimmen und nicht in ihrer Position in der Hierarchie und auch nicht in ihrer Absicht der Verhaltensänderung. Es ist nicht verwunderlich, dass im Gefolge der Uneinheitlichkeit der Definitionsversuche auch verschiedene Theorie(-familien) zur Führung entstanden sind:

  • Eigenschaftstheoretische Ansätze
  • Verhaltensorientierte Theorieansätze
  • Situative Führungstheorien
  • Path – Goal Theorien der Führung
  • Transaktion versus Transformation
  • Charisma-Theorie

3.1. Eigenschaftstheoretische Ansätze


Der eigenschaftstheoretische Erklärungsversuch stellt den ältesten Zugang zum Phänomen

„Führung“ dar, ist aber in diversen neueren Formulierungen auch in der derzeitigen Diskussion nicht ohne Einfluss. Führung ist demnach ein Phänomen, das sich aus einer Eigenschaft des Führers (z.B. Vorgesetzten) erklären lässt. Als Eigenschaften werden in der Psychologie relativ breite und zeitlich überdauernde Dispositionen verstanden, die in den verschiedensten Situationen konsistent auftreten. Im angloamerikanischen Sprachgebrauch werden diese zeitlich und situational konsistenten Dispositionen als traits bezeichnet. Dispositionen werden in der Psychologie jedoch nicht als etwas von vorne herein gegebenes und unwiderrufliches aufgefasst (Delhees, 1995, S. 898). Erste Ansätze zu einer (wissenschaftlichen) psychologischen Erforschung der Eigenschaften, die einer erfolgreichen Führung zu Grunde liegen, sind spätestens in den frühen 20er Jahren des letzten Jahrhunderts auszumachen (Kohs & Irle, 1920).

Der empirische Zugang lag hier in der Frage, welche Eigenschaften erfolgreiche Führer von weniger bzw. nicht erfolgreichen Führern unterscheiden. Die Befunde dieser Untersuchungen sind als sehr heterogen einzuschätzen (vgl. Stogdill, 1948; Delhees, 1995).

Die durchschnittlich am stärksten ausgeprägten Zusammenhänge ergaben sich zwischen den Variablen „soziales Geschick“ sowie „Beliebtheit“ und eben der Variable „Führungserfolg“. Wobei hier noch anzumerken ist, dass es sich bei einer Korrelation natürlich nicht um den Nachweis eines Kausalrelation und deren Richtung handelt. Auch die Frage, ob Führungserfolg und Beliebtheit voneinander kausal unabhängig sind, aber durch eine dritte Variable kausal beeinflusst werden (z.B. Wissen, Erziehung), kann nicht geklärt werden.

Zusammenhang zwischen Führung und Persönlichkeitsfaktoren 

Aufgrund der großen Streuung in den Ergebnissen und der beschriebenen fehlenden Erklärung der Kausalitäten konnten und können diese Ansätze nicht vollständig überzeugen. In der Weiterentwicklung der Führungstheorien rückte in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts die Verhaltenskomponente der Führung stärker in den Fokus.

Tabelle T.02.01: Zusammenhang zwischen Führung und Persönlichkeitsfaktoren (Weibler, 2001, S. 138)


Persönlichkeitsmerkmale

Korrelation mit Führungserfolg

Höchster Wert/ Niedrigster Wert

DurchschnittswertZahl der Studien
Intelligenz.90/-.13.2815
Schulleistung.39/-.27.168
Alter.71/-.32.2110
Körpergröße.71/-.13.307
Körpergewicht.52/-.04.236
Soziales Geschick.98/.33.568
Beliebtheit.82/.23.555

Allerdings finden derartige Eigenschaftstheorien auch heute noch in der Praxis eine breite Anerkennung (Weibler, S.141, 2001). Es wäre ein Trugschluss anzunehmen, dass Persönlichkeitseigenschaften des Führers und der Geführten im Sinne von Dispositionen keinen Einfluss auf den Führungsprozess hätten. Die frühen Erkenntnisse der Eigenschaftstheorie wurden in den folgenden Theorieansätzen integriert (Gabele et al., 1992) und mit der charismatischen Führungstheorie entstand auch ein Neo- Eigenschaftstheorie der Führung.

3.2. Verhaltensorientierte Theorieansätze


Die richtungsweisende Frage der verhaltenstheoretischen Ansätze war, wie sich erfolgreiche Führer in ihremVerhalten von weniger erfolgreichen unterscheiden. Was tun erstere, um eine effiziente und gleichzeitig zufriedeneArbeitsgruppe zu führen? Zwei zeitlich fast parallel arbeitende Forschungsgruppen („Ohio-Studies“ und „Michigan-Studies“) führten in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts hierzu umfangreiche Studien durch. Das empirische Vorgehen in beiden Untersuchungen war sehr ähnlich. Mitarbeiter einer Führungsperson wurden über das Verhalten dieser befragt. Anschließend wurde versucht, aus diesen Verhaltensbeschreibungen eine möglichst kleine Anzahlrelevanter Verhaltensdimensionen zu isolieren, die eine Prognose von zukünftigem Verhalten leisten sollten. Beide Gruppen kamen auch in ihren Ergebnissen zu sehr ähnlichen Kategorien:

Ohio Studies (Fleischman) Initiating Structure: Der Führer richtet sein Verhalten am Kriterium der Erreichung des Arbeitsziel aus. Consideration: Führer versucht Erwartungen, Gefühle und Bedürfnisse der Mitarbeiter zu erkennen und richtit sein Verhalten darauf aus.; Michigan-Studies (Likert): production centered: Führer betont technische Aspekt, sieht Mitarbeiter als Werkzeuge zur Erreichung des Organisationsziel. employee centered: Führer betont die zwischenmenschlichen Aspekte der Arbeit, hat persönliches Interesse an Bedürfnissen und Zielen seiner Mitarbeiter.

Abb. A.02.03: Ohio-Studies und Michigan-Studies

Diese Einführung von Zwei-Faktoren-Modellen hat eine Entwicklung initiiert, die ihren Niederschlag in derFührungsstildiskussion in der Psychologie hatte. Diese Theorien wurden z. T. weiterentwickelt und verfeinert(Managerial Grid von Blake & Mouton, 1969); zum Teil um weitere Faktoren ergänzt (4-Faktoren-Modell von Bowers& Seashore, 1966). Die Diskussion um Führungsstile kann hier nicht vertieft werden. An den Zwei-Faktorenmodellen ist vielfach Kritik geübt worden. Grundsätzlich ist es natürlich theoretisch sehr zweifelhaft, ob zwei (oder auch vier)Dimensionen zur Beschreibung des komplexen Phänomens „Führung“ ausreichen (Gabele et al., 1992). So wiesen bereits 1955 Fleishman et al: nach, dass Führungsstile nicht unabhängig vom organisationalen Tätigkeitsbereich zusehen sind. Ein mitarbeiterorientierter Führungsstil wirkt sich nach Fleishman et al. in Abteilungen des Produktionsbereiches negativ aus, in anderen Abteilungen positiv. Vom methodischen Standpunkt ist die Erfassungdes Führungsverhaltens durch Fragebögen als besonders kritisch einzuschätzen (eine umfassende Kritik findetsich bei Gabele et al., 1992 und Weibler, 2001).

Trotz dieser Kritik wurden die Ohio und Michigan Studien vielfach rezipiert und vor allem als Basis für die Entwicklung von Führungstrainings genutzt ( RRR1 des Führungsverhaltens von Blake & McCanse, 1995; Reifegrad-Modell von Hersey & Blanchard,, 1982).


1 Relation, Ressourcen, Resultate


3.3. Situative Führungstheorien


Nachdem bisher Führungstheorien im Mittelpunkt standen, die sich schwerpunktmäßig auf die Person des Führenden, auf seine Eigenschaften und auf sein Verhalten konzentrierten, soll in diesem Kapitel die wichtigste situative Führungstheorie in ihren Kernpunkten referiert werden.

Die Kontingenztheorie der Führung von Fiedler (1967) kann als „situativer“ Wendepunkt innerhalb der Geschichte der Führungstheorien angesehen werden. Fiedler geht davon aus, dass Führungserfolg abhängig ist von zwei interagierenden Faktoren. Dies ist zum einen das Ausmaß an Kontrolle über den Arbeitsprozess und das Arbeitsergebnis („situative Kontrolle“), das einem Führer zur Verfügung steht und zum anderen die zeitlich überdauernde aufgabenorientierte oder mitarbeiterorientierte Motivation des Führers („Führungsstil“). Die situative Kontrolle kann nach Fiedler aufgrund von drei kritischen Dimensionen eingeordnet werden:

  • Führer–Geführten–Beziehungen: Die Unterstützung des Führers durch die Gruppe; die persönlichen Beziehungen des Führers zu seinen Gruppenmitgliedern
  • Aufgabenstruktur: Das Ausmaß, in dem die Aufgabe klar definiert ist, die Ziele verdeutlicht sind und der Weg zur Zielerreichung festgelegt ist
  • Positionsmacht: Die legale Macht des Führers, Gruppenmitglieder belohnen oder bestrafen zu können

Aufgrund der Ausprägung auf diesen Dimensionen ergeben sich Situationen von geringer bis hoher „situativer Günstigkeit“. Die Aufgaben- oder Beziehungsorientierung des Führers operationalisiert Fiedler durch die „Least–Prefered–Coworker“ Skala (LPC). Anhand einer Skala von 18 bipolaren Items (z.B. streitsüchtig – ausgleichend; widerlich – nett) sollen Führer denjenigen Mitarbeiter einschätzen, mit dem sie in der Vergangenheit oder der Gegenwart am wenigsten gerne zusammengearbeitet haben bzw. zusammenarbeiten. Diese Einschätzungen werden zu einem LPC–Wert des Führers aufsummiert. Ein Führer mit einem hohen LPC–Wert beschreibt auch den am wenigsten geschätzten Mitarbeiter mit positiven Eigenschaftsausprägungen, während ein Führer mit niedrigen LPC– Wert ihn durch sehr negativen und zurückweisenden Bezeichnungen beschreibt. Für Fiedler bedeutet ein hoher LPC–Wert den Führungsstil der Personenorientierung und ein niedriger Wert bedeutet Aufgabenorientierung.

Da der situative Ansatz davon ausgeht, dass es nicht einen guten oder erfolgreichen Führungsstil gibt, untersuchte Fiedler, wie die Günstigkeit einer Situation und der praktizierte Führungsstil interagieren. Nach seinen Ergebnissen sind in extrem günstigen und in extrem ungünstigen Situationen aufgabenorientierte Führer erfolgreicher, in Situationen mittlerer Günstigkeit personenorientierte Führer.

In neueren Untersuchungen konnten als eine dritte Kategorie Personen mit einem mittleren LPC–Wert ermittelt werden. Diese Personen, die einen „sozial – unabhängigen“ Führungsstil haben, zeigen scheinbar die besten „Führungs“- Leistungen in Situationen von hoher Günstigkeit. Sie sind dagegen in Situationen von geringer Günstigkeit „relativ schwach“ (Fiedler et al., 1995)

Fiedler selbst räumt ein, dass weitere Forschungsanstrengungen notwendig sein werden, um ein klareres Profil dieser „mittleren LPC–Personen“ zu ermitteln. Fazit des Modells ist, dass nicht ein Führungsstil per se besser ist, sondern dass Führungseffektivität gleichermaßen durch Führungsstil und durch die Situation bedingt wird. Aus dieser Aussage lassen sich praktische Empfehlungen für die Steigerung der Effektivität ableiten, auf die hier nicht dezidiert eingegangen werden kann.

Fiedler`s Ansatz führte zu einer Flut von Untersuchungen. Fiedler (1995) selbst zählt über 400 publizierte Artikel und Bücher. Nach seinen Angaben ist es das am meisten zitierte Modell der Führung in den Jahren zwischen 1967 und 1980 und die am besten validierte Führungstheorie.

Die Kritikpunkte an der Kontingenztheorie lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

  • Die Operationalisierung der Variable Führungsstil durch die LPC-Skala ist unbefriedigend. 
  • Die Auswahl, Operationalisierung und Rangordnung der Situationsvariablen „Führer- Geführten-Beziehung“, „Aufgabenstruktur“ und „Positionsmacht“ erscheint willkürlich. Zwischen diesen als unabhängig postulierten Variablen bestehen höchstwahrscheinlich korrelative Beziehungen.
  • Die Betonung der Kriteriumsvariable „Leistung“ verkürzt die komplexen Zusammenhänge innerhalb des Führungsprozesses und der jeweiligen Organisation.

Neuere Ansätze von Fiedler verwenden die Prinzipien der Kontingenztheorie zur Entwicklung einer Theorie der „kognitiven Ressourcen“.


3.4. Path - Goal Theorien der Führung


Innerhalb der Path-Goal Theorien wird zum ersten Mal der Geführte (bzw. dessen Motive) in einer Führungstheorie mit einbeschlossen. Die Theorien bauen zum einen auf den Ohio- Studies und dem Kontingenzmodell von Fiedler auf. Zum anderen wird die Instrumentalitäts- oder Erwartungstheorie der Motivation aus der allgemeinen Psychologie aufgenommen (z.B. Heckhausen et al., 1987).

Die Path–Goal Theorien postulieren, dass die Tendenz eines Menschen, eine bestimmte Handlung auszuführen, davon abhängt,

  • ob er erwartet, dass dieses Verhalten zu spezifischen Ergebnissen und Resultaten führt (= Instrumentalität) und
  • ob diese Ergebnisse und Resultate für ihn einen gewissen subjektiven Wert (= Valenz) besitzen.

Nach den Annahmen der Weg-Ziel-Theorien handeln Menschen nur dann, wenn eine Ergebniserwartung für sie einen Nutzen hat und sie dieser Handlung eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit einräumen. Dem Führer kommt als Hauptaufgabe nach Evans (1970) zu, eine Motivationsfunktion auszuüben. Er hat

  • die Art und Menge der ideellen und materiellen Gewinne der Mitarbeiter zu steigern (= Beeinflussung der Valenzen).
  • die Mitarbeiter zu beraten auf dem Weg, die Arbeitsziele ohne Umwege zu erreichen, Konflikte zu lösen, persönliche und dienstliche Interessen nicht aus dem Auge zu verlieren (= Beeinflussung der Instrumentalität) (Gabele et al., 1992, S. 137).

Innerhalb der Theorie werden weiterhin zwei Klassen von Kontingenzvariablen angenommen, die die Beeinflussung durch den Führer moderieren: die Charakteristika der Geführten und die Charakteristika der Aufgabe bzw. der Arbeitsumwelt.   

Führungsverhalten / Führungsstil ist z.B. direktiv, unterstützend, partizipativ, leistungsorientiert. Wirkt sich auf Motivation der Geführten und Wahrnehmung aus. Dieser Zusammenhang wird moderiert von zwei Situationsvariablen. Situationsmoderator 1: Charakteristika der Geführten (Bedürfnisse, Fähigkeiten, Erfahrungen, Selbstwertgefühl). Situationsmoderator 2: Charakteristika der Aufgabe und der Arbeitsumwelt (Aufgabenstruktur, Grad der Formalisierung, Arbeitsgruppe). Als Endresultat steht die Leistung und Zufriedenheit.

Abb. A.02.04: Weg-Ziel-Theorie (Weinert, 2004, S. 500)

Weinert (2004) stellt heraus, dass path-goal-Theorien im Gegensatz zu früheren Ansätzen nicht nur untersuchen und erklären wollen, welcher Führungsstil zu einer effektiveren Leistung führt, sondern warum ein Führer unter bestimmten Konstellationen erfolgreicher ist oder nicht.

Darüber hinaus lässt sich anführen, dass die path-goal Theorien zum ersten Mal einen Bezugsrahmen schaffen, der nicht mehr von einer klassischen Arbeitsgruppe mit einem Führer (und einem bestimmten Führungsverhalten) und einer ihm untergebenen Gruppe ausgeht. Die oben beschriebenen Motivationsfunktionen lassen sich durch geeignete Verstärkungs-, Trainings- und Coachingsystemen auch organisatorisch implementieren. Die empirische Prüfung der Theorie ergibt bis heute noch kein einheitliches Bild. Die Ergebnisse einer eigenen Metaanalyse werden von Evans selbst als enttäuschend eingestuft, wobei er hier feststellt, dass die bisherigen Überprüfungsversuche lediglich „an der Oberfläche der Theorie herumlaborierten“ (Evans, 1995, S.1087). Die Komplexität und Vernetztheit der Theorie, die theoretisch einen Vorteil darstellen, sind für eine methodisch „saubere“ Überprüfung ein großes Hindernis.

3.5. Transaktion versus Transformation


In den letzten Jahren hat sich eine Differenzierung der Führungstheorien in Transaktions- vs. Transformationsansätze etabliert.

Der Transaktionsführer/ die Transaktionsführerin führt und motiviert seine Mitarbeiter:innen in Richtung feststehender, akzeptierter und etablierter Ziele, die durch ihn, die Organisation oder die Gesellschaft vorgegeben sind. Seine Funktion liegt in der Klarstellung der Erwartungen an die Arbeitsgruppe, der Erfordernisse der Aufgabenstellung und der Etablierung eines Belohnungs- und Bestrafungssystems. Die meisten der bisher referierten Führungstheorien sind damit unter den Oberbegriff der „Transaktion“ zu subsumieren.

Transaktionale Führer:innen orientieren sich an den durch die Organisation gegebenen Zielen, den Wünschen und Werten (Valenzen) ihrer Mitarbeiter:innen. Transformationale Führer:innen dagegen sehen darin nur den Ausgangspunkt einer Formung.

Transformationale Führung arbeitet also nicht auf „der Basis zweiseitiger rational-, sondern vielmehr durch die einseitige Umwandlung der geführten durch den Führer“ (Weibler, S. 334, 2001).

Bass postuliert vier Komponenten der transformationalen Führerschaft, die im Rahmen von empirischen Studien durch einen Fragebogen (MLQ = Multifactor Leadership Questionnaire) identifiziert wurden (Bass, 1985). 

Transformationale Führung: Exemplarisches Vorbild (respektvoll, moralisch, vertrauensvoll, uneigennützig, Identifikationsobjekt), Inspirierende Motivation (enthusiastisch, zuversichtlich, ermutigend), Geistige Anregung (etablierte Denkmuster aufbrechend, neue Einsichten vermittelnd), Individuelle Zuwendung (sich Zeit nehmend, bedürfnissensibel, individuellfördernd).

Abb. A.02.05: Komponenten transformationaler Führung (Weibler, 2012, S. 379)

Nach Weinert (2004, S. 513) konnten „…Bass und Avolio (1990) … belegen, dass Transformations-Führung eine engere korrelative Beziehung zu hoher Produktivität und Arbeitszufriedenheit und niedriger Kündigungsrate hat als transaktionale Führung.“. Theoretisch lässt die Reduktion des komplexen Phänomens „Führung“ auf vier Komponenten, die bisher theoretisch kaum definiert und empirisch schwer zu operationalisieren sind, aber Bedenken aufkommen.

3.6. Charisma-Theorien


Nachdem in der Forschung zu Führungstheorien zunächst über Jahrzehnte hinweg situative Komponenten eine stärkere oder sogar beherrschende Rolle spielten, kann man in den letzten Jahren in der psychologischen Forschung im Allgemeinen und in der Forschung zur Führungstheorie im Besonderen eine Renaissance des Konstruktes „Persönlichkeit“ feststellen.

Während allerdings die „älteren“ Eigenschaftstheorien auf der Suche nach einzelnen Eigenschaften waren, die für alle Situationen Geltung hatten und die als mehr oder minder unveränderlich angesehen wurden, fokussieren neuere Eigenschaftsansätze auf Prädiktoren für Verhaltensaggregate.

Die Theorienschule der (Neo-) Charismatischen Führung baut unter anderem auf den Theorien der Transformationalen Führung und der Visionären Führung auf. House und Shamir (1995) fassen umfangreiche empirische Arbeiten zur besonderen Qualität von Verhaltensweisen charismatischer Führer in 16 Punkten zusammen, die folgende Kernsätze enthalten:

Charismatische Führer entwickeln und fördern die Entstehung von Visionen, die Grundwerte verkörpern, die von Führern und ihren Mitstreiter:innen geteilt werden. Diesen Visionen sind sie ergeben und von deren moralischen Notwendigkeit und Richtigkeit überzeugt. Diese Visionen leben sie ihren Untergebenen auch demonstrativ vor. Charismatische Führer:innen zeigen eine hohe moralische Integrität gegenüber ihrem Gefolge.

  • Charismatische Führer:innen haben ein hohes Selbstvertrauen, stärkere Entschlossenheit und Ausdauer und sie verfügen über eine hohe Risikobereitschaft. Sie „kultivieren bewusst und bedächtig ein positives Image ihrer selbst“.
  • Charismatische Führer:innen wecken wahlweise das Gesellungs-, Macht- und Leistungsmotiv bei ihren Anhängern. Dabei haben sie diesen gegenüber hohe Erwartungen, aber auch hohes Vertrauen. Sie beurteilen ihre Geführten positiv, sind stolz auf sie und interessiert an deren positiver Entwicklung.
  • Charismatische Führer:innen sind große Kommunikatoren, die nach außen als Sprachrohr der Gemeinschaft dienen. Nach „innen“ bemühen sie sich, „Attitüden, Werte und Perspektiven der Geführten ihren eigenen anzugleichen“. Sie zeigen außergewöhnliches und innovatives Verhalten, transportieren Botschaften anregend, einfallsreich und mit starker emotionaler Tönung.

Eine gewisse augenscheinliche Validität ist dieser Aufzählung natürlich abzugewinnen. Jeder kennt aus Politik, Geschichte oder Wirtschaft wenigstens eine solche „charismatische“ Führungspersönlichkeit. Die Einwände gegen die transformationale Führungstheorie lassen sich auch auf diesen Ansatz ausweiten bzw. übertragen. Eine umfassende Kritik der charismatischen Führungstheorie findet sich bei Weibler (2012, S. 382).

Fazit

Der Begriff der Führung ist also noch nicht wirklich geklärt und definiert. Gemeinsam ist den meisten Definitionen, dass es sich um intendierte Verhaltensbeeinflussung in der Richtung eines Zieles handelt. Vielleicht reicht es zunächst eine Arbeitsdefinition in den Raum zu stellen: Führung ist jemanden zu etwas bringen, das er selbst nicht oder so nicht getan hätte:

  • weil er nicht die nötigen Informationen/ das nötige Wissen hat und/oder
  • weil er nicht die nötige Motivation besitzt

Die fehlenden Informationen lassen sich noch spezifischer aufgliedern:

  • fehlendes Fachwissen
  • fehlendes Wissen über Kompetenzen
  • fehlendes Wissen über Pläne
  • fehlende Wissen über Optionen

Bei den Motivationsdefiziten lassen sich unterscheiden:

  • fehlende Motivation
  • ungenügende Motivation

Zwei Beispiele für Führungshandeln

Gut dokumentierte Beispiele für Führungshandeln stammen meistens aus der Militärgeschichte. Im Folgenden zwei Beispiele für sehr unterschiedliches Führungshandeln.

Beispiel B.02.13: Fredenhall am Kesserine-Pass

Generalmayor Lloyd Fredenhall kommandierte ein US-Korps 1943 in Nordafrika. Im Vorfeld der Schlacht um den Kasserine-Pass in Tunesien – dem letzten Sieg des deutschen Afrika – Korps – ist folgende Passage dokumentiert: „Am 13. Februar, dem Tag vor dem deutschen Angriff, besuchte Eisenhower seinen Korpskommandeur. Er war entsetzt, als er feststellen musste, dass Fredenhall seinen Befehlsstand in einer abgelegenen Schlucht 110 Kilometer hinter der Front nicht ein einziges Mal verlassen hatte. [...] Zu seinen vorderen Einheiten hatte er nur telefonischen Kontakt; die gesamte Aufstellung der Truppen hatte er mit Hilfe von Karten großen Maßstabs vorgenommen, die auf dem Boden seines Hauptquartiers ausgebreitet waren.“ Als die Schlacht in vollem Gange war, gab Fredenhall häufig völlig unverständliche Befehle: „Verlegen Sie Ihr Kommando, das heißt, die Fußgänger, die Knallbüchsen, Bakers Haufen und den Haufen, der das Gegenteil von Bakers Haufen ist, und den großen Knaben sobald wie möglich nach M. Es ist genau nördlich von da wo Sie sich jetzt befinden. Ihr Chef soll sich bei dem französischen Gentleman melden, dessen Name mit J beginnt und zwar an einem Ort namens D, der sich fünf Planquadrate links von M befindet.“

(David, 2002)

In diesem Befehl ist nichts von dem zu finden, was nach obiger Definition „Führung“ ausmacht. Es werden keine oder nur lückenhafte Informationen gegeben (Warum Fredenhall wichtige Worte durch Anfangsbuchstaben abkürzte, ist nicht geklärt.), es wird kein Plan erläutert und es werden keine möglichen Optionen dargestellt. Von einer motivierenden Wirkung einer solchen Anweisung ist auch nicht auszugehen.

Beispiel B.02.14: Grant bei Shiloh

Etwas anders stellt sich das Führungsverhalten von General Ulysses S. Grant 1862 in der Schlacht von Shiloh im amerikanischen Bürgerkrieg dar. Die konföderierten Truppen hatten Grant überraschend angegriffen. Viele seiner Truppen waren bereits in wilder Flucht, als er im Sattel sitzend eine Nachricht an einen untergebenen Truppenführer schrieb, der Verstärkungen heranbringen sollte: „Der Angriff auf meine Streitkräfte wird seit dem Morgen sehr energisch geführt. Das Eintreffen frischer Truppen auf dem Feld hätte beträchtliche Wirkung, weil es zum einen unsere Männer beflügelte, zum anderen den Feind entmutigen würde. Wenn Sie unter Zurücklassung Ihres Trosses am Ostufer des Flusses das Feld erreichen können, wird dieser Schritt uns zum Vorteil gereichen und uns möglicherweise den Sieg einbringen. Die Größe der Rebellenstreitmacht wird auf über 100.000 Mann geschätzt. Mein Hauptquartier liegt in einem Blockhaus auf dem Hügel, dort erwartet Sie ein Stabsoffizier, der Sie zu Ihrem Platz auf dem Feld führen wird.“

Im Gegensatz zu Fredenhall gibt Grant hier sehr genaue Informationen, er präsentiert einen genauen Plan, wie der Truppenführer zu seiner Stellung kommen kann, er schlägt als Option die Zurücklassung des Trosses vor und versucht zu motivieren, indem er dem Eintreffen frischer Truppen beträchtliche Wirkung zuschreibt.

4. Führung und Gruppen


Im Zusammenhang mit dem Thema Gruppen- bzw. Teamarbeit ist auch Führung ein Punkt, der zur Sprache kommen sollte. Damit klar wird, was wir in diesem Zusammenhang unter Führung verstehen, zuerst eine Definition:

Führung ist „… die Beeinflussung der Einstellungen und des Verhaltens von Einzelpersonen sowie der Interaktionen in und zwischen Gruppen, mit dem Zweck, bestimmte Ziele zu erreichen“ (Staehle et al. 1999, S. 328).

Weinert (1989, S. 555) bringt hier noch explizit den Punkt Kommunikation ins Spiel: „… Führung zielt darauf ab, durch Kommunikationsprozesse Ziele zu erreichen.“


4.1. Führung - nur ein Prozess von oben nach unten?


Häufig wird unter Führung ein Prozess verstanden, der in einer Hierarchie von oben nach unten verläuft (z.B. der Chef führt den Mitarbeiter). Die obige Definition zeigt jedoch, dass das nicht die einzige Richtung sein muss, in die Führung funktioniert, denn auch Mitarbeiter beeinflussen das Verhalten ihrer Vorgesetzten, um die Unternehmensziele besser zu erreichen.

Beispiel B.02.15: Führung durch Mitarbeiter

Ein Mitarbeiter schlägt seinem Vorgesetzten vor, neue Maschinen zu kaufen, um zeitsparender und mit weniger Ausschuss produzieren zu können.

Folgt der Vorgesetzte dem Vorschlag des Mitarbeiters, so kann man das als eine Art der Führung verstehen. Zwar ist der Vorgesetzte nicht verpflichtet dem Vorschlag zu folgen, und es hat auch keine Konsequenzen für ihn persönlich, wenn er dies nicht tut, allerdings kann er sich aber in der Sache vom Mitarbeiter führen lassen.

Hierzu nutzen sie verschiedenen Einflusstaktiken. Mit sachlicher Überzeugung des Vorgesetzten durch logisches Argumentieren, Freundlichkeit sowie der Bitte um Beratung durch die Führungskraft werden die angestrebten Ziele am wahrscheinlichsten erreicht.

Außerdem wird anhand der Definition deutlich, dass es in einer Gruppe nicht zwangsläufig nur eine Person geben muss, die die Gruppe führt, (auch wenn das nominell häufig der Fall ist), sondern, dass prinzipiell jedes Mitglied einer Gruppe — zumindest hin und wieder — Führung übernehmen kann.

4.2. Einflussfaktoren von Führung


Persönlichkeitsmerkmale

Trotzdem lohnt es sich zu betrachten, welche Faktoren auf individueller Ebene eine „große Führungspersönlichkeit“ wie z. B. John F. Kennedy oder Martin Luther King auszeichnen. In unserer Vorstellung verknüpfen wir mit solchen Namen wahrscheinlich Begriffe wie Charisma, Redegewandtheit, Kompetenz, Extrovertiertheit, sicheres Auftreten....

Die Forschungsergebnisse zum Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Führung dürften demnach eher etwas überraschen. Zwar wurden tatsächlich Korrelationen (= Zusammenhänge) zwischen Führungserfolg und Persönlichkeitsmerkmalen wie Charisma, Intelligenz oder Extrovertiertheit gefunden, diese waren aber gering. Und auch eine Person, die diese Eigenschaften prinzipiell besitzt, muss deshalb noch keine „gute“ Führungsperson sein. Die Vorstellung, dass es Persönlichkeitseigenschaften gibt, die eine Person von Geburt an dazu befähigen, Gruppen anzuführen, erweist sich also als falsch.


Die Situation

Denn eines darf bei der ganzen Sache nicht vernachlässigt werden: Die Situation, in der geführt wird. In gewisser Weise kommt hier auch wieder der Fundamentale Attributionsfehler zum Tragen: Wir schreiben den Führungserfolg oder –misserfolg eher der führenden Person zu, als der Situation.

Beispiel B.02.16: Wirtschaftliche Lage

Natürlich wird die Führung eines Unternehmens auch von der wirtschaftlichen Lage beeinflusst. Ist das Management erfolgreich, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens gut ist und die Auftragslage floriert, heißt das noch lange nicht, dass dies auch in wirtschaftlichen „Krisenzeiten“ der Fall sein wird. Häufig gehen wir aber genau von solchen Zusammenhängen aus.

Je nach Situation sind also bestimmte Eigenschaften und Vorgehensweisen gefragt, um erfolgreich zu führen.

Vielleicht ist Ihnen in Zusammenhang mit dem Thema Führung auch schon einmal der Begriff der Führungsstile begegnet. Darunter versteht man gewisse stabile Verhaltenstendenzen, seine Mitarbeiter zu führen. Die klassischen Führungsstile nach Lewin, Lippitt & White (1939) sind:

  • der autoritäre Führungsstil
  • der kooperative Führungsstil und
  • laissez-faire

Tabelle T.02.02: Führungsstile (Lewin et al., 1939, S. 273)

Authoritarian Democratic Laissez-faire
1. All determination of policy by the leader 1. All policies a matter of group
 discussion and decision, encouraged
 and assisted by the leader
1. Complete freedom for group or individual decision, without any leader participation.
2. Techniques and activity steps dictated by the authority, one at a time, so that future steps were always uncertain to lagre degree. 2. Activity perspective gained during first discussion period. General steps to group goal sketched, and where technical advice was needed the leader suggested two or three alternative procedures from which choice could be made. 2. Various materials supplied by the leader, who made it clear that he would supply information when asked. He took no other part in work discussions.
3. The leader usually dictated the particular work task and work companions of each member. 3. The members were free to work with whomever they chose, and the division of tasks was left up to the group. 3.Complete nonparticipation by leader
4. the dominator was "personal" in his praise and criticism of the work of each member, but remained aloof from active group participation except when demonstrating. He was friendly or impersonal rather than openly hostile. 4. The leader was "objective" or "fact minded" in his praise and criticism, and tried to be a regular group member in spirit without doing too much or the work. 4. Very infrequent comments on member activities unless questioned, and no attempt to participate or interfere with the course of events.

Die einzelnen Führungsstile sind z. T. schon durch ihre Namen mit Wertungen behaftet: z. B. der kooperative Führungsstil ist besser als der autoritäre Führungsstil. Das kann aber so pauschal nicht gesagt werden. Denn auch hier ist die Situation wieder zu berücksichtigen. So, wie es die „geborene Führungskraft“ nicht gibt, existiert auch nicht der „ideale Führungsstil“, der immer erfolgreich ist, sondern es kommt darauf an, je nach Situation auch sein Führungsverhalten anzupassen.

Beispiel B.02.17: Einsatzleitung bei einem Brand

Stellen Sie sich vor, Sie sind die Einsatzleitung der Feuerwehr bei einem Brand. Welchen Führungsstil würden Sie anwenden bzw. fänden Sie sinnvoll?

Wenn eine wichtige Entscheidung unter Zeitdruck getroffen werden muss (Löschen des Brandes), ist es unter Umständen sinnvoller, als Führungskraft (Einsatzleitung) eigenständig zu entscheiden und direktiv Aufgaben zu verteilen, als alle Mitarbeiter an der Entscheidungsfindung zu beteiligen und die Zuteilung der Aufgaben mit den Mitarbeitern abzusprechen.

Übung Ü.02.02: Führungsstile und Situationen

Überlegen Sie sich für jeden der 3 Führungsstile je ein Beispiel wo der entsprechende Führungsstil angebracht bzw. sinnvoll ist oder eines wo nicht. Diskutieren Sie das im Forum mit den anderen Teilnehmern. Hier kommt ihr direkt zum Forum.

Aus diesem Grund ist die Existenz von stabilen Führungsstilen auch in Frage gestellt worden, da es sich hier ja um stabile Verhaltenstendenzen handelt, die unabhängig von der Situation gezeigt werden.


Merkmale der Geführten

Erfolgreiche Führung hängt aber natürlich auch noch von einer dritten Komponente ab, den Merkmalen der Personen, die geführt werden. Denn um die Einstellungen und das Verhalten anderer tatsächlich zu beeinflussen, muss auch auf ihre Bedürfnisse eingegangen werden.

Beispiel B.02.18: Arbeitserfahrung

Ein Lehrling braucht mehr Anleitung und Hilfestellung bei einer Aufgabe als ein/e Mitarbeiter:in, der/die schon jahrelang im Unternehmen tätig ist. Ein/e erfahrene/r Mitarbeiter:in, der/die seit Jahren schon den Job macht, sich unter Umständen gekränkt oder zumindest gegängelt fühlt, wenn er/sie gesagt bekommt, wie der Job gemacht werden soll, vor allen, wenn es genauso ist, wie er/sie es eh machen würde.

4.3. Führung und Zusammenarbeit bei Gruppenentscheidungen


Müssen Entscheidungen zu Problemen in der Gruppe getroffen werden, ist das für eine Führungskraft häufig keine leichte Situation, vor allem, wenn die Mitglieder:innen aus unterschiedlichen fachlichen Bereichen stammen. Es stellt sich die Frage: Soll man selbst in die Diskussion eingreifen oder sie nur moderierend begleiten? Wie soll man sich verhalten, wenn es zu keiner einvernehmlichen Lösung kommt? In der Praxis finden sich in einer solchen Situation zwei Modelle des Vorgehens, die z. T. auch gemischt zur Anwendung kommen:

  • Die Cheflösung
  • Vorgehen nach Zuständigkeit


Die Cheflösung

Bei diesem Modell übernimmt die Führungsperson die Leitung der Gruppendiskussion, in der ein von ihm entwickelter Lösungsentwurf - die Cheflösung – auf den Prüfstand gestellt wird. Die Aufgabe der anderen Gruppenmitglieder ist es hier, diesen Vorschlag anhand ihres Fachwissens auf mögliche Hindernisse und Unstimmigkeiten durchzusehen und seine Umsetzbarkeit zu bewerten.

Der Vorteil der Cheflösung liegt darin, dass der Weg von der Entscheidungsfindung zur tatsächlichen Handlung hier relativ schnell vonstattengeht, da nur ein Vorschlag genau beleuchtet werden muss. Dieses Vorgehen eignet sich deshalb für Situationen mit „… relativ niedriger Aufgabenkomplexität und hohe[m] [Entscheidungsdruck] …“ (Boos, 1998, S. 86) sowie zur Absicherung von bereits getroffenen Entscheidungen.


Vorgehen nach Zuständigkeit

Anders als bei der Cheflösung, bringen beim Vorgehen nach Zuständigkeit alle aus der Gruppe entsprechend ihres fachlichen Hintergrundes mögliche Lösungsvorschläge in die Diskussion ein. So werden unterschiedliche Sichtweisen und Meinungen bei der Entscheidungsfindung zur Sprache gebracht. Wichtig ist hier, die eingebrachten Argumente auch objektiv zu betrachten und zu durchdenken. Wird dies nicht getan und mögliche Einwände wegrationalisiert, besteht die Gefahr des Gruppendenkens. Im Laufe dieses Prozesses entwickelt dann die Führungsperson aus diesen unterschiedlichen Ansätzen und Sichtweisen einen gemeinsamen Lösungsansatz. Idealerweise wird die Gruppe aktiv an dieser Entwicklung beteiligt, es ist jedoch auch durchaus möglich, dass die Führungsperson diese Aufgabe alleine übernimmt.


Ein weiteres Modell – das Integrative Vorgehen

Auch wenn beim Vorgehen nach Zuständigkeit bereits verschiedene fachliche Bereiche berücksichtigt werden, sind die einzelnen Lösungsansätze nur auf einen bestimmten Bereich begrenzt. Die Vernetztheit mit den anderen Bereichen sowie mögliche Neben- und Fernwirkungen werden hierbei – auch nach der Integration zu einem Gesamtvorschlag - häufig übersehen, was bei komplexen Problemen fatale Folgen haben kann. Aufgrund dessen wurde für die Entscheidungsfindung bei unbekannten und komplexen Problemen das integrative Vorgehen entworfen, welches das unterschiedliche Wissen der einzelnen Gruppenmitglieder in der direkten Zusammenarbeit explizit nutzt, um eine fachübergreifende Lösung zu finden, diese aus möglichst vielen Blickwinkeln zu beleuchten und Fehleinschätzungen zu minimieren. Die Gruppenmitglieder arbeiten bei dieser Form der Zusammenarbeit also daran, ein gemeinsames, ressortübergreifendes Mentales Modell zu entwickeln. Im integrativen Vorgehen, kommen demnach „… Ergebnisse und Forderungen der Forschung zum komplexen Problemlösen …“ (Boos, 1998, S. 87) zur praktischen Anwendung. Die Führungsperson sollte sich bei dieser Art der Entscheidungsfindung tatsächlich ganz auf die Moderation der Lösungsfindung konzentrieren, sich inhaltlich aber nicht an der Diskussion beteiligen.


Fazit

Auch in diesen Modellen der Führung und Zusammenarbeit bei Gruppenentscheidungen wird deutlich, dass es keine pauschale Vorgehensweise für alle Fälle gibt, sondern sowohl das Führungsverhalten als auch der Prozess der Lösungs- und Entscheidungsfindung an die gegebene Situation angepasst werden muss. Auch wenn Sie selbst bei Gruppenentscheidungen nicht offiziell die Führungsrolle innehaben, können Sie anhand dieses Wissens (z.B. durch Führung von unten) ihren Beitrag dazu leisten, den dahinterstehenden Prozess zu optimieren.

5. Macht


Der Soziologe Max Weber (1972) definiert Macht als die „Chance innerhalb einer sozialen Beziehung den eignen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruht“ (Weber, 1972, S.28). Macht ist also die Fähigkeit eines Menschen (oder einer Gruppe) auf seine soziale Umwelt Einfluss zu nehmen. In der Psychologie werden die Begriffe Macht, Selbstwirksamkeit, Kontrollüberzeugung und Kompetenz weitgehend synonym gebraucht. Das Streben nach sozialem Einfluss stellt gemäß der Psi-Theorie von Dietrich Dörner ein menschliches Grundbedürfnis dar.

Beispiel B.02.19: Macht als sozialer Einfluss (1)

Macht spielt überall eine Rolle, wo soziale Beeinflussung stattfindet:

  • ein quengelndes Kind im Supermarkt,
  • ein Handwerker, der den verstopften Abfluss inspiziert und dabei hörbar „das wird nicht billig...“ murmelt,
  • eine Freundin, die sich tagelang nicht meldet,
  • ein Trainer, der unbotmäßige Spieler auf die Ersatzbank verbannt,
  • eine Vorgesetzte, die einem Mitarbeiter die Gehaltserhöhung verweigert oder
  • ein US-Präsident, der mit Wirtschaftssanktionen droht.

Es sind viele verschiedene Formen der Machtausübung denkbar: Einzelpersonen können gegenüber anderen Einzelpersonen Macht ausüben (z.B. Mutter und Kind), Gruppen können Einzelpersonen ihren Willen aufzwingen (z.B. Anpassung an Gruppennormen) oder umgekehrt (z.B. „Whistle-Blower“). Ebenso setzen Organisationen, die unterschiedliche Ziele verfolgen, ihre Machtmittel ein, um ihre Interessen durchzusetzen (z.B. Tarifstreit). Worin unterscheiden sich diese Formen der Machtausübung? Im nächsten Abschnitt suchen wir eine Antwort auf diese Frage.


5.1. Machtmittel: Quellen der Macht


Die von Weber (1972) postulierte „Chance“ zur sozialen Einflussnahme, setzt Machtmittel voraus, die Personen oder Gruppen zur Durchsetzung ihrer Ziele einsetzen können. Was sind das für Mittel? Welche Formen der Machtausübung sind denkbar? Die Sozialpsychologen French und Raven unterscheiden fünf verschiedene „Machtquellen“.

Machtquellen nach French & Raven (1959)

  • Belohnungsmacht (reward power)
  • Sanktionsmacht (coercive power)
  • Expertenmacht (expert power)
  • Identifikationsmacht (referent power)
  • Legitimationsmacht (legitimate power)


Belohnungsmacht

Belohnungsmacht (reward power) entsteht nach French & Raven (1959) aus Ressourcen der einen Partei, die es ihr ermöglichen Belohnungen zu vergeben. Diese Belohnungen können materieller oder immaterieller Natur sein. Innerhalb einer Organisation kann z.B. die Möglichkeit zur Lohnerhöhung (materielle Belohnung) oder die Vergabe von Lob und Anerkennung (immaterielle Belohnung) Machtbasen von Vorgesetzten sein. Es ist dabei aber zu beachten, dass Machtbasen immer relativ sind. Ob etwas eine Belohnung für jemanden darstellt, ergibt sich aus der subjektiven Sicht des zu Beeinflussenden. Die Anerkennung, das Lob durch den Vorgesetzten kann für den einen Mitarbeiter wichtig sein und damit Belohnungscharakter haben, für einen anderen Mitarbeiter kann dies völlig belanglos sein. Auch eine Lohnerhöhung kann für einen jungen Familienvater mit hohen finanziellen Verpflichtungen fast schon lebenswichtig sein, für einen älteren oder grundsätzlich vermögenden Mitarbeiter kann sie fast völlig unwichtig sein. Auch die oben gemachte Unterscheidung zwischen materiellen und immateriellen Belohnungen ist als relativ anzusehen. Der gerade geschilderte ältere oder vermögende Arbeitnehmer mag zwar die Lohnerhöhung nicht als materielle Belohnung ansehen, sie aber trotzdem als Anerkennung oder Lob empfinden und deshalb dem Willen des Vorgesetzten folgen.

Belohnungen für Belohnungsmacht

Nach Fischer und Wiswede (2014, S. 552-553) wird die potentiell Macht ausübende Partei Belohnungen umso eher einsetzen:

  • je kostengünstiger Belohnungen zur Verfügung stehen,
  • je weniger man selbst auf diese Mittel angewiesen ist,
  • je eher man davon ausgeht, dass die andere Partei dies auch als Belohnung ansieht
  • je eher man eine langfristige Zusammenarbeit mit der anderen Partei anstrebt
  • je mehr man für die andere Partei attraktiv sein will.


Sanktionsmacht

Sanktionsmacht (coercive power) entsteht durch die Möglichkeit einer Partei Zwang auszuüben. Dies kann durch die Androhung von physischer Bestrafung passieren (z.B. Folterandrohung), durch Androhung materieller Verluste (z.B. Degradierung, Strafzettel) oder durch den Entzug von Anerkennung, Lob und Liebe.

Die beiden folgenden Videobeispiele (siehe Wiki) zeigen den Einsatz von Sanktionsmacht/Belohnungsmacht bei der Zusammenstellung eines Projektteams. Ob diese Macht jedoch auch Wirkung zeigt, ist aber auch davon abhängig, ob die Person, auf die Macht ausgeübt werden soll, die Sanktion für sich auch als Verlust bzw. Bestrafung ansieht (siehe Belohnungsmacht).

Bedingungen für Sanktionsmacht

Sanktionsmacht kommt nach Tedeschi und Felson (1994) vor allem zum Einsatz,

  • wenn keine anderen Machtbasen – mehr – vorhanden sind (z.B. letzte Option im Erziehungsverhalten)
  • wenn der Machtausübende Befriedigung/Genugtuung aus der Unterwerfung anderer schöpft 
  • wenn der Machtausübende schnelle Erfolge (z.B. Umsatzsteigerung oder Aufmerksamkeit durch Vorgesetzte) erzielen will und dabei langfristige negative Folgen ausblendet
  • wenn Bestrafung durch Autoritäten gefordert wird.


Expertenmacht

Expertenmacht entsteht, wenn einer Partei Wissen über den Realitätsbereich zugeschrieben wird, über das die andere Partei nicht verfügt. Im Allgemeinen gilt das für die verschiedenen Berufsgruppen bzw. Berufe, die auf irgendeiner Art von Ausbildung (z.B. Lehre, Studium) beruhen.

Beispiel B.02.20: Macht als sozialer Einfluss (2)

Der Hinweis des Arztes auf die Schädlichkeit des Rauchens oder die Aufforderung von Klimaexperten auf den Gebrauch von FCKW-Produkten zu verzichten gehört in diese Kategorie.

In beiden Fällen wird eine Partei geneigt sein, dem Willen der Experten nachzukommen, wenn sie ihm spezielles Wissen über die Entstehung von Krebs oder des Ozonlochs zubilligt.


Legitimationsmacht

Verkehrszeichen – wie etwa Geschwindigkeitsbeschränkungen und Parkverbote – stellen den Versuch dar, Verhalten durch legitimierte Macht zu beeinflussen. Verkehrsteilnehmer befolgen diese Einschränkungen, wenn sie daran glauben, dass die Straßenverkehrsbehörde legitimiert ist, Verhalten einzuschränken. Legitimate Power setzt in einer Gruppe, Organisation oder Gesellschaft eine starke und klare (transparente) Hierarchie voraus.


Identifikationsmacht

Referenz- oder Identifikationsmacht entsteht durch Fähigkeit des Machtausübenden, bei den Bezugspersonen ein Gefühl der Verbundenheit hervorzurufen. Ein Kind oder ein Jugendlicher können der Anweisung oder dem Rat eines Erziehers gegen ihren eigenen Willen folgen, weil sie davor zurückschrecken die Referenzperson zu enttäuschen und damit negative emotionale Konsequenzen für sich erwarten. Diese Machtbasis entsteht durch das Verlangen einer Partei sich mit dem Machtausübenden zu identifizieren. Führungspersonen mit hohem Charisma sind dazu fähig, dieses Motiv bei Gruppenmitgliedern zu wecken.


Informationsmacht

Informationsmacht bezieht sich auf Verfügbarkeit von Information und Informationskanälen als Ressourcen für die Machtausübung. Das gezielte Streuen von Informationen oder das Vorenthalten dieser kann Parteien dazu bringen gegen ihren bisherigen Willen ein gewünschtes Verhalten zu zeigen oder ein unerwünschtes einzustellen. Das Agieren der US-Regierung gegenüber der UNO vor dem zweiten Irak-Krieg kann hier als Beispiel dienen. Die – falsche – Information, der Irak verfüge über einsatzfähige Massenvernichtungsmittel veranlasste bisher zögerliche Staaten zum Einlenken.

5.2. Anwendung: Macht und Führung


Die Abgrenzung der Kostrukte Macht und Führung gestaltet sich als schwierig: Zunächst ist festzustellen, dass jemand andere Menschen nur dann führen kann, wenn er über geeignete Machtmittel verfügt.

In eigenschaftstheoretischen Ansätzen würden sich die Machtquellen alleine auf die Identifikationsmacht (referent power) nach French & Raven (1959) beschränken. Mit besonderen Eigenschaften ausgestattete Führer könnten diese einsetzen, um Geführte (Untergebene) zu führen.

In verhaltensorientierten Theorieansätzen müssten sehr viel mehr Variablen von vorne herein definiert sein. Welches Verhalten kann welcher Führer zu welcher Situation ausführen, das zum gewünschten Erfolg führen wird?

Besonders interessant wird es bei transaktionellen und transformationalen Führungsansätzen.

Welche Transaktionen und welche Transformationen kann der Führer den Geführten bieten und sind diese für die Geführten attraktiv bzw. motivierend?

Gerade hier muss der Führer ein sehr genaues mentales Modell über seine Gruppenmitglieder haben.

Mangelnde Evaluation gehört auch zu den Folgen von Groupthink-Phänomenen. Welche Faktoren für das Auftreten von Gruppendenken in einer Selbsthilfegruppe begünstigen, soll im Folgenden dargestellt werden. 

Beispiel B.02.21: Die Rede König Heinrichs V. vor der Schlacht bei Azincourt

WESTMORELAND. O wenn wir nun doch nur zehntausend von jenen Männern in England hier hätten, die heute keine Arbeit tun!

KÖNIG HEINRICH. Was ist er, der das wünscht? Mein Vetter Westmoreland? Nein, mein edler Vetter: Wenn wir dazu bestimmt sind zu sterben, sind wir genug, [20] um unserem Land Verlust zuzufügen; und wenn zu leben, je weniger Männer, umso größer der Anteil der Ehre. Gottes Wille! Ich bitte dich, wünsche nicht einen Mann mehr. Bei Jupiter, ich bin nicht gierig nach Gold, noch kümmere ich mich darum, wer auf meine Kosten sich ernährt; [25] es bringt mir nichts ein, wenn Männer meine Kleidung tragen; solch äußere Dinge wohnen nicht in meinen Wünschen: Aber wenn es eine Sünde ist, Ehre zu erstreben, bin ich die sündigste Seele, die lebt. Nein, beim Glauben, mein Vetter, wünsche nicht einen Mann von England: [30] Gottes Frieden! Ich wünschte nicht, so viel Ehre zu verlieren, wie ein Mann mehr, glaube ich, mit mir teilen würde, denn ich habe die beste Hoffnung. O wünsche nicht einen mehr! Eher rufe es aus, Westmoreland, in meiner ganzen Heerschar, dass derjenige, der keinen Mut hat zu diesem Kampf, [35] zurückkehren kann; sein Pass soll ausgestellt und Kronen zum Geleit in seine Börse gesteckt werden: Wir wünschten nicht, in der Gesellschaft desjenigen Mannes zu sterben, der fürchtet, seine Kameradschaft könne mit uns sterben. Dieser Tag wird das Fest des Crispian37 genannt: [40] Wer diesen Tag überlebt und sicher heimkommt, wird auf Zehenspitzen stehen, wenn dieser Tag genannt wird, und sich erheben bei dem Namen Crispian. Wer diesen Tag sehen wird und bis ins hohe Alter lebt, wird jährlich am Vorabend seine Nachbarn bewirten [45] und sagen: »Morgen ist Sankt Crispian.« Dann wird er seinen Ärmel hochstreifen und seine Narben zeigen und sagen: »Diese Wunden erhielt ich am Crispianstag.« Alte Männer vergessen; wenn auch alles vergessen sein soll, wird er aber mit leichten Übertreibungen sich daran erinnern, [50] welche Taten er an jenem Tag vollbrachte. Dann sollen unsere Namen, seinem Mund vertraut wie Haushaltswörter, Harry der König, Bedford und Exeter, Warwick und Talbot, Salisbury und Gloucester, in ihren überfließenden Bechern frisch erinnert werden. [55] Diese Geschichte soll der gute Mann seinen Sohn lehren; und Crispin Crispian soll niemals vergehen, von diesem Tag bis zum Ende der Welt, ohne dass unser an ihm gedacht wird. Wir wenigen, wir glücklichen wenigen, wir Schar von Brüdern; [60] denn wer heute sein Blut mit mir vergießt, soll mein Bruder sein; sei er noch so niedrig, dieser Tag soll seinen Stand adeln; und Edelleute, die jetzt in England zu Bett sind, sollen sich selbst für verflucht halten, dass sie nicht hier waren, [65] und ihre Männlichkeit billig halten, wenn irgendjemand spricht, der mit uns am Sankt-Crispianstag kämpfte.

(Shakespeare, 2019, S. 185,187,189)

Die Rede, die Shakespeare hier Heinrich V. in den Mund legt ist ein rhetorisches Meisterwerk und ein Höhepunkt der angewandten Psychologie. Auf die St. Crispins-Tag- Rede wird im Anglo-amerikanischen Kulturraum besonders oft Bezug genommen, wenn es darum geht, eine begrenzte Personenzahl für eine besondere Herausforderung zu motivieren oder zu belohnen. So nimmt der Titel der amerikanischen Fernsehserie Band of Brothers (Frankel et al, 2001) ebenso auf diese von Shakespeare verfasste Ansprache Bezug, wie das Zitat We few, we happy few, we band of brothers in einem Fenster der Westminster Abbey, das den Anstrengungen der Royal Air Force während der Luftschlacht um England gewidmet ist. Allerdings war auch der Reichspropagandaminister Joseph Goebbels ein großer Verehrer von Shakespeares Werken. In seiner Sportpalastrede („Wollt ihr den totalen Krieg?“) vom Herbst 1942 folgte Goebbels in auffälliger Weise dem Duktus der St. Crispins-Tag-Rede aus Heinrich V. 

Aufgabe Ü.02.03: Versuchen Sie auf der Basis von Transaktions- und Transformationsprozessen die Rede Heinrich V zu analysieren.

  • Was bietet Heinrich V. seinen Gefolgsleuten für ihre Teilnahme an der Schlacht?
  • Auf welche Befürchtungen geht er ein?
  • Welche Hoffnungen nimmt er auf und wie verstärkt er sie?
  • Was „droht“ jemanden, der jetzt aufsteht und sagt „Ach, das hatte ich mir anders vorgestellt!“

Diskutieren Sie im Forum, ob und warum eine solche Rede heute nicht mehr funktionieren würde. Hier kommt ihr direkt zum Forum.

Exkurs E.02.01: Trumps Rhetorik

Nachdem Donald Trump zum neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt wurde, sprach er am nächsten Tag in seiner Siegesrede zu der Nation. Das folgende Video zeigt einen kurzen Zusammenschnitt der Rede. (Den Text seiner gesamten Rede kann hier nachgelesen werden: https://edition.cnn.com/2016/11/09/politics/donald-trump-victory-speech/index.html)

Video V.02.02: Siegesrede von Trump


([Express & Star], 2016, 9. November)

Die Rede von Trump (2016) zeigt, dass er es versteht mit Sprache umzugehen. Er erzeugt mit wenigen Sätzen ein fesselndes Gefühl und greifbare Emotionen, die stärker sind als jedes faktenbasierte Argument. Wie erreicht er das? 

    • In seinen Reden verwendet er hauptsächlich kurze Sätze, die eine leicht zu verstehende Botschaften vermitteln. In seiner Siegesrede schließt er mit den Sätzen: „Es ist mir eine Ehre. Es war ein unglaublicher Abend, es waren unglaubliche zwei Jahre. Und ich liebe dieses Land.“ ab. Eine Analyse der Carnegie Mellon University in Pittsburgh kam zu dem Ergebnis, dass Trumps grammatisches Niveau unter dem eines Sechstklässlers liegt. Nur ein ehemaliger amerikanischer Präsident schnitt noch schlechter ab: George W. Bush (Schumacher & Eskenazi, 2016). Unter diesem Link findet ihr die Studie: https://arxiv.org/pdf/1603.05739.pdf  .
    • Trump unterscheidet in Ingroup und Outgroup. Er spricht von „wir“, „die Amerikaner“ und „unserem Sieg“ und schließt damit alle Zuhörer ein, ein Teil einer „großartige Bewegung von Millionen hart arbeitender Männer und Frauen“ zu sein. Er vermittelt, noch deutlicher in anderen Reden, das Bild, dass seine Wählerschaft die richtige Sicht auf die Welt hat und die Anständigen sind. Anderen Personen und Nationen zeigen demnach nicht erwünschte Einstellungen und Verhalten. Dem ersten Anschein nach klingt seine Rede fast inklusiv, aber im Grunde entscheidet Trump wer zu dem „Volk“, von dem er spricht, dazu gehört und wer nicht.
    • Er verwendet ausschmückende Adjektive, um Emotionen in dem Zuhörer auszulösen. Trump verspricht seinen Anhängern eine „bessere, leuchtende Zukunft“ und fordert sie auf „groß und kühn und gewagt (zu) träumen“. 
    • Inhaltlich ist Trump ein Meister darin mit seinen Worten Unwahrheiten zu erzählen. Die Lügen bleiben so lange aufrechterhalten und somit Wahrheit im öffentlichen Raum, bis sie enttarnt wurde und durch eine neue Lüge von ihm ersetzt werden. 

Aufgabe Ü.02.04: Wie und warum wirkt diese Rede? Könnt ihr noch andere sprachliche Auffälligkeiten feststellen? Was unterscheidet sie von der Rede Heinrich V? Diskutieren Sie im Forum. Hier kommt ihr direkt zum Forum.

5.3. Anwendung: Macht und Teamarbeit


Macht und Gruppe

In Gruppen und Teams spielen vielfältige Machteinflüsse eine Rolle. So wird die Rollenverteilung in einer Gruppe hauptsächlich über die jeweils vorhandenen Machtmittel der einzelnen Gruppenmitglieder geschehen. Expertenmacht wird in einer Arbeitsgruppe (Team) einen höheren Einfluss auf die Vergabe von Gruppenrollen haben, als in einem informellen Bekanntenkreis. Hier wird zum einen die Identifikationsmacht einen Einfluss haben, zum anderen die Belohnungs- und Sanktionsmacht (z.B. durch Entzug von Anerkennung und Zuwendung).


Macht und Teamarbeit

Macht kann also nicht immer nur von oben, durch den direkten Vorgesetzten oder andere höher gestellte Mitarbeiter ausgeübt werden, wie es in den Videobeispielen im Artikel Macht zu sehen ist, sondern spielt auch im Team eine Rolle, egal, ob dieses aus Mitarbeitern unterschiedlicher Hierarchieebenen besteht, oder nicht. Welchen Einfluss Macht in einem Team haben und wie sie sich äußern kann, soll an dem im Videobeispiel zusammengestellten Projektteam veranschaulicht werden. 

Video V.02.03: Projektteam: Macht wirkt nicht

 

(Eigene Produktion)


Video V.02.04: Projektteam: Macht wirkt

  (Eigene Produktion)


Beispiel B.02.22: Sitzung einer Seminargruppe

Die Protagonisten:

  • Frau Brühl: Leitung des Empiriepraktikums 
  • Julia: verantwortlich für das Studiendesign 
  • Florian: verantwortlich für die Studiendurchführung 
  • Martin: verantwortlich für die Studienauswertung 
  • Anna: Kommunikation mit Studienteilnehmenden 

Julia: „Ich darf euch heute ganz herzlich zu unserer Teamsitzung begrüßen. Letzte Woche haben wir schon grobe Ideen für unsere Studie gesammelt. Ich hoffe heute können wir daran anknüpfen. Unsere Idee, wie sich verschiedene Düfte auf die Konzentrationsfähigkeit auswirken, finde ich immer noch spannend, vor allem wenn wir die Daten draußen erheben. Vielleicht können wir mit einem Teil in die viel befahrene Innenstadt gehen und mit den anderen in den Wald, um dort die Konzentrationsfähigkeit zu messen.“ 

Frau Brühl: „An diesem Punkt würde ich gerne meine Bedenken äußern. Wenn ihr eure Studie draußen durchführen möchtet, habt ihr so viele Störvariablen, die ihr nicht kontrollieren könnt. Ich halte es daher für sinnvoller, wenn ihr die Studie in unserem Labor mit Raumdüften durchführt.“ 

Julia: „Ich dachte Sie hätten am Anfang unseres Empiriepraktikums gesagt, dass wir in unserer Forschungsfrage und Durchführung freie Hand haben und uns nur bei Fragen unterstützen. Wir wollten keine langweilige Laborstudie machen, sondern mal was anderes machen und raus gehen.“ 

Florian zu Martin (flüsternd): „Ich habe gleich gesagt, dass wir ins Labor gehen sollten. Das wäre auch viel einfacher durchzuführen. Julia hat sich da voll drauf versteift, die Datenerhebung in einem natürlichen Setting zu machen. Aber sie muss ja auch nicht das Chaos bei der Durchführung und Datenauswertung ausbaden.“  

Florian: „Vielleicht mag das für dich nicht so relevant erscheinen Julia, aber ich bin derjenige der die Studie mit den Versuchspersonen durchführen muss. Ich habe auch letzte Woche schon gesagt, dass es einfacher ist, wenn wir die Studie in dem Labor des Lehrstuhls durchführen. Ich habe keine Lust eine Woche lang durch die Stadt und den Wald zu irren und Orte zu finden an denen die Studienteilnehmenden einen Konzentrationstest machen können. Außerdem können wir im natürlichen Setting nicht davon ausgehen, dass es immer gleich riecht und es gibt noch so viel mehr störende Einflüsse. Was ist, wenn es währenddessen zum Regnen kommt? Was messen wir dann?“ 

Julia: „Florian, ich darf doch sehr bitten! Wir sind doch ein Team, die an einem gemeinsamen Strang ziehen sollten. Wenn du letzte Woche auch schon gegen eine Durchführung draußen warst, habe ich das zumindest nicht mitbekommen. Vielleicht hast du es wie eben auch nur flüsternd zu Martin kommuniziert. Bei mir ist es jedenfalls nicht angekommen. Du hattest sowieso keine Lust auf unsere Gruppe. Meine Freundin Lena würde sich z.B. sehr freuen, wenn sie noch ein Platz in unserer Gruppe bekommt, weil die Plätze für das Empiriepraktikum, wie wir alle wissen, sind leider begrenzt. Was sagst eigentlich du dazu Anna? Schließlich war ich letzte Woche nicht allein bei unserer Gruppensitzung. Habe ich da was nicht mitbekommen?“ 

Anna: „Ich finde, wir sollten aufhören zu streiten, das führt doch zu nichts. Ich kann von meiner Seite aus nur sagen, dass wir auf Frau Brühl hören sollten. Sie hat schon mehrere Studien durchgeführt. Warum nicht auf ihre Erfahrungen zurückgreifen. Wir sind ja schließlich alle total unerfahren. Vielleicht sollten wir uns einfach auf das Labor einigen und uns dann auf die eigentliche Fragestellung konzentrieren. Wir können uns ja dann bei den Raumdüften austoben, da gibt es sicher auch ein paar besondere Varianten, die unsere Studie auch im Labor spannend machen.“ 

Frau Brühl: „Das ist eine gute Idee Anna. Denn davon hängt ja auch euer eigentliches Interesse ab. Meiner Meinung nach kann eine Laborstudie auch spannend sein. Insbesondere dann, wenn man noch keine Studie davor durchgeführt hat.“ 

Aufgabe Ü.02.05: Natürlich läuft eine Projekt-/Arbeitsbesprechung nicht immer mit solchen „Machtspielchen“ ab wie in unserem Beispiel, trotzdem spielt Macht wohl in allen Gruppen und Teams eine Rolle. Diskutieren Sie:

  • Welche Arten von Macht kommen in unserem Teameam zum Einsatz?
  • Was kann man ihrer Meinung nach tun, um solche Machtspielchen zu verhindern?
Hier kommt ihr direkt zum Forum.

5.4. Anwendung: Macht und Beratung


Natürlich wird auch in Beratungssituationen Macht thematisiert:

  1. die Macht der Droge in einer Suchtberatung
  2. die Macht der Banken in einer Schuldnerberatung
  3. die Macht der Partner in einer Eheberatung etc.
  4. die „Ohnmacht“ der Erziehenden in einer Erziehungsberatung

Die verschiedenen tatsächlichen und subjektiv wahrgenommenen (Mentale Modelle) Machtressourcen von Beteiligten sind grundsätzlich Teil des zu beratenden Problems.

Will man darüber hinaus aber das Thema „Macht“ in der Beratungsbeziehung thematisieren, wird es meist schwierig.

Bei vielen Beratern wird man die Meinung finden, dass Macht in der Beratungssituation keinen Platz haben darf. Und bei vielen Ratsuchenden wird man - wahrscheinlich - die subjektive Erfahrung erfragen können, dass Macht in der Beratungssituation einen großen Platz eingenommen hat.

Viele Beratungsansätze schreiben dem Beratenden wenigstens Expertenmacht (expert power) zu. Ein tiefenpsychologisch-orientierter Berater wird einen Abwehrmechanismus wahrnehmen können, den der Ratsuchende selbst so nicht erkennen kann. Ein kognitiv-verhaltensorientierter Berater wird vielleicht folgendes „erkennen“:

Beispiel B.02.23a: Der tägliche Kampf um die Hausaufgaben

Eine Mutter schildert das für sie nicht mehr ertragbare Verhalten ihres Sohnes, wenn er Hausaufgaben machen soll: 

Verweigerung 

Flucht 

Weinkrämpfe 

Aggression 

Jeder Nachmittag wird zu einer Tortur für Mutter und Sohn:

Es ist Dienstagnachmittag 13:30 Uhr. Max (11 Jahre alt) kommt gerade von der Schule nach Hause. Das Mittagessen steht schon auf dem Tisch – seine Leibspeise. Die Mutter hat sie ihm liebevoll zubereitet und hübsch auf seinem Teller angerichtet. Sie hofft nun, dass das mit den Hausaufgaben heute besser klappt, als in den letzten Wochen. Schließlich hat sie ihrem Jungen jetzt ja etwas Gutes getan.

Gestärkt vom Mittagessen und einer kurzen Pause vor dem Fernseher soll Max nun mit den Hausaufgaben beginnen. Da es heute wieder besonders viele sind, vor allem in Mathe, womit Max einige Probleme hat, ahnt sie bereits, was ihr noch blüht. Es ist mittlerweile 14:30 Uhr und Max hat von 18:00-19:30 Uhr noch Fußballtraining, zu dem er leidenschaftlich gerne geht. Bis er wieder aus dem Haus muss, soll er die Hausaufgaben erledigt haben.

Als die Mutter ihn um 14:45 Uhr freundlich an seine Hausaufgaben erinnert, bleibt Max vor dem Fernseher sitzen und schaut neugierig das Nachmittagsprogramm. Um 15:00 Uhr schaut erneut die Mutter ins Wohnzimmer, um nach dem Stand der Hausaufgaben zu fragen. 

Als sie um 16:00 Uhr den Fernseher einfach ausschaltet und Max vor die Wahl stellt die Hausaufgaben entweder jetzt zu machen oder anstelle des Fußballtrainings, rennt Max beleidigt in sein Zimmer. Als die Mutter ihm nachgeht, verschließt er seine Tür und schreit, dass sie ihm nicht einfach jeglichen Spaß verbieten könne. Schließlich brauche er zum anstrengenden Schulalltag auch einen Ausgleich; er könne nicht pausenlos über den „Schulkram“ nachdenken.

Die Mutter versucht ihm zu erklären, dass sie ihm seinen Ausgleich gar nicht verbieten will, aber sich um seine Noten sorgt. Es steht nämlich bald eine Mathearbeit an und Max könnte eine gute Note wirklich gebrauchen. Daraufhin hört sie nur noch lautes Schluchzen.

Durch guten Zuspruch kann sie den Jungen wenigstens dazu bewegen, seine Tür wieder aufzusperren. Doch als sie das Zimmer betritt, fliegt ihr bereits das Matheheft entgegen. Unter Tränen schreit Max seine Mutter an. Jeglicher Zuspruch und Erklärungsversuch der Mutter stößt auf taube Ohren. Max wird nur noch wütender. Als er dann noch anfängt seine Mutter zu beschimpfen, verlässt sie weinend Max‘ Zimmer. Sie ist völlig überfordert und weiß nicht wie sie dieses Problem wieder in den Griff bekommen soll. 

Auf Grund mehrerer Anamnesen und Explorationsgespräche verfügt der Berater dann über genügend Informationen, um sich ein Modell zu bilden. Als Grundlage wählt er das S-O-R-K-C-Modell (Kanfer & Saslow, 1965; Kanfer, Reinecker & Schmelzer, 2012).


Kreislauf: Situation, Organismus, Reaktion, Kontingent, Konsequenz hat wieder Einfluss auf Organismus usw. 

Abb. A.02.06: S-O-R-K-C-Schema

S-O-R-K-C-Modell. S Stimulus: interne und externe Reize, die auf den Organismus einwirken (z.B. Intern: Erwartung von Misserforlg; extern: ein strenger Blick eines Prüfers). O Organismus: Situationsübergreifende biologische und psychische Merkmale der Person, die die Aktualgenese des Problemverhaltens mediieren (z.B. Temperamentsmerkmale). R Reaktion: Kognitiv-emotionale, phyiologische und behaviorale Reaktionen (z.B. ich beherrsche den Lernstoff nicht (kognitiv), Schweißausbrüche (physiologische Reaktion)). K Kontingenz: Auf das PRoblemverhalten folgen manchmal, immer, regelmäßig bestimmte Konsequenzen (z.B. Verstärkerplan). C Konsequenz: Negative und positive Verstärkung. 

Abb. A.02.07: Erläuterung zum S-O-R-K-C-Schema (Tuschen-Caffier & von Gemmeren, 2009, S. 365)

Dieses Modell bietet ihm Ableitungen für die Beratung und Intervention in diesem Fall, so wird er auf Grund des Modelles vielleicht inkonsequentes Erziehungsverhalten ausmachen und ansprechen oder das fehlende Modellverhalten der Mutter thematisieren, etc. 

Beispiel B.02.23b: SORKC-Modell für das Verhalten von Max Mutter 

  • S (Stimulus/auslösende Situation) bezeichnet eine äußere oder innere Reizsituation. Der Stimulus erfasst die das Verhalten auslösenden Bedingungen (In welcher Situation tritt das Verhalten auf?):  Nach dem Mittagessen und einer Pause soll Max seine Hausaufgaben machen. Max will aber seine Ruhe haben und nichts von Hausaufgaben wissen. 
  • O (Organismus) bezeichnet die individuellen biologischen und lerngeschichtlichen Ausgangsbedingungen bzw. Charakteristika der Person: Die Mutter befürchtet, dass Max wieder viele Hausaufgaben machen muss und sich weigern wird. 
  • R (Reaktion) bezeichnet die Reaktion auf den Stimulus/die auslösende Situation nach der Verarbeitung durch den Organismus auf kognitiver, motorischer, vegetativer und affektiver Ebene:  Die Mutter hat beinahe Angst überhaupt nach Hausaufgaben zu fragen und traut sich kaum ihren Sohn dazu aufzufordern sie zu erledigen (Denn wenn sie ihn danach fragt, schaltet er auf stur). Sie erinnert ihn deshalb zunächst einmal nur freundlich an die Hausaufgaben und verlässt dann erst einmal wieder das Zimmer. 
  • K (Kontingenz) bezeichnet die Regelmäßigkeit des Auftretens der Konsequenz nach der Reaktion: Immer wenn die Mutter sich nur kurz nach den Hausaufgaben erkundigt, bleibt Max friedlich. 
  • C (Konsequenz) bezieht sich darauf, welche Konsequenz das Verhalten nach sich zieht (z.B. Verstärkung/Bestrafung): Die Mutter geht so einem Konflikt zunächst aus dem Weg.

Auf Grund seines spezifischen Wissens über Modelle zur Entstehung problematischen Verhaltens kann sich der Berater ein spezifisches Modell über die jeweilige Situation machen. Ob und wie weit er dieses Modell mit der ratsuchenden Mutter teilt, wird sich aus der jeweiligen Beratungssituation ergeben. Der Berater verfügt also über Expertenmacht (expert power) und Informationsmacht (information power). 

Zu beachten ist hierbei außerdem, dass natürlich sowohl auf Seiten der Mutter als auch auf Seiten des Beraters persönliche und gesellschaftliche Werte, Vergleiche mit anderen Personen usw. (inwieweit ist das Verhalten des Sohnes „normal“, nicht mehr ertragbar...) die individuellen Sichtweisen beeinflussen und somit eine gewisse „Macht“ auf deren Verhalten, Einstellungen, Lösungsansätze etc. ausüben. Kommt der Berater zum Beispiel zu dem Schluss, dass die Mutter das Verhalten des Kindes in einem völlig normalen Rahmen abläuft, die Mutter dieses Verhalten aber „als unertragbar überbewertet“, wird er der Mutter andere Ratschläge erteilen (müssen) als wenn er feststellt, dass das Kind tatsächlich ungewöhnlich starken Widerstand und Trotzverhalten an den Tag legt, wenn es die Hausaufgaben machen soll 

Beispiel B.02.24: Der tägliche Kampf mit den Hausaufgaben — vielleicht doch so? 

Es ist Dienstagnachmittag 13:30 Uhr. Max (11 Jahre alt) und sein Bruder Moritz (14 Jahre alt) kommen gerade von der Schule nach Hause. Das Mittagessen steht schon auf dem Tisch – Max‘ Leibspeise. Die Mutter hat das Essen liebevoll zubereitet und hübsch auf den Tellern angerichtet. Sie hofft nun, dass das mit den Hausaufgaben heute besser klappt, als in den letzten Wochen. Schließlich hat sie ihrem Jungen jetzt ja etwas Gutes getan.

Gestärkt vom Mittagessen und einer kurzen Pause vor dem Fernseher soll Max nun mit den Hausaufgaben beginnen. Da es heute wieder besonders viele sind, vor allem in Mathe, womit Max einige Probleme hat, ahnt sie bereits, was ihr noch blüht. Es ist mittlerweile 14:30 Uhr und Max hat von 18:00-19:30 Uhr noch Fußballtraining, zu dem er leidenschaftlich gerne geht. Bis er wieder aus dem Haus muss, soll er die Hausaufgaben erledigt haben. Als die Mutter ihn um 14:45 Uhr freundlich an seine Hausaufgaben erinnern will, muss er noch auf Toilette. Danach setzt er sich in sein Zimmer und sieht in seinem Hausaufgabenheft nach, was er alles auf hat. Nachdem er sich einen Überblick verschafft hat, fängt er gleich mit den ungeliebten Matheaufgaben an, damit er sie hinter sich hat.

Um 15:00 Uhr schaut die Mutter nach, ob Max auch wirklich seine Hausaufgaben macht und nicht von seinen Spielsachen abgelenkt wird. Doch Max ist nicht in seinem Zimmer. Es stellt sich heraus, dass er schon wieder auf Toilette war. Die Mutter ermahnt ihn, dass er jetzt seine Hausaufgaben machen und nicht ständig aus seinem Zimmer rennen solle. Schließlich sitze sein Bruder auch gerade brav über seinen Hausaufgaben. Überhaupt habe er sich immer bemüht sofort nach der Schule alle Hausaufgaben zu erledigen.

Da Max an diesem Tag aber einfach viel getrunken hatte (die achte Klasse hat sich um einen Tag der gesunden Ernährung gekümmert und hat in der Pause kostenlos Tee und Wasser und für 1€ gesunde Pausenbrote verkauft), musste er wirklich oft auf Toilette. Da sich Max nun missverstanden fühlte beginnt er zu weinen. Die Mutter unterstelle ihm einfach, dass er keine Lust habe, obwohl sie doch wissen müsse, dass heute der Tag der gesunden Ernährung war. Schließlich brauchten er und sein Bruder weder ein Pausenbrot noch Getränke mit zur Schule zu nehmen.

Daraufhin fragte die Mutter nach den letzten Wochen: Es häufe sich ja in letzter Zeit, dass Max seine Hausaufgaben nur sehr ungern und mit Widerstand mache. Zugegebenermaßen hat er nicht immer die Lust oder Kraft dazu gleich nach der Schule auch noch alle Hausaufgaben zu erledigen. Er brauche einfach manchmal eine längere Pause. 

Als die Mutter dann erneut Max mit seinem Bruder vergleicht, wird er sauer: Er sei eben nicht sein Bruder. Er könne nicht ununterbrochen „Schulzeug“ machen. Er habe seine Hausaufgaben schon immer zuverlässig erledigt, wenn auch mit einer längeren Pause.

Die Mutter fühlt sich angegriffen und versteht ihren jüngeren Sohn nicht, da sie die Arbeitsweise ihres Älteren gewöhnt ist. Sie fühlt sich überfordert und weiß nicht, wie sie Max dazu bewegen kann, die Hausaufgaben direkt nach der Schule zu erledigen. 

SORKC-Modell 

  • S: Nach dem Mittagessen und einer Pause soll Max seine Hausaufgaben machen. Max will aber direkt nach der Schule erst einmal seine Ruhe haben und nichts von Hausaufgaben wissen. 
  • O: Die Mutter befürchtet, dass Max die Hausaufgaben wieder ewig hinauszögern wird und mit dieser Verzögerungstaktik versucht, um sie herumzukommen. 
  • R: Die Mutter fühlt sich verantwortlich dafür zu sorgen, dass Max seine Hausaufgaben so zügig, wie sein Bruder, erledigt und ermahnt ihn deshalb mehrmals. 
  • K: Max wird immer dann ärgerlich wenn die Mutter häufig nachschaut, ob er seine Hausaufgaben auch tatsächlich macht. 
  • C: Je häufiger die Mutter nachschaut und Max vorhält, er sei langsamer als sein Bruder, umso ärgerlicher wird er und desto länger zieht sich die Erledigung der Hausaufgaben hin. Die Kontrolle und die Vergleiche verstärken also von der Mutter unerwünschtes Verhalten, das sie aber selbst provoziert. 

Etwas Anderes stellt sich die Situation in der klientenzentrierten Beratung und den neueren Beratungsansätzen dar (Systemische Beratung, Ressourcen- oder Lösungsorientierter Beratung).

Carl Rogers (1992) postulierte, ausgehend von dem Ansatz der humanistischen Psychologie, dass jeder Ratsuchende bereits alles zu seiner Problemlösung Notwendige in sich habe und selbst am besten in der Lage sei, seine persönliche Situation zu analysieren und Lösungen für seine Probleme zu erarbeiten. Hier hat der Beratende durch die „Grundfesten“ der klientenzentrierten Beratung nur noch die Machtquelle der Identifikationsmacht zur Verfügung, die er sich mit Echtheit, Empathie und bedingungsloser positiver Wertschätzung erarbeitet hat.

In der Diskussion über Beratungsansätze haben Belohnungsmacht (reward power) und Sanktionsmacht (coercive power) eigentlich nie eine Rolle gespielt. Nur innerhalb der neueren systemischen Ansätze wurde das deutliche Loben der Klienten bisher thematisiert. Ob Loben oder das Entziehen von Lob eine Auswirkung auf den Beratungsprozess haben kann, bleibt empirisch noch zu klären. Allerdings bleibt fest zu halten, dass es innerhalb des Beratungsprozesses auch darum gehen muss, gemeinsame mentale Modelle über Macht zu erarbeiten. 


Aufgabe Ü.02.06: Diskutieren Sie im Forum: 

  • Wie könnte der Berater die verschiedenen Arten von Macht im oben genannten Beispiel einsetzen und ist die jeweilige Art der Machtausübung mit den Grundhaltungen von Rogers vereinbar?
  • Welche Rolle könnte Macht in der Beratungssituation noch spielen und welche Konsequenzen können sich daraus z.B. für die „Problemlösung“ ergeben?
  • Hat, ihrer Meinung nach, Belohnungsmacht und Sanktionsmacht einen Einfluss im Beratungsprozess und wenn ja, welchen?
Hier kommt ihr direkt zum Forum.

6. Literatur

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