1. Problem

1.3. Problemraum

Ein Problemraum „ist allg. durch den Anfangszustand, den Zielzustand (Ziele), alle prinzipiell möglichen Zwischenzustände, die ein Problemlöser im Problemlöseprozess (Problemlösen) erreichen kann, und Operatoren (Operator), die den Übergang zw. den versch. Zuständen (Instanzen) ermöglichen, gekennzeichnet (Rollett, 2008).“ (Rollett, 2019)

Nach Lüer und Spada (1990) bezeichnet der Begriff Problemraum das innere Abbild eines Problems, das „im Kopf" einer Person entsteht. Als mentales Modell umfasst es alle Elemente, die diese Person mit einem Problem gedanklich in Verbindung bringt. Der Begriff Problemraum trägt hier der Subjektivität von Problemen Rechnung. Eine Anforderung kann sich für verschiedene Personen – z.B. in Abhängigkeit von ihrem Vorwissen – sehr unterschiedlich darstellen. 

Beispiel B.01.08: Kauf eines T-Shirts

Stellen Sie sich vor, Sie möchten in einem Kleidungsfachgeschäft ein T-Shirt kaufen. Sie kennen das Geschäft gut, da Sie regelmäßig dort einkaufen. 

Da Sie bereits öfter in diesem Geschäft waren, haben Sie eine mentale Vorstellung davon. Mentale Vorstellung meint hier, dass Sie sich vorstellen können, wie es in dem Geschäft aussieht und wo genau im Geschäft Sie nach dem T-Shirt suchen müssen. Diese mentale Vorstellung stellt den Problemraum dar.

Der Problemraum bedingt nicht nur die wahrgenommene Schwierigkeit einer Anforderung, er begrenzt auch den Suchraum, also den Realitätsbereich, in dem nach einer Lösung gesucht wird (s. Buch. 2; Heuristiken der Suchraumerweiterung / Suchraumeinengung). Wie die subjektive Repräsentation einer Situation das Problemlöseverhalten beeinflusst, wird im Abschnitt Mentales Modell dargestellt. 

Allerdings ist der Begriff nicht eindeutig definiert. In der Künstlichen Intelligenz (KI) existieren Verfahren zum automatischen Planen. In dieser Disziplin ist ein Problemraum die Menge aller möglichen Kombinationen von Zuständen und Operatoren des Systems. Diese Sichtweise ist hier sinnvoll: Der Problemraum ist dann der Bereich, in dem der Planungsalgorithmus maximal operieren kann. Durch Einschränkungen der verwendeten Programmiersprache und des Planungsalgorithmus, sowie durch die Verwendung von Heuristiken im Algorithmus, kann meist nur ein Teil dieses Problemraums wirklich erkundet werden. In unserem Kontext, wie auch in der KI, würde man dann vom Suchraum sprechen. 

Die Definition von Rollett stellt eine sehr allgemeine und vergleichsweise unspezifische Definition dar. Aber auch die beiden anderen Sichtweisen – die subjektive von Lüer und Spada, sowie die Sicht der Informatiker:innen – haben jeweils Vor- und Nachteile. Die Definition von Lüer und Spada trägt der prinzipiellen Subjektivität jeder Interaktion mit einem komplexen System Rechnung, entspricht demnach der Innenperspektive des Handelnden. Die dritte Sichtweise (Informatik) eignet sich für die Sicht auf ein System, inklusive den darin aktiven Problemlösern. Bei der Betrachtung von außen ist es so möglich, den Unterschied zwischen Such- und Problemraum zu thematisieren: Sucht die agierende Person im ganzen System? Sucht sie nur in einem Teilbereich? Oder hat sie schon, ganz oder teilweise, das System verlassen und betreibt Horizontalflucht?