1. Problem

1.1. Problemdefinition

Was ist ein Problem? 

    • „Houston, we have a problem“ (Howard, 1995) 
    • „Das ist ein richtiges Problemkind“ 
    • “…da liegt das Problem…“ 
    • „Wir haben ein Kommunikationsproblem…“ 
    • „Wir stehen vor dem Problem…“ 

Das sind alles Formulierungen, die Sie sicher schon mehrmals gehört oder sogar selbst verwendet haben, aber haben Sie sich schon einmal Gedanken darübergemacht, was ein „Problem“ wirklich ist? 

Vermutlich eher nicht! Deshalb schauen wir zunächst einmal in den Duden (Duden), dort wird Problem definiert als: 

  1. schwierige [ungelöste] Aufgabe, schwer zu beantwortende Frage, komplizierte Fragestellung   
  2. Schwierigkeit 

Auch wenn diese Definition für das (komplexe) Problemlösen, wie wir es in diesem Kurs behandeln wollen, nicht ausreicht, so lässt sie doch eines vermuten: Probleme sind schwierig.  

Stellvertretend für viele andere, haben wir einige Definitionen ausgewählt, um wesentliche Merkmale eines Problems zu identifizieren.  

1. Die erste Definition stammt von Dörner (1976):  

Ein Individuum steht einem Problem gegenüber, wenn es sich in einem inneren oder äußeren Zustand befindet, den es aus irgendwelchen Gründen nicht für wünschenswert hält, aber im Moment nicht über die Mittel verfügt, um den unerwünschten Zustand in den wünschenswerten Zielzustand zu überführen. (Dörner, 1976, S. 10) 

2. Eine weitere Definition ist vierzig Jahre älter und wurde von Duncker (1935) formuliert:  

Ein ,Problem‘ entsteht z.B. dann, wenn ein Lebewesen ein Ziel hat und nicht ,weiß‘, wie es dieses Ziel erreichen soll. Wo immer der gegebene Zustand sich nicht durch bloßes Handeln (Ausführen selbstverständlicher Operationen) in den erstrebten Zustand überführen lässt, wird das Denken auf den Plan gerufen. Ihm liegt es ob, ein vermittelndes Handeln allererst zu konzipieren. (Duncker, 1935/1974, S. 1) 

3. Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts veröffentlichten Lüer und Spada (1990) folgende Problemdefinition:  

Ein Problem liegt dann vor, wenn ein Subjekt an der Aufgabenumwelt Eigenschaften wahrgenommen hat, sie in einem Problemraum intern repräsentiert und dabei erkennt, dass dieses innere Abbild eine oder mehrere unbefriedigende Lücken enthält. Der Problemlöser erlebt eine Barriere, die sich zwischen dem ihm bekannten Istzustand und dem angestrebten Ziel befindet. (Lüer & Spada, 1990, S. 256) 

4. Tobinski (2017) integriert verschiedene Ansätze in seiner Definiton: 

Zu einem Problem gehört immer ein gewünschter Zustand‘ (Hussy, 1984) und somit entsteht das Problem erst in einer gegebenen Situation mit einer bestimmten Zielsetzung eines Organismus oder eines kognitiven Systems (Miller, Galanter & Pribram, 1960; Favre-Bulle, 2001; Fritz & Funke 1995; Funke 2003). Voraussetzung ist es, dass die gegebene Situation (Sα) nicht der gewünschten Situation (Sω) entspricht und eine Überführung (Transformation) im Moment durch eine Barriere verhindert wird (Dörner, 1979; Klix, 1971; Lüer & Spada, 1990; Süllwold, 1969). (Tobinski, 2017, S. 5-6) 

Es fällt auf, dass die Autoren jeweils drei Merkmale eines Problems hervorheben:  

    • einen gegebenen Ausgangszustand  
    • ein Ziel und  
    • das Vorhandensein einer Barriere, die verhindert, dass dieses Ziel unter den gegebenen Bedingungen erreicht werden kann.  

Probleme versus Aufgaben

Dunckers Definition betont die Bedeutung des produktiven Denkens für das Problemlösen: Probleme zwingen uns neue Lösungswege zu erzeugen. Genau in diesem Punkt unterscheiden sich Probleme und Aufgaben. Die Division von 134 durch 7 stellt für die meisten kein Problem dar, sondern eine Aufgabe. Viele Personen beherrschen seit ihrer Schulzeit ein Rechenverfahren, welches sie auf diese Aufgabenstellung anwenden können. Aufgaben sind demnach geistige Anforderungen, für deren Bewältigung Methoden bekannt sind. Die Lösung einer Aufgabe erfordert reproduktives Denken, d.h. der richtige Lösungsweg muss lediglich aus dem Gedächtnis abgerufen werden.  

Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts veröffentlichten Lüer und Spada (1990) folgende Problemdefinition:  

Ein Problem liegt dann vor, wenn ein Subjekt an der Aufgabenumwelt Eigenschaften wahrgenommen hat, sie in einem Problemraum intern repräsentiert und dabei erkennt, dass dieses innere Abbild eine oder mehrere unbefriedigende Lücken enthält. Der Problemlöser erlebt eine Barriere, die sich zwischen dem ihm bekannten Istzustand und dem angestrebten Ziel befindet. (Lüer & Spada, 1990, S. 256) 

Zusammenfassung

Probleme sind geistige Anforderungen, für deren Bewältigung dem Problemlöser noch keine Methode zur Verfügung steht. Im Kern ist ein Problem durch drei Merkmale gekennzeichnet (Klix, 1971, S. 640, zitiert nach Funke, 2003, S. 20): 

  • einen Ausgangszustand,  
  • einen Zielzustand, der vom Ausgangszustand abweichende Merkmale aufweist, und 
  • eine Barriere, die den unmittelbaren Übergang des Ausgangszustands in den Zielzustand behindert.  

Zudem gibt es Probleme, die - selbst wenn es keine Barriere im Sinne der hier vorgestellten gibt - in diesem Universum nicht (optimal) lösbar sind. Unter dem Stichwort NP-Probleme finden Sie eine Auswahl solcher harten Nüsse.