Was ist Realistisches Erzählen?

Realistische Erzählverfahren

Im Anschluss an die Frage, woran wir als Leserinnen und Leser Realistisches Erzählen erkennen und was dessen Wirkung ist, wollen wir uns genauer ansehen, wie ein solches realistisches Erzählverfahren zustande kommen kann.

Als realistisch werden, gut strukturalistisch, solche literarischen Texte bezeichnet, die dominant metonymisch verfahren, d.h. ihre Darstellungsebene mit Hilfe von Frames und Skripten konstruieren, die im kulturellen Archiv bereits fest verankert sind. Dies lässt die Rezipienten vergessen, dass das Dargestellte durch Zeichenkonstellationen auf der Textebene konstituiert wird – die Zeichen als solche kommen gar nicht in den Blick. […] realistisches Erzählen als metonymisches Verfahren setzt dem Verstehen keinen Widerstand entgegen. (Baßler 2013b, 27)

Keine Sorge, wenn Sie gerade noch nicht genau verstehen, was damit gemeint ist. Begriffe wie Frames, Skripte, kulturelles Archiv und Metonymie werden wir im Laufe dieser Einführung noch genauer erklären.

Für den Moment halten wir fest: Realistisch erzählte Texte sind so gemacht, dass ihre Verfahren unauffällig bleiben; dieses Hauptmerkmal realistischer Erzählverfahren gestaltet deren Analyse gar nicht so einfach.  

Die direkte Wirkung realistischer Erzählverfahren auf die Leserin und den Leser lässt sich also wie folgt zusammenzufassen: Realistische Erzählverfahren sind in der Regel:

  • leicht verständlich
  • bequem zu lesen
  • unauffällig

Realistische Erzählverfahren können wir als Leserinnen und Leser schnell verstehen, da wir die Informationen auf der Textebene mit denselben sprachlich-kulturellen Mustern erfolgreich deuten können, die wir auch sonst im Alltag anwenden. Jeder Mensch verfügt über sehr viel kulturelles Vorwissen. Da kein noch so ausführlicher Roman jedes Detail erzählen kann, ergänzen wir die Angaben im Text automatisch um das, was nach der Vorgabe kultureller Muster normalerweise zu den Begebenheiten im Roman gehört. Dadurch bilden wir uns beim Lesen unsere ganz eigene Vorstellung der erzählten Welt und auch Erwartungen darüber, was weiter geschehen könnte.