3. Schematherapie
1 Entstehung
2 Indikation
3 Schema-Modell
- 3.1 Maladaptive Schemata
- 3.2 Grundbedürfnisse
- 3.3 Bewältigungsreaktionen
4 Modus-Modell
- 4.1 Begriffsklärung
- 4.2 Problematische Eltern-Modi
- 4.3 Problematische Kind-Modi
- 4.4 Problematische Bewältigungsmodi
- 4.5 Gesunde Modi
5 Therapeutischer Prozess
6 Empirische Befunde
4 Modus-Modell
4.1 Begriffsklärung
Das Modus-Modell versteht die menschliche Persönlichkeit als ein Zusammenspiel aus unterschiedlichen Modi.
Ein "Modus" (lat. „Art und Weise“, z.B. Modus des wütenden Kindes) beschreibt den aktuellen, vorübergehenden, komplexen Erlebenszustand, in den Menschen bei Schemaaktivierung hineinkommen und aus dem heraus sie mit Bewältigungsmodi handeln.
Es lassen sich vier Grundelemente unterscheiden:
- Elternmodi
- Kindmodi
- Bewältigungsmodi
- Gesunde Modi
Diese bilden den Grundstein für die schematherapeutische Fallkonzeption und dienen als Basis und Bezugsrahmen für die weitere Therapie (Roediger, 2018).
4.2 Problematische Eltern-Modi
Häufige Themen in der Therapie sind Selbstvorwürfe, Schuldgefühle und Selbsthass (Gilbert et al., 2004). Die Schematherapie geht davon aus, dass es sich bei diesen Selbstabwertungen um internalisierte Fremdbewertungen handelt.
Durch die Sozialisation wird aus Fremdkommunikation (z.B. „Du bist nicht gut genug.“) Selbstkommunikation (z.B. „Ich bin nicht gut genug.“) . Diese „inneren Stimmen“ werden in strafende und fordernde innere Elternmodi unterteilt:
- Strafender Elternmodus: In diesem Modus sind Menschen davon überzeugt, dass Selbststeuerung durch Selbstbestrafung erfolgt. Dieser Modus ist geprägt von Selbsthass, Selbstkritik & Selbstabwertungen (z.B. “Wenn jemand dich richtig kennenlernt, wird er sich abwenden”).
- Fordernder Elternmodus: In diesem Modus haben Menschen übermäßige bis massiv überhöhte (perfektionistische) Erwartungen an sich selbst (z.B. “Stell deine Bedürfnisse nicht in den Vordergrund, das ist egoistisch” oder “Wenn es nicht perfekt ist, ist es nichts wert”).
4.3 Problematische Kind-Modi
Kind-Modi treten dann auf, wenn eine Person intensive, negative, belastende oder überwältigende Gefühle erlebt, die in Bezug auf die aktuelle Situation - objektiv betrachtet - nicht angemessen sind. Man unterscheidet hier zwischen folgenden problematischen Kind-Modi (vgl. Faßbinder, Schweiger & Jacob, 2016):
Aufgabe des/der Therapeut:in ist es, zu den Kind-Modi vorzudringen und sie für den/die Patient:in offenzulegen, um sie dann zu re-externalisieren, also herauszuarbeiten, dass sie nicht Teil des/der Patient:in sind, sondern lediglich Aussagen außenstehender Personen aus der Vergangenheit, die gar nicht tatsächlich auf ihn/sie zutreffen müssen.
Hierfür kann man beispielsweise folgende Frage nutzen: „Was sagt die Stimme in Ihrem Kopf dazu, wenn ich mich Ihnen so zuwende und Sie tröste?“. Wenn die inneren bewertenden und antreibenden Stimmen überwiegen, könnte eine potentielle Antwort des/der Patient:in folgendermaßen lauten: „Ich habe versagt, ich bin schuld, das habe ich gar nicht verdient.“ Dies zeigt die Unterordnung unter die unbewusst übernommene Bewertung. Diese Antwort kann dann gemeinsam mit dem/der Patient:in zur Einstellungsänderung in Innere-Eltern-Sätze umformuliert werden, also in die ursprüngliche Formulierung der Bezugsperson, z.B.: „Du hast versagt, du bist schuld, du hast das nicht verdient“. Dies ist der erste Schritt zur Re-Externalisierung der verinnerlichten Schemata. Jedoch sollte man nicht vergessen zu betonen, dass es sich hierbei nur um Teil-Repräsentationen der Eltern/Bezugspersonen handelt und die Eltern/Bezugspersonen sich häufig auch förderlich verhalten haben bzw. verhalten.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Elternstimmen mittels eines Stuhldialogs bewusst vor die Tür zu setzen und zu verbannen (vgl. Abschnitt 5 Therapeutischer Prozess).
4.4 Problematische Bewältigungsmodi
Hierbei handelt es sich um ursprünglich adaptive Strategien zur Spannungsreduktion im Umgang mit den durch die Eltern- und Kind-Modi ausgelösten negativen Emotionen.
Kommen diese jedoch in unveränderter Form im Erwachsenenalter zum Einsatz, sind sie häufig unangemessen und dysfunktional, was zu (sozialen) Folgeproblemen führen kann.
Man unterscheidet zwischen Unterwerfung, Vermeidung und Überkompensation (vgl. Faßbinder, Schweiger & Jacob, 2016):
4.5 Gesunde Modi
Modus des gesunden Erwachsenen
In diesem Modus sind Menschen in der Lage, Emotionen zu bewältigen und Probleme zu lösen. Sie akzeptieren ihre Gefühle, Gedanken und Bedürfnisse und behandeln sich selbst auch bei Misserfolgen wertschätzend. Bei Entscheidungen orientieren sie sich an ihren Zielen und Werten. Ein Hauptziel der Therapie besteht darin, diesen Modus zu fördern und zu stärken, insbesondere wenn er zu Beginn der Therapie noch schwach ausgeprägt ist.
Der gesunde Erwachsenenmodus steht nicht im Widerspruch zu den kindlichen Modi. Menschen im gesunden Erwachsenenmodus zeigen Verständnis für die Bedürfnisse der kindlichen Modi und setzen angemessene Grenzen für den wütenden und impulsiven Kind-Modus. Dadurch schützen sie sich und die kindlichen Modi vor dem strafenden Modus und schaffen ein Gefühl der Sicherheit. Dies reduziert die Notwendigkeit, auf Bewältigungsmodi zurückzugreifen.
Modus des fröhlichen Kindes
In diesem Modus nutzen Menschen Freiräume, um spielerisch, ausgelassen, fröhlich und spontan zu sein. Dieser Modus repräsentiert eine gesunde und adaptive Seite der Persönlichkeit, in der positive Gefühle und Selbstausdruck gefördert werden.