3. Führung

3.1. Eigenschaftstheoretische Ansätze


Der eigenschaftstheoretische Erklärungsversuch stellt den ältesten Zugang zum Phänomen

„Führung“ dar, ist aber in diversen neueren Formulierungen auch in der derzeitigen Diskussion nicht ohne Einfluss. Führung ist demnach ein Phänomen, das sich aus einer Eigenschaft des Führers (z.B. Vorgesetzten) erklären lässt. Als Eigenschaften werden in der Psychologie relativ breite und zeitlich überdauernde Dispositionen verstanden, die in den verschiedensten Situationen konsistent auftreten. Im angloamerikanischen Sprachgebrauch werden diese zeitlich und situational konsistenten Dispositionen als traits bezeichnet. Dispositionen werden in der Psychologie jedoch nicht als etwas von vorne herein gegebenes und unwiderrufliches aufgefasst (Delhees, 1995, S. 898). Erste Ansätze zu einer (wissenschaftlichen) psychologischen Erforschung der Eigenschaften, die einer erfolgreichen Führung zu Grunde liegen, sind spätestens in den frühen 20er Jahren des letzten Jahrhunderts auszumachen (Kohs & Irle, 1920).

Der empirische Zugang lag hier in der Frage, welche Eigenschaften erfolgreiche Führer von weniger bzw. nicht erfolgreichen Führern unterscheiden. Die Befunde dieser Untersuchungen sind als sehr heterogen einzuschätzen (vgl. Stogdill, 1948; Delhees, 1995).

Die durchschnittlich am stärksten ausgeprägten Zusammenhänge ergaben sich zwischen den Variablen „soziales Geschick“ sowie „Beliebtheit“ und eben der Variable „Führungserfolg“. Wobei hier noch anzumerken ist, dass es sich bei einer Korrelation natürlich nicht um den Nachweis eines Kausalrelation und deren Richtung handelt. Auch die Frage, ob Führungserfolg und Beliebtheit voneinander kausal unabhängig sind, aber durch eine dritte Variable kausal beeinflusst werden (z.B. Wissen, Erziehung), kann nicht geklärt werden.

Zusammenhang zwischen Führung und Persönlichkeitsfaktoren 

Aufgrund der großen Streuung in den Ergebnissen und der beschriebenen fehlenden Erklärung der Kausalitäten konnten und können diese Ansätze nicht vollständig überzeugen. In der Weiterentwicklung der Führungstheorien rückte in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts die Verhaltenskomponente der Führung stärker in den Fokus.

Tabelle T.02.01: Zusammenhang zwischen Führung und Persönlichkeitsfaktoren (Weibler, 2001, S. 138)


Persönlichkeitsmerkmale

Korrelation mit Führungserfolg

Höchster Wert/ Niedrigster Wert

DurchschnittswertZahl der Studien
Intelligenz.90/-.13.2815
Schulleistung.39/-.27.168
Alter.71/-.32.2110
Körpergröße.71/-.13.307
Körpergewicht.52/-.04.236
Soziales Geschick.98/.33.568
Beliebtheit.82/.23.555

Allerdings finden derartige Eigenschaftstheorien auch heute noch in der Praxis eine breite Anerkennung (Weibler, S.141, 2001). Es wäre ein Trugschluss anzunehmen, dass Persönlichkeitseigenschaften des Führers und der Geführten im Sinne von Dispositionen keinen Einfluss auf den Führungsprozess hätten. Die frühen Erkenntnisse der Eigenschaftstheorie wurden in den folgenden Theorieansätzen integriert (Gabele et al., 1992) und mit der charismatischen Führungstheorie entstand auch ein Neo- Eigenschaftstheorie der Führung.