Probleme
In diesem Buch lernen Sie was ein Problem ist, woraus Probleme bestehen und was der Unterschied zur einer Aufgabe ist.
1. Problem
1.2. Barriere
Eine Barriere steht bei einer Aufgabe und/oder einem Problem zwischen dem unerwünschten Anfangszustand und dem erwünschten Endzustand. Sie verhindert die erwünschte Transformation von einem (unerwünschten) Ist- oder Startzustand zu einem (erwünschten) Zielzustand.
Eine Möglichkeit, diese Hindernisse zu klassifizieren, schlägt Dörner (1979) vor:
- Interpolationsbarriere
- Synthesebarriere
- Dialektische Barriere
Dörner (1979) unterscheidet die Barrieren nach dem Bekanntheitsgrad der Mittel und der Klarheit der Zielkriterien. Bei der Interpolationsbarriere sind Mittel und Ziele bekannt (nur die richtige Anwendung der Mittel noch nicht). Bei der Synthesebarriere sind die Ziele klar, die Mittel nicht. Bei der dialektischen Barriere sind nicht einmal die Zielkriterien klar.
Beispiel B.01.01: Problem vs. Aufgabe
Stellen Sie sich die beiden folgenden Szenarien vor:
- Sie sind Angestellte:r in einem Unternehmen (vielleicht sogar im Automotive-Bereich), haben aber von der Technik und Funktionsweise eines Autos keine Ahnung. Eines Tages merken Sie, dass der Motor irgendwie unrund läuft. Wie man es heutzutage macht, holen Sie Ihr Smartphone raus und fangen an zu googeln. Das Ergebnis: Vermutlich sind die Zündkerzen defekt und müssen getauscht werden. Und jetzt?
- Sie sind KFZ-Mechaniker:in und Kundschaft kommt zu Ihnen in die Werkstatt und möchte die Zündkerzen getauscht bekommen. Und jetzt?
Abb. A.01.01: Problem vs. Aufgabe
In Szenario 1 haben sie ein richtiges Problem! Klar, Sie können sich ganz im Sinne der DIY-Bewegung im Internet anschauen, wie man Zündkerzen wechselt, aber sie haben weder Ersatzzündkerzen, noch das passende Werkzeug und haben auch keine Erfahrung in der Autoreparatur. Dadurch kennen Sie zwar den Anfangs- und Zielzustand, aber Ihnen fehlen die entsprechenden Mittel und die Kompetenz. Man spricht hier auch von einer Synthesebarriere. In Szenario 2 schaut es dagegen schon ganz anders aus: Sie haben vermutlich bereits hunderte oder gar tausende Zündkerzen gewechselt, Sie wissen also wo und wie sie aus- und einzubauen sind, woran man erkennt, ob sie verbraucht sind, haben Ersatz und auch das richtige Werkzeug. Und dadurch ist es für Sie auch kein Problem, sondern eine Aufgabe.
Wie am Beispiel B.01.01 gut zu erkennen ist, sind Barrieren also offensichtlich auch abhängig von der problemlösenden Person selbst. Sobald die Sache etwas komplexer wird, haben Sie es praktisch immer mit einer Mischung verschiedener Barrieretypen zu tun. In einem Teil des Problemraums sind die Ziele vielleicht noch völlig unklar; in einem anderen Teil kennen Sie wenigstens schon Mittel und Ziele.
„Der Begriff des „Problemraums“ ist auf Newell u. Simon (1972) zurückzuführen, der die subjektive Repräsentation eines Problems und dessen Lösung, einschließlich aller ‚Zwischen‘-Zustände und aller relevanten Prozesse umfasst.“ (Tobinski, 2017, S. 50)
1.2.1 Interpolationsbarriere
Nach Dörner (1976) ergeben sich die grundlegenden Problemtypen aus einer Betrachtung der Barrieren, die den Übergang eines Ausgangszustandes (Sα) in einen erwünschten Zielzustand (Sω) verhindern. Unabhängig von einem bestimmten Anwendungskontext spielt das Wissen über die verfügbaren Mittel und das Wissen über die angestrebten Ziele für das Problemlösen eine entscheidende Rolle.
Beispiel B.01.02: Einen Rührkuchen backen
Angenommen Knut möchte für seine Lerngruppe einen Rührkuchen backen. Die erforderlichen Gerätschaften und Zutaten findet er in der WG-Küche. Er ist dennoch ratlos: "Wo ist das Rezept, das mir sagt in welcher Dosierung und in welcher Reihenfolge diese Gerätschaften und Zutaten zum Einsatz kommen sollen?"
Welche Barriere hält Knut davon ab, einen Rührkuchen zu backen? Er verfügt prinzipiell über die erforderlichen Mittel, um die Unterschiede zwischen dem wohldefinierten Ausgangszustand (Eier, Milch, Backtriebmittel, Mehl, usw.) und dem Zielzustand (Rührkuchen) zu beseitigen. Trotzdem handelt es sich hier nicht um eine Aufgabe, da Knut kein Rezept aus dem Gedächtnis abrufen kann und es für ihn unmöglich ist bis zum Eintreffen seiner Kommilitonen, alle denkbaren Zutatenkombinationen, Ofentemperaturen und Backzeiten hinsichtlich ihrer Eignung für die Rührkuchenherstellung zu prüfen.
Bei Problemen, die klare Zielkriterien, einen wohldefinierten Ausgangszustand und die erforderlichen Mittel aufweisen, besteht die Barriere darin, eine zielführende Kombination oder eine zeitliche Abfolge von bekannten Mitteln zu finden. Probleme, die diese Merkmale aufweisen, bezeichnet Dörner als Probleme mit einer Interpolationsbarriere.
Charakteristika von Interpolationsbarrieren:
- Anfangszustand ist bekannt
- Zielzustand ist bekannt
- Mittel sind bekannt
- Die richtige Kombination oder Reihenfolge der Mittel ist unbekannt
Beispiel B.01.03: Das Unglück der Costa Concordia
Es ist Freitag, der 13. Januar 2012, gegen 21:45 Uhr. Für die 4229 Menschen an Bord der Costa Concordia endet die erst vor wenigen Stunden begonnene Mittelmeerkreuzfahrt abrupt. Das Schiff, auf dem sie sich befinden, gerät zu nahe an einen Felsen vor der Insel Giglio und wird linkseitig auf einer Länge von etwa 70 m von diesem aufgerissen. Es ist in Folge der Kollision nicht mehr manövrierfähig und hat Schlagseite. Eine Evakuierung ist nötig. Für einen solchen Fall gibt es genaue Pläne zum Ablauf einer solchen Aktion und gewisse Vorschriften, die eingehalten werden müssen. Doch erst nach ca. einer Stunde werden die Passagiere über den Vorfall informiert und dazu aufgefordert ihre Rettungswesten überzuziehen sowie an Deck zu kommen. Viele Passagiere erzählen später von einem chaotischen und ungeordneten Vorgehen der Crew bei dem Versuch, die Menschen von Bord zu bringen. („Costa Concordia“, 2021)
Abb. A.01.02: Havarierte Costa Concordia (© Claus-Christian Carbon)
Handelt es sich wie beim Fall der Costa Concordia um eine Interpolationsbarriere, müssen folgende Kriterien vorliegen: Sowohl der Ausgangs- sowie der erwünschte Endzustand als auch die Operatoren sind bekannt. In welcher Reihenfolge oder Kombination die nötigen Operationen jedoch durchgeführt werden müssen, um den Zielzustand tatsächlich zu erreichen ist unklar. Übertragen auf den Fall der Costa Concordia stellt sich die Situation folgendermaßen dar:
- Ausgangszustand: Das Schiff ist havariert, es befinden sich 4229 Menschen an Bord.
- Zielzustand: Alle Menschen möglichst schnell von Bord und in Sicherheit bringen.
- Operatoren: Menschen an Deck holen, Schwimmwesten anziehen lassen, Rettungsbote klarmachen und Menschen an Bord bringen, Menschen beruhigen, Hilfe anfordern, Schiff so lange wie möglich schwimmtauglich halten...
Obwohl eigentlich alle nötigen Mittel für eine erfolgreiche Evakuierung vorhanden waren, endet das Unglück mit 30 bestätigten Todesopfern. Probleme mit Interpolationsbarrieren sind also durchaus keine leicht lösbaren Probleme, auch wenn sie vielleicht auf den ersten Blick danach aussehen, weil alles klar zu sein scheint.
1.2.2 Synthesebarriere
Beispiel B.01.04: Streichhölzer
Die Abbildung stellt eine Anordnung von Streichhölzern dar, wie sie für viele Denksportaufgaben typisch ist. Die Instruktion lautet: Bilden Sie ein Quadrat, indem Sie ein Streichholz verändern.
Abb. A.01.03: Streichhölzer
Analyse:
- Ausgangszustand: bekannt
- Endzustand: bekannt (ein Quadrat bilden)
- Operatoren: ein Streichholz verschieben, allerdings nicht klar welches oder wohin (teilweise unbekannt)
Lösung:
Verschiebt man das rechte Streichholz um ein Stück nach rechts, so entsteht in der Mitte ein kleines Quadrat.
Abb. A.01.04: Lösung Streichhölzer
Bei Problemen mit einer Synthesebarriere sind Ausgangszustand und Zielzustand (Quadrat bilden) bekannt. Im vorliegenden Fall sind sogar die zulässigen Handlungen beschrieben (das Verschieben von höchstens einem Streichholz). Anders als bei einem Interpolationsproblem ist es hier nicht die spezifische Kombination der Mittel, die uns Schwierigkeiten bereitet. Nach ein paar Lösungsversuchen fragt man sich unwillkürlich: Kann es sein, dass ich das zielführende Mittel noch nicht kenne oder es aus irgendeinem Grund nicht in Betracht ziehe?
Dörner bezeichnet Probleme mit einer Synthesebarriere auch sehr treffend als „Alchemisten-Probleme“: Wie lässt sich Blei in Gold umwandeln? Anfangszustand (Blei) und Zielzustand (Gold) sind bekannt, allein die zielführenden Mittel sind es nicht. Die Barriere besteht darin, dass geeignete Mittel erst gefunden oder erfunden, d.h. neu gebildet (= synthetisiert) werden müssen.
Charakteristika von Synthesebarrieren:
- Anfangszustand ist bekannt
- Zielzustand ist bekannt
- Zielführende Mittel sind (teilweise) unbekannt
Nach Dörner (1976) ergeben sich die grundlegenden Problemtypen aus einer Betrachtung der Barrieren, die den Übergang eines Ausgangszustandes (Sα) in einen erwünschten Zielzustand (Sω) verhindern. Unabhängig von einem bestimmten Anwendungskontext spielt das Wissen über die verfügbaren Mittel und das Wissen über die angestrebten Ziele für das Problemlösen eine entscheidende Rolle.
Beispiel B.01.05: Rumpelstilzchen
Nun wollen wir kurz die Realität hinter uns lassen und in die Welt der Märchen eintauchen:
Es war einmal ein Müller, der war arm, aber er hatte eine schöne Tochter. Nun traf es sich, daß er mit dem König zu sprechen kam, und um sich ein Ansehen zu geben, sagte er zu ihm: „Ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen.“ Der König sprach zum Müller: „Das ist eine Kunst, die mir wohl gefällt, wenn deine Tochter so geschickt ist, wie du sagst, so bring sie morgen in mein Schloß, da will ich sie auf die Probe stellen.“
Als nun das Mädchen zu ihm gebracht ward, führte er es in eine Kammer, die ganz voll Stroh lag, gab ihr Rad und Haspel und sprach: „Jetzt mache dich an die Arbeit, und wenn du diese Nacht durch bis morgen früh dieses Stroh nicht zu Gold versponnen hast, so mußt du sterben.“ Darauf schloß er die Kammer selbst zu und sie blieb allein darin. Da saß nun die arme Müllerstochter wußte um ihr Leben keinen Rat: sie verstand gar nichts davon, wie man Stroh zu Gold spinnen konnte, und ihre Angst ward immer größer, daß sie endlich zu weinen anfing. Da ging auf einmal die Türe auf, und trat ein kleines Männlein herein und sprach: „Guten Abend, Jungfer Müllerin, warum weint Sie so sehr?“ (Gebrüder Grimm, 2016)
Der Rest ist Geschichte: Zu ihrem Glück gab es das Rumpelstilzchen, das die Kunst beherrschte, Stroh zu Gold zu spinnen und ihr ihre Aufgabe gegen Bezahlung abnahm. Mit seiner Hilfe wurde sie zur Königin und musste ihre angebliche „Gabe" danach, zum Glück nie wieder unter Beweis stellen, denn das Geheimnis, wie man aus Stroh Gold spinnt, hat das Rumpelstilzchen zu unserer aller Leidwesen mit ins Grab genommen.
Die arme Müllerstochter! Die Prahlerei ihres Vaters hatte sie in eine lebensbedrohliche Situation gebracht, denn sie hatte leider keine Ahnung, wie sie das Stroh zu Gold spinnen sollte. Sie stand vor einer Synthesebarriere. Wie bei der Interpolationsbarriere sind auch bei der Synthesebarriere Ausgangs- und Endzustand bekannt (Ich habe hier eine Kammer voll Stroh, das ich komplett zu Gold spinnen soll). Jedoch fehlt, im Gegensatz zur Interpolationsbarriere, das Wissen darüber, welche Operatoren zur Zielerreichung anzuwenden sind („…sie verstand gar nichts davon, wie man Stroh zu Gold spinnen konnte, …").
1.2.3 Dialektische Barriere
Nach Dörner (1976) ergeben sich die grundlegenden Problemtypen aus einer Betrachtung der Barrieren, die den Übergang eines Ausgangszustandes (Sα) in einen erwünschten Zielzustand (Sω) verhindern. Unabhängig von einem bestimmten Anwendungskontext spielt das Wissen über die verfügbaren Mittel und das Wissen über die angestrebten Ziele für das Problemlösen eine entscheidende Rolle.
Probleme, die einen bekannten Zielzustand aufweisen, sind im Alltag eher die Ausnahme. Die Mehrzahl unserer Probleme ist dadurch gekennzeichnet, dass wir keine (oder nur sehr vage) Kriterien für den Zielzustand angeben können, wir stehen also vor einer dialektischen Barriere. Viele dieser Probleme erleben wir als emotional belastend, weil sie uns ausweglos erscheinen: Ich weiß nicht, was ich tun soll, aber irgendwas muss sich ändern, denn so kann es nicht weitergehen!
Charakteristika von dialektischen Barrieren:
- Anfangszustand ist bekannt
- Zielzustand ist unbekannt
- Mittel sind (teilweise) unbekannt
Im Gegensatz zu den Barrieretypen Interpolationsbarriere und Synthesebarriere kennt man bei der dialektischen Barriere weder den Endzustand, noch die benötigten Operatoren (bzw. deren Passung und Reihenfolge). Man hat zwar z.B. beim Erstellen eines Referates (siehe Beispiel) ein Thema, über das man referieren soll, aber was man daraus zu machen hat und wie man dazu am besten vorgeht, ist in den seltensten Fällen genau vorgegeben. Außerdem kennt meistens (und auch das trifft nicht immer zu) nur die dozierende Person die genauen Kriterien für eine gute Arbeit.
Beispiel B.01.06: Erstelle ein Referat!
Jedes Semester aufs Neue ist es wieder soweit: ein oder mehrere Referate müssen erstellt werden. Gerade wenn man mit dem zugewiesenen Thema bisher noch nicht wirklich vertraut ist, ist es schwierig zu entscheiden, was relevant ist und was nicht.
Die Erstellung eines Referates beinhaltet häufig eine dialektische Barriere. Zwar hat man ein Thema, über das man ein Referat erstellen muss (Ausgangszustand), aber was man daraus machen soll, also der genaue Endzustand, ist unbekannt. Zudem ist in den seltensten Fällen vorgegeben, wie genau man am besten vorgeht, weshalb auch das zweite Kriterium einer dialektischen Barriere, die unbekannten Operatoren, erfüllt ist. Außerdem kennt meistens nur der Dozent die genauen Kriterien für ein, seiner Meinung nach gutes Referat. Es kommt zu diversen Fragen, beispielsweise: „Ich habe zwar ein Thema, aber was umfasst es eigentlich alles genau?“ „Gibt es dazu geeignete Literatur und wo bekomme ich diese her?“ „Wie muss das Referat am Ende sein, damit ich eine gute Note bekomme?“ Man erstellt Folien, löscht diese wieder, stellt Folien um, ändert Stichpunkte, sucht zusätzliche Quellen usw., bis der Tag der Präsentation des Referats gekommen ist.
Die Lösung zur Überwindung einer dialektischen Barriere ergibt sich also häufig erst während des Prozesses durch Ausprobieren. Man schreibt bei einer Hausarbeit, einem Essay oder, wie im Beispiel beschrieben, einem Referat etwas, überprüft, ob es einem gefällt, der Text sich sinnvoll anhört und zum Thema passt und führt gegebenenfalls Änderungen durch, falls es den angelegten Kriterien nicht genügt. Man nähert sich der Lösung in diesem Fall also meistens schrittweise an.
In diesem Prozess werden — daher der Name dialektisch — die gefundenen möglichen Zielzustände immer wieder auf innere Widersprüche (Widersprüche der Komponenten des Entwurfs zueinander) und äußere Widersprüche (Widersprüche des Entwurfs mit Sachverhalten außerhalb seiner selbst) überprüft.
1.2.4 Erweiterung des Konzepts: Die diagnostische Barriere
Nach Dörner (1976) ergeben sich die grundlegenden Problemtypen aus einer Betrachtung der Barrieren, die den Übergang eines Ausgangszustandes (Sα) in einen erwünschten Zielzustand (Sω) verhindern. Unabhängig von einem bestimmten Anwendungskontext spielt das Wissen über die verfügbaren Mittel und das Wissen über die angestrebten Ziele für das Problemlösen eine entscheidende Rolle. Der Ausgangszustand des Problems ist nach Dörners Klassifikation jedoch immer bekannt. So wie aber die meisten Alltagsprobleme nur vage Zielkriterien aufweisen (Dialektische Barriere), ist unserer Meinung nach auch der Anfangszustand eines Problems bei genauem Hinsehen meistens nicht wirklich oder nur scheinbar klar. Deshalb möchten wir Dörners Barrieren durch die diagnostische Barriere ergänzen.
Den Begriff diagnostisch haben wir gewählt, weil diese Art der Barriere häufig im medizinischen Bereich auftritt: man muss erst eine Diagnose stellen (welche Krankheit genau verursacht die bestehenden Symptome), damit man weiß, welche Mittel man anwenden muss, um das Problem (die Krankheit) dann tatsächlich lösen zu können.
Charakteristika von diagnostischen Barrieren:
- Anfangszustand ist unbekannt
- Zielzustand ist bekannt oder unbekannt
- Mittel sind (teilweise) unbekannt
Aber nicht nur wenn es um Krankheiten geht, treffen wir auf diagnostische Barrieren, wie folgendes Beispiel zeigt.
Beispiel B.01.07: Asthma bronchiale
Lukas (10 Jahre) leidet beim Sportunterricht in der Schule das erste Mal an Luftnot und wird von seiner Mutter abgeholt. Innerhalb der nächsten Tage klagt Lukas öfter über diffuse Symptome, wie z.B. Engegefühl in der Lunge, ein Pfeifen beim Ausatmen und dass er nicht mehr so viel rennen kann, wie die anderen Kinder. Daraufhin geht die Mutter mit ihm zu der Kinderärztin. Um das Problem behandeln zu können, muss erst eine Diagnose gestellt werden. Nach der Anamnese vermutet die Ärztin Asthma bronchiale, worauf hin sie Lukas einen Lungenfunktionstest machen lässt. Dieser zeigt deutlich eine chronische Entzündung der Bronchien, wodurch die Diagnose des Asthmas gestellt werden kann. Daraufhin bekommt Lukas die passenden Medikamente verschrieben.
Um das Problem behandeln zu können, muss der Ausgangszustand festgestellt werden, also die Diagnose gestellt werden. Durch die Anamnese und die Lungenfunktionsprüfung kann der Ausgangszustand bestimmt werden. Der Endzustand, also die Genesung von Lukas ist ebenfalls bekannt und es können die bis dahin unbekannten Operatoren zur Lösung des Problems herangezogen werden.
Das Beispiel müsste eigentlich aufgeteilt werden, da im Prinzip zwei Anforderungen gelöst werden müssen:
1.Es muss eine Diagnose gestellt werden!
2. Es müssen geeignete Behandlungsschritte gefunden und angewendet werden!
Die Ausgangssituation ist in beiden Fällen die gleiche, nämliche die Symptomatik von Lukas. Allerdings kann man zwei Endzustände definieren: 1. Die passende Diagnose zu finden und 2. die Genesung von Lukas. Im ersten Fall sind die Operatoren aus der Vielzahl der bekannten diagnostischen Möglichkeiten (z.B. Blutanalyse, Lungenfunktionsprüfung, EKG,) auszuwählen, im zweiten Fall müssen die richtigen Behandlungsschritte zur Heilung eingeleitet werden. Die Stellung einer Diagnose kann man also guten Gewissens als Problem bezeichnen, wohingegen die Heilung einer bekannten und gut behandelbaren Krankheit eher eine Aufgabe ist. Wäre die Krankheit nicht bekannt oder gäbe es keine definierten Behandlungsschritte, so wäre auch das als Problem zu bezeichnen.