Die Verbannung unbequemer und missliebiger Schriftsteller:innen, Künstler:innen und Kulturschaffender oder von einzelnen Texten und Publikationsformen aus dem offiziellen Literatur- und Kulturbetrieb gehörte zu den Standardmaßnahmen der kommunistischen Kulturpolitik. Sie fand in allen Ländern des ehemaligen sogenannten „Ostblocks“ statt und führte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer Parallelkultur bzw. zu einer Kultur, die nur im Verborgenen stattfinden konnte und als subversiv empfunden wurde. Andersdenkenden, die sich „in einem unfreien Land begannen, wie freie Menschen zu benehmen“ (A. Amalʼrik), wurde Berufs- und Publikationsverbot auferlegt.
Im Mittelpunkt des Seminars stehen die im Selbstverlag herausgegebenen Texte des Samizdat während der 1950er bis 1980er Jahre vor allem in der Sowjetunion und Tschechoslowakei. Neben einem Überblick zur Begriffsdefinition und zum Selbstverständnis des Samizdat sollen ausgewählte literarische Werke (z.B. von V. Erofeev, V. Aksenov, A. Bitov, V. Stus, I. Svitlyčnyj, J. Gruša, V. Havel, L. Vaculík) sowie auch andere Formen des kulturellen Untergrunds und Widerstands, z.B. politische Manifestationen, Filme, Musik, Performance Art, Pop-Kultur und die nonkonformistische Kunst behandelt werden mit dem Ziel, die unterschiedlichen Funktionsweisen des Samizdat und Underground zu diskutieren.
Die vielfältigen literarischen und künstlerischen Formen des kulturellen Untergrunds, die sich in politischen, wissenschaftlichen, künstlerischen, literarischen oder musikalischen Ausdrucksformen manifestieren, können als signifikante soziale Konstruktionen einer Gesellschaft interpretiert werden, in der Zensur, Verfolgung, Unterdrückung und Ausgrenzung herrschte. Welche Bedeutung dem Untergrund und der Samizdat-Literatur samt ihrer Aufarbeitung für das kulturelle Gedächtnis zukommt, soll den Abschluss unserer Diskussionen bilden.
Das Seminar findet in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Slavistik der Universität Würzburg statt und die einzelnen Sitzungen erfolgen teils online, teils hybrid und teils als Blocktermine. Experten zu einzelnen Themen wurden für Gastvorträge angefragt.
Die Vorbesprechung findet in der zweiten Vorlesungswoche am Mittwoch, d. 25.10., um 16:15 Uhr online statt. Zu Beginn des Seminars wird ein detaillierter Seminarplan ausgegeben, in dem die einzelnen Themen der Seminarsitzungen und weitere Literaturangaben aufgeführt sind. Ferner gibt es einen digitalen Handapparat, in dem einige Grundlagentexte und zu besprechende Bilder eingescannt sind. Besondere Sprachkenntnisse sind für die Teilnahme am Seminar nicht erforderlich. Gäste aus anderen Studiengängen sind nach Anmeldung willkommen.
- Moderator/in: Gesine Drews-Sylla
- Moderator/in: Eugeniya Ershova
- Moderator/in: Jeanette Fabian
- Moderator/in: Nora Janzen
Semester: 2023/24 Wintersemester