Das ABC der Bildpoesie. Visuelle Texte, typographische Experimente und Buchkunst in (Ost-)Mitteleuropa
Visuelle Poesie ist zwischen gelesenem oder gesprochenem Text und Graphik angesiedelt. Sie versteht Sprache als ein formbares Material, arbeitet mit typographischen Anordnungen und der Einbeziehung der weißen Papierfläche in den Text und kann daher als ein typisches Beispiel für die im 20. Jahrhundert häufiger werdende Verwischung der künstlerischen Gattungsunterschiede aufgefasst werden.
Wir werden uns in dem Seminar mit Formen der visuellen Poesie in den west- und ost(mittel)europäischen Kulturen des 20. Jahrhunderts beschäftigen. Zunächst sollen die historischen Quellen der Schrift-Bilder anhand ausgewählter Beispiele aus der Geschichte der Bild- und Lautpoesie behandelt werden. In erster Linie geht es dabei um die Formen der experimentellen Poesie in der europäischen Moderne (z.B. Mallarmé, Apollinaire), die Formen der Bild- und Lautdichtung im italienischen und russischen Futurismus sowie um die dadaistischen Experimente (Ball, Schwitters, Tzara) der 1910er Jahre. Die repräsentativsten Formen neuer intermedialer Kunstformen in den 1920er und 1930er Jahren stellen die typographischen Experimente und Kompositionen der Text-Bild-Beziehungen im Konstruktivismus (z.B. Ėlʼ Lisickij, G. Klucis), Poetismus (K. Teige) oder Surrealismus (J. Štyrský, J. Heisler) dar, die als eine 'Fusion' von Malerei bzw. Graphik und Lyrik erscheinen und als intertextueller Bezugspunkt für die verschiedenen Typen und Verfahrensweisen der konkreten Poesie seit den frühen 1950er Jahren anzusehen sind. Die Geschichte der visuellen, konkreten oder optischen Poesie des 20. Jahrhunderts zeigt, dass die Übergänge der Literatur zur Bildenden Kunst, zur Raum- und zur Aktionskunst nunmehr fließend sind. Wir werden daher im abschließenden Teil des Seminars einige Formen dieser intermedialen ‚konkreten‘ Poesie betrachten, wobei der Schwerpunkt in der Analyse und Interpretation ausgewählter Werke polnischer und tschechischer konkreter Künstler wie bspw. S. Dróżdż, R. Gorzelski, V. Havel, B. Grögerová oder J. Kolář liegt.
Parallel zum Seminar findet in der Teilbibliothek der Universität Bamberg (von SlavArt kuratiert) eine Ausstellung zu Vítězslav Nezvals und Karel Teiges Abeceda (Praha 1926) statt. Die 25 Gedichte und Typofotografien zu Abeceda gelten als Höhepunkt der konstruktivistischen Bildpoesie und Buchkunst der 1920er Jahre und werden in der Ausstellung im Original und als Faksimiles gezeigt. Eine Führung durch die Ausstellung gehört mit zum Seminarprogramm.
Das Seminar ist auch für Studierende der Kunstgeschichte, Germanistik und Romanistik geeignet. Ein Interesse an intermedialen Untersuchungen zum Verhältnis von Literatur und Bildender Kunst und an komparatistischen Analysen zur west- und osteuropäischen Moderne sollte vorhanden sein.
Literatur zur Einführung in das Thema:
Adler, Jeremy/Ernst, Ulrich: Text als Figur. Visuelle Poesie von der Antike bis zur Moderne. Weinheim 1987.
Anděl, Jaroslav: Avant-Garde Page Design 1900-1950. New York 2002.
Compton, Susan P.: The World Backwards. Russian Futurist Books 1912-16. London 1978.
Dencker, Klaus Peter: Optische Poesie. Von den prähistorischen Schriftzeichen bis zu den digitalen Experimenten der Gegenwart. Berlin/New York 2011.
Lang, Lothar: Konstruktivismus und Buchkunst. Leipzig 1990.
Lang, Lothar: Surrealismus und Buchkunst. Leipzig 1993.
Lemmens, Albert/Stommels, Serge-Aljosja (Hg.): Russian Book Art 1904-2005. Brüssel 2005.
Primus, Zdenek (Hg.): Tschechische Avantgarde 1922-1940. Reflexe europäischer Kunst und Fotografie in der Buchgestaltung. Hamburg 1990.
Rowell, Margit/Wye, Deborah (Hg.): The Russian Avant-Garde Book 1910-1934. New York 2002.
Schenk, Klaus u.a. (Hg.): Experimentelle Poesie in Mitteleuropa. Texte – Kontexte – Material – Raum. Göttingen 2016.
Srp, Karel (Hg.): Karel Teige a typografie. Praha 2009.
Visuelle Poesie ist zwischen gelesenem oder gesprochenem Text und Graphik angesiedelt. Sie versteht Sprache als ein formbares Material, arbeitet mit typographischen Anordnungen und der Einbeziehung der weißen Papierfläche in den Text und kann daher als ein typisches Beispiel für die im 20. Jahrhundert häufiger werdende Verwischung der künstlerischen Gattungsunterschiede aufgefasst werden.
Wir werden uns in dem Seminar mit Formen der visuellen Poesie in den west- und ost(mittel)europäischen Kulturen des 20. Jahrhunderts beschäftigen. Zunächst sollen die historischen Quellen der Schrift-Bilder anhand ausgewählter Beispiele aus der Geschichte der Bild- und Lautpoesie behandelt werden. In erster Linie geht es dabei um die Formen der experimentellen Poesie in der europäischen Moderne (z.B. Mallarmé, Apollinaire), die Formen der Bild- und Lautdichtung im italienischen und russischen Futurismus sowie um die dadaistischen Experimente (Ball, Schwitters, Tzara) der 1910er Jahre. Die repräsentativsten Formen neuer intermedialer Kunstformen in den 1920er und 1930er Jahren stellen die typographischen Experimente und Kompositionen der Text-Bild-Beziehungen im Konstruktivismus (z.B. Ėlʼ Lisickij, G. Klucis), Poetismus (K. Teige) oder Surrealismus (J. Štyrský, J. Heisler) dar, die als eine 'Fusion' von Malerei bzw. Graphik und Lyrik erscheinen und als intertextueller Bezugspunkt für die verschiedenen Typen und Verfahrensweisen der konkreten Poesie seit den frühen 1950er Jahren anzusehen sind. Die Geschichte der visuellen, konkreten oder optischen Poesie des 20. Jahrhunderts zeigt, dass die Übergänge der Literatur zur Bildenden Kunst, zur Raum- und zur Aktionskunst nunmehr fließend sind. Wir werden daher im abschließenden Teil des Seminars einige Formen dieser intermedialen ‚konkreten‘ Poesie betrachten, wobei der Schwerpunkt in der Analyse und Interpretation ausgewählter Werke polnischer und tschechischer konkreter Künstler wie bspw. S. Dróżdż, R. Gorzelski, V. Havel, B. Grögerová oder J. Kolář liegt.
Parallel zum Seminar findet in der Teilbibliothek der Universität Bamberg (von SlavArt kuratiert) eine Ausstellung zu Vítězslav Nezvals und Karel Teiges Abeceda (Praha 1926) statt. Die 25 Gedichte und Typofotografien zu Abeceda gelten als Höhepunkt der konstruktivistischen Bildpoesie und Buchkunst der 1920er Jahre und werden in der Ausstellung im Original und als Faksimiles gezeigt. Eine Führung durch die Ausstellung gehört mit zum Seminarprogramm.
Das Seminar ist auch für Studierende der Kunstgeschichte, Germanistik und Romanistik geeignet. Ein Interesse an intermedialen Untersuchungen zum Verhältnis von Literatur und Bildender Kunst und an komparatistischen Analysen zur west- und osteuropäischen Moderne sollte vorhanden sein.
Literatur zur Einführung in das Thema:
Adler, Jeremy/Ernst, Ulrich: Text als Figur. Visuelle Poesie von der Antike bis zur Moderne. Weinheim 1987.
Anděl, Jaroslav: Avant-Garde Page Design 1900-1950. New York 2002.
Compton, Susan P.: The World Backwards. Russian Futurist Books 1912-16. London 1978.
Dencker, Klaus Peter: Optische Poesie. Von den prähistorischen Schriftzeichen bis zu den digitalen Experimenten der Gegenwart. Berlin/New York 2011.
Lang, Lothar: Konstruktivismus und Buchkunst. Leipzig 1990.
Lang, Lothar: Surrealismus und Buchkunst. Leipzig 1993.
Lemmens, Albert/Stommels, Serge-Aljosja (Hg.): Russian Book Art 1904-2005. Brüssel 2005.
Primus, Zdenek (Hg.): Tschechische Avantgarde 1922-1940. Reflexe europäischer Kunst und Fotografie in der Buchgestaltung. Hamburg 1990.
Rowell, Margit/Wye, Deborah (Hg.): The Russian Avant-Garde Book 1910-1934. New York 2002.
Schenk, Klaus u.a. (Hg.): Experimentelle Poesie in Mitteleuropa. Texte – Kontexte – Material – Raum. Göttingen 2016.
Srp, Karel (Hg.): Karel Teige a typografie. Praha 2009.
- Moderator/in: Magdalena Eriksröd-Burger
- Moderator/in: Jeanette Fabian
Semester: 2022/23 Wintersemester