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In den letzten Jahren ist der Realismus als philosophischer Denkstil, aber gerade auch als literaturwissenschaftliche Kategorie neu in den Fokus gerückt. In diesem komparatistischen Seminar mit Werkstattcharakter wollen wir die vielbeachtete Studie Sovereign Fictions: Poetics and Politics in the Age of Russian Realism (2024) von Ilya Kliger zum Anlass nehmen, über den literarischen Realismus des 19. Jahrhunderts nachzudenken. Kliger sieht im Zentrum des klassischen russischen Romans die „Figur des Staats“ (the figure of the state) und unterscheidet ihn von einem westlichen, an der „bürgerlichen Gesellschaft“ (civil society) ausgerichteten Romanmodell. Von dieser voraussetzungsreichen These wollen wir uns ein differenziertes Bild machen.
Wir werden Kligers Buch nach und nach besprechen, parallel werden wir in Auszügen prägende mittel- und osteuropäische Theorien des realistischen Romans zwischen Hermeneutik, Formalismus und Marxismus (wieder-)lesen: György Lukács’ Die Theorie des Romans (1916/1920) und seine späteren marxistischen Arbeiten zum Realismus, Roman Jakobsons „O chudožestvennom realizme“ (Über den Realismus in der Kunst, 1921), Erich Auerbachs Mimesis (1946) und Michail Bachtins Problemy poėtiki Dostoevskogo (Probleme der Poetik Dostoevskijs, 1963). Schließlich werden wir Aspekte der Nachwirkung dieser Positionen im Westen etwa im französischen Poststrukturalismus und bei Fredric Jameson betrachten. Alle Texte stehen auf Deutsch oder Englisch zur Verfügung.
Das Seminar kann als theoretische, komparatistische Ergänzung zum Seminar „Dostoevskijs Idiot intermedial“ besucht werden.

Semester: 2025 Sommersemester
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)
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