Kulturtechnik im antiken Mythos

Beschreibung:
Götter, Helden und die ungebändigten Kräfte der Natur – das ist der Stoff, aus dem antike Mythen geformt sind. Nur eine Nebenrolle kommt den von Menschen erdachten und gebauten Dingen, Maschinen und Bauwerken zu. So zumindest könnte man meinen. Schaut man allerdings genauer hin, so wird deutlich, dass die Rolle von Technik und Erfindungen gar nicht so klein ist wie gedacht. Prometheus stiehlt das Feuer aus dem Olymp und bringt damit den Menschen die Grundlage jeder Kulturtechnik. Daidalos baut nicht nur für die kretische Königin Pasiphae eine Bronzekuh, in der verborgen sie sich mit dem von ihr angebeteten Stier körperlich vereinigt, sondern auch das Labyrinth, in dem König Minos dann den aus dieser ungewöhnlichen Liaison hervorgegangenen stierköpfigen Minotaurus einsperrt. Die zehnjährige Belagerung von Troia kann erst siegreich beendet werden, als Odysseus die List mit dem trojanischen Pferd ersinnt. Und seine ebenso kluge Frau Penelope hält zunächst jahrelang die Freier auf Ithaka mit einer List am Webstuhl hin und stellt den heimgekehrten Odysseus auf eine Probe, die nur er bestehen kann, weil nur er das Geheimnis des von ihm selbst gezimmerten Ehebettes kennt.
Grund genug, einmal der Bedeutung von menschlichem Erfindungsreichtum und Kulturtechnik(en) im antiken Mythos genauer nachzugehen und literarische Fassungen solcher Mythen genauer unter die Lupe zu nehmen. Neben spannenden Geschichten werden wir dabei richtiggehende Technikphilosophien entdecken, die nicht nur einen historischen, sondern vor allem einen systematischen Wert im Hinblick auf die Konzeption des Menschen und die Rolle von Technik in der Gesellschaft – auch der heutigen – haben.

Hinweis
Das Seminar ist eine gemeinsame Veranstaltung von Prof. Dr. Sabine Vogt (Klassische Philologie) und Dr. Martin Düchs (Philosophie) und für Studierende beider Fächer geeignet.
Es werden keine Kenntnis des Altgriechischen oder Lateinischen vorausgesetzt (alle behandelten Texte werden auch in deutscher Übersetzung zur Verfügung gestellt), wohl aber die Bereitschaft, sich auf eine intensive Beschäftigung mit literarischen Texten und den sich aus ihnen ergebenden Bedeutungshorizonten einzulassen.
Semester: 2020/21 Wintersemester