Kulturelle Bildung ist eines der zentralsten bildungspolitischen Schlagbegriffe der vergangenen Jahre. Sie wird als Ausgangspunkt eines gelingenden Lebens in modernen Gesellschaften diskutiert und lässt sich als mit künstlerischen Mitteln erzeugte Bildung begreifen, die diese von anderen Möglichkeiten der Entwicklung von Bildung (Fuchs 1999, S. 217) wesentlich unterscheidet. Damit stehen jene Bildungsprozesse im Fokus, die Menschen in der Auseinandersetzung mit ästhetischen Medien (z.B. Tanz, Musik, Kunst, Literatur und Sprache, Medien in einem weiten Sinn) erfahren. In der Erwachsenenbildung besitzt die Vermittlung kultureller Bildung eine lange Tradition. Kulturelle Erwachsenenbildung wird in einem erweiterten Sinne als Förderung von Schlüsselqualifikationen verstanden, die nicht nur für Beschäftigungsfähigkeit , sondern für die Gesellschaftsfähigkeit (Deutscher Bundestag 2007, S. 400) bedeutsam ist, kulturelle Handlungs- und biografische Gestaltungskompetenz unterstützt und auf die Alltagsbewältigung Erwachsener abzielt.
Das Handlungsfeld Kulturelle Erwachsenenbildung ist durch strukturelle wie auch inhaltliche Heterogenität geprägt. Sie vollzieht sich in institutionalisierten Settings (z.B. Angebote der Volkshochschule), aber auch in nicht-institutionalisierten Settings (z.B. Nachbarschaft) in denen informellen Lernprozesse stärker im Vordergrund stehen. Im Seminar sollen verschiedene Kontexte kultureller Erwachsenenbildung von Bedeutung sein, die für das Lernen Erwachsener biografische Relevanz entfalten. Kulturelle Erwachsenenbildung ist eng mit der Biografie der Adressaten und Adressatinnen im Zusammenhang zu denken. Sie ist an der Konstruktion, Reproduktion und Transformation von Biografien beteiligt. Sie muss die biografische Geschichtlichkeit ihrer Subjekte, für deren Zukunft sie deutend tätig wird, beobachten und analysieren. (Hoerning 1989, S. 161).
Vor diesem Hintergrund soll im Seminar ein biografieanalytischer Zugang zur kulturellen Erwachsenenbildung im Fokus stehen, der sich sowohl auf die Erforschung kultureller Bildungsprozesse (z.B. Interviewauswertung) bezieht als auch auf die didaktische Entwicklung eines biografieorientierten kultureller Bildungsangeboten (Praxis). In einer ersten grundlagentheoretischen Seminarphase wird der Überblick über zentrale Diskurse und relevantes Wissen zum Bereich der kulturellen Erwachsenenbildung und zur Bedeutung von Biografie in der erwachsenenpädagogischen Theorie, Empirie und Praxis im Mittelpunkt stehen. Die zweite projektorientierte Seminarphase vollzieht sich als selbstgesteuerte und kooperative Projektarbeit in Arbeitsgruppen. In den Arbeitsgruppen wird eine Projektidee im Bereich Forschung oder Praxis selbständig entwickelt und umgesetzt. In einer dritten Präsentations-Seminarphase werden die Projetarbeiten dem Plenum präsentiert und seminarbezogene Lernprozesse gemeinsam reflektiert.
Semester: 2019/20 Wintersemester