Poetischer Realismus (Buch)
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Theodor Fontane: Effi Briest (1894)
Fantastik im Poetischen Realismus
Zwar spielen fantastische Phänomene in der Literatur des Poetischen Realismus im Vergleich zu beispielsweise der Literatur der Romantik eher eine untergeordnete Rolle, doch gerade in Hinblick auf Realistisches Erzählen in dieser Epoche sind sie ein spannender Untersuchungsgegenstand. Vor allem mit Augenmerk auf den durch die programmatischen Realisten angestrebten Epochenbruch mit der Romantik überrascht die Fantastik im Poetischen Realismus.
Ein wichtiger Aspekt ist dabei, dass fantastische Motive zwar zentrale Motive innerhalb realistischer Texte sein können, sie allerdings keinen unmittelbaren Einfluss auf die Kausalität der Handlung haben, wie es in romantischen Texten häufig der Fall ist. Insgesamt sind Texte des Poetischen Realismus weniger auf die fantastischen Elemente fokussiert, sie entfalten ihre Bedeutung stets erst in Zusammenhang mit natürlichen Themen und Motiven.
In Hinblick auf realistische Erzählverfahren des Poetischen Realismus, welche programmatisch immer realistisch, aber zugleich auch verklärend sein mussten, ist besonders bedeutsam, dass Texte des Poetischen Realismus, welche fantastische Elemente enthalten, immer auch Handlungsstränge enthalten, welche „restlos natürlich erklärbar sind“ (Reichelt 2001, 10):
Je ärmer die realistische Literatur an fantastischer Literatur als Gattung, desto reicher ist sie an bedeutungskonstitutiven Kontexten, die etwas über die Funktion dieses Fantastischen, seine Zugehörigkeit zu den Gegenständen ‚mimetischer‘ Darstellung aussagen. (ebd., 29)
Die Verknüpfung von Fantastik und Realistischem Erzählen kann im Poetischen Realismus auf zwei Ebenen verortet werden: Zum einen können fantastische Elemente zur realistischen Erzählweise beitragen, indem sie die programmatisch wichtige Verklärung zum Realismus beisteuern. In Effi Briest ist dies durch den Chinesenspuk gegeben. Generell bieten übernatürliche und fantastische Elemente in Texten des Poetischen Realismus eine große Bedeutungsoffenheit, was sich auch in der Forschung widerspiegelt. Zum anderen können fantastische Erzählelemente so funktionalisiert werden, dass sie tatsächlich das realistische Erzählen bestätigen, wie es in Theodor Storms Novelle Der Schimmelreiter der Fall ist.