5. Abschließende Gedanken

Sitio: Virtueller Campus: eLearning-System der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Curso: Rivalisierende Männlichkeiten
Libro: 5. Abschließende Gedanken
Impreso por: Invitado
Fecha: domingo, 24 de noviembre de 2024, 12:20

Descripción

Resumeé

5.1 Abschließende Gedanken

Zum Abschluss nun noch ein paar Gedanken zum Thema Kreuzritter, Kreuzzüge und dem

Ritterkopf. Dass sich etwas an der Einstellung der Europäer geändert hatte, beweist unter

anderem nachfolgender Textauszug (ab Strophe 306) aus dem "Willehalm" (1215).

  

   hoert eins tumben wîbes rât,                         Hört einer einfältigen Frau Rat,

   schônt der gotes hantgetât.                           Schont Gottes Schöpfung.

   ein heiden was der êrste man                        Ein Heide war der erste Mann,

   den got machen began.                                 den Gott zu schaffen begann.

   Nu geloubt daz Elijas und Enoch      307        Nun glaubt, dass Elijas und Enoch

   für heiden sint behalten noch.                        als Heiden noch angesehen werden.

   Nôê ouch ein heiden was,                              Noah auch ein Heide war,

   der in der arken genas.                                  der in der Arche Schutz fand.

   Iop für wâr ein heiden hiez,                            Hiob für wahr als Heide bezeichnet wurde,

   den got dar umbe niht verstiez.                      den Gott deshalb nicht verstieß.

   Nu nemt ouch drîer künege war,                     Nun nehmt auch die drei Könige war,

   der heizent einer Kaspar,                               von ihnen hieß einer Kaspar,

   Melchîor und Balhasân:                                 Melchior und Balthasar:

   die müeze wir für heiden hân,                         Diese müssen wir für Heiden halten,

                […]                                                                […]

  

Wolfram von Eschenbach lässt hier eine Frau das sprechen, was man heute als

„Toleranzrede“ bezeichnet. Sie ist eine bekehrte Christin. Werden in den meisten

Kreuzzugsdichtungen biblische Metaphern bzw. Personen herangezogen, um den Kampf

gegen die „Heiden“ zu legitimieren, schlägt die Figur der Gyburg diese mit ihren eigenen

Waffen. Alle positiven Figuren aus dem Alten Testament sind ebenfalls „Heiden“, doch Gott hat

sie deshalb nicht verstoßen. Somit wird deutlich, dass es auch Autoren gab, die dem Ganzen

kritischer gegenüberstanden und über den Wege der Literatur ihre Meinung zum Ausdruck

brachten.

 

 


Literatur:

Verse zitiert nach: Müller, Ulrich (Hrsg.): Kreuzzugsdichtung. 4. unveränderte Auflage, Max Niemeyer Verlag, Tübingen, 1998, S. 65.

(Die Übersetzung erfolgte durch die Autorin.)

5.2 Spekulationen

Die Kreuzzugsthematik erfreut sich großer Beliebtheit, ob in Sprichwörtern ("sich auf einem

persönlichen Kreuzzug befinden") oder in Filmen ("Königreich der Himmel") etc.

  

Doch dies bringt uns nicht weiter bei der Identifizierung des Ritterkopfes. Mindestens seit dem

Jahre 1860 stellt man die Frage, wer sich wohl hinter diesem Gesicht verbergen mag. Man

stößt auf zahlreiche, unterschiedliche Varianten. Die zwei populärsten sollen hier kurz erwähnt

werden.

  

  Zum einen wird der Kopf einer Statue des Heiligen Mauritius

  zugeschrieben. Hierbei muss man aber Folgendes beachten:

  Die Magdeburger Darstellung des Heiligen Mauritius war maßgeblich

  prägend. Es wird angenommen, dass danach der Heilige stets sehr

  deutlich als Afrikaner mit dunkler Hautfarbe und den charakteristischen

  Gesichtszügen dargestellt wird. Scheint uns der Vergleich zwischen 

  dieser Skulptur und dem Ritterkopf unverständlich, so muss man (leider) hinzufügen,

  dass der Magdeburger Mauritius erst um 1250 herum gefertigt wurde. Demnach wäre

dieser Vergleich durchaus zulässig, da der Bamberger Ritterkopf meist auf vor 1237 datiert

wird. Jedoch muss man anmerken, dass die Kreuzzüge schon im 11. und 12. Jh.

stattfanden und es 1237 auf jeden Fall bekannt war, wie ein afrikanischer Mensch ausgesehen

haben könnte.

  

 

Da das Ritterhäuschen bekanntlich drei Figuren beinhaltete,

könnte es auch leicht zu einer Verwechslung in der Benennung gekommen sein.

Die zweite Variante bezieht sich auf den Heiligen Georg.Das

Stadtwappen Bambergs, das wohl ebenfalls um 1230 geprägt

worden ist, zeigt den Heiligen Georg in der bekannten Darstellung.

Da ihm in der Stadt stets enorme Bedeutung zugemessen wurde,

so erscheint es durchaus wahrscheinlich zu sein, dass man auch für

seine Darstellung diese Art und Weise (Helmform, Kettenhemd, Bart)

gewählt hatte. Eine Parallele liegt sehr nahe.

  

  

Wer sich jedoch historisch gesehen wirklich hinter diesem Gesicht verbirgt,

wird wohl nie ganz geklärt werden können.

Dennoch wird dieser mittelalterliche Mann immer eine gewisse

Faszination bei dem Betrachter auslösen und ihn in seinen Bann ziehen.

Er ist und bleibt zeitlos.

 


Literatur:

Hucker, Bernd Ulrich / Schurr, Eva: Die Andechs-Meranier in Franken. Europäisches Fürstentum im Hochmittelalter, Verlag Philipp von Zabern, Mainz, 1998.

 

Bildquelle:

Madgeburger Mauritius: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Mauritius_Kopf.jpg&filetimestamp=20070610064705  (letzter Zugriff: 12.03.2013)

Ältestes Siegel der Stadt Bamberg

Ritterkopf: Foto privat