5. Abschließende Gedanken
5.1 Abschließende Gedanken
Zum Abschluss nun noch ein paar Gedanken zum Thema Kreuzritter, Kreuzzüge und dem
Ritterkopf. Dass sich etwas an der Einstellung der Europäer geändert hatte, beweist unter
anderem nachfolgender Textauszug (ab Strophe 306) aus dem "Willehalm" (1215).
hoert eins tumben wîbes rât, Hört einer einfältigen Frau Rat,
schônt der gotes hantgetât. Schont Gottes Schöpfung.
ein heiden was der êrste man Ein Heide war der erste Mann,
den got machen began. den Gott zu schaffen begann.
Nu geloubt daz Elijas und Enoch 307 Nun glaubt, dass Elijas und Enoch
für heiden sint behalten noch. als Heiden noch angesehen werden.
Nôê ouch ein heiden was, Noah auch ein Heide war,
der in der arken genas. der in der Arche Schutz fand.
Iop für wâr ein heiden hiez, Hiob für wahr als Heide bezeichnet wurde,
den got dar umbe niht verstiez. den Gott deshalb nicht verstieß.
Nu nemt ouch drîer künege war, Nun nehmt auch die drei Könige war,
der heizent einer Kaspar, von ihnen hieß einer Kaspar,
Melchîor und Balhasân: Melchior und Balthasar:
die müeze wir für heiden hân, Diese müssen wir für Heiden halten,
[…] […]
Wolfram von Eschenbach lässt hier eine Frau das sprechen, was man heute als
„Toleranzrede“ bezeichnet. Sie ist eine bekehrte Christin. Werden in den meisten
Kreuzzugsdichtungen biblische Metaphern bzw. Personen herangezogen, um den Kampf
gegen die „Heiden“ zu legitimieren, schlägt die Figur der Gyburg diese mit ihren eigenen
Waffen. Alle positiven Figuren aus dem Alten Testament sind ebenfalls „Heiden“, doch Gott hat
sie deshalb nicht verstoßen. Somit wird deutlich, dass es auch Autoren gab, die dem Ganzen
kritischer gegenüberstanden und über den Wege der Literatur ihre Meinung zum Ausdruck
brachten.
Literatur:
Verse zitiert nach: Müller, Ulrich (Hrsg.): Kreuzzugsdichtung. 4. unveränderte Auflage, Max Niemeyer Verlag, Tübingen, 1998, S. 65.
(Die Übersetzung erfolgte durch die Autorin.)