4. Verbindung des Objekts zur Literatur des Mittelalters
4.4 Die Entwicklung der Feindbilder
Die Kreuzzüge richteten sich gegen eine Vielzahl Andersgläubiger. Nicht nur Muslime, sondern
auch Christen, die den Glauben anders auslegten, wurden als Ketzer verfolgt. Osteuropäische
Stämme wurden als Heiden bezeichnet. Die Kreuzzugsdichtung greift diese
Themengebiete auf. Aber auch die bloße Wallfahrt nach Jerusalem findet ihren Eingang in
diese Gattung. Der Begriff „kriuzliet“ kommt im 13. Jahrhundert das erste Mal vor, also weit
nach der Blütezeit der Kreuzzüge. Diese wird um das Jahr 1187 datiert, als
Jerusalem durch Saladin erneut in die Hand der Sarrazenen fiel. Jede europäische Sprache
kennt dieser Gattung, etwa als exhartation â la croisade oder canto per la crociata.
Wie bereits erwähnt, sollten diese literarischen Werke das Publikum motivieren. Die
dargestellte Welt ist pathetisch und mit Absicht geschönt. Eine Rüstung wie in Kapitel 4.2
beschrieben, hat wahrscheinlich keinen militärischen Nutzen und wäre eher eine Kleidung für
Turniere und Hoffeste. Die Realität sah anders aus. Um aber die Bereitschaft, in den Krieg zu
ziehen, zu erlangen, wurden bereits damals schon die Gegner so dargestellt, dass man gar
nicht anders konnte, als sie zu bekämpfen. Eine Taktik, die auch später immer wieder in der
Geschichte zur Anwendung kam.
Für den ersten Kreuzzug findet man Bezeichnungen der
Gegener wie Sarraceni oder Zerstörer, Tyrannen und Feinde.
Außerdem wurden die Volksnamen miteinbezogen. Diese
tauchen in der Kreuzzugsdichtung zur Zeit des 2. Kreuzzuges
auf. Hier allerdings kommt die Konnotierung mit „historischen“
Ereignissen hinzu, zum Beispiel als „personifiziertes Babylon“
oder als Familie Kains. Tierbezeichnungen, die schlechte
Charaktereigenschaften in sich bergen, werden zunehmend
beliebter.
Als sich dann aber zur Zeit des dritten Kreuzzuges die Niederlagen häuften, sank die
Begeisterung. Der Verlust Jerusalems 1187 war jedoch erneut genug Motivation. Die
Überlieferung von Kreuzliedern und anderen literarischen Werken setzt hier richtig ein.
Man findet in ihnen zahlreiche Varianten der Feinddarstellung. Hier kommen wieder die
Volksnamen zum Vorschein, aber auch der Charakter, der Glaube und ihre Taten werden
diffamiert: „crudelissimi gentes“, „gens infidelis“, „plebs pagana“. Außerdem werden wieder
biblische Bilder benutzt und „altbekannte“ Gräueltaten herangezogen.
Im Verlauf der Kreuzzugsidee kommt es zu einer gewissen Abschwächung der Feindbilder.
Die allgemeine Bezeichnung „Heide“ ist am meisten verbreitet. Außerdem liegt die Mehrzahl
der Taten, die man zur Motivation des Publikums immer wieder zur Schau stellte, in der
Vergangenheit. Dennoch wurden auch mit literarischen Mitteln immer wieder Versuche
unternommen, eine Mobilmachung anzuregen, die jedoch sehr differenziert mehr oder
weniger Erfolg hatten.
Literatur:
Theis, Ulrike: Die Kreuzlieder Albrechts von Johansdorf und die anderen Kreuzlieder aus "Des MInnesangs Frühling"., Dissertation, Freiburf, 1974, S 3f, S.8f.
Hartl, Ingrid: Das Feindbild der Kreuzzugslyrik. Das Aufeinandertreffen von Christen und Muslimen, aus: Wiener Arbeiten zur germanischen Altertumskunde und Philologie, Bickhan, Helmut (Hrsg.), Bd. 40, Peter Lang Verlag, Bern / Berlin / Bruxelles u.a., 2009, S. 68, S. 77, S. 97ff, S. 107, S. 152, S. 158ff, S. 186f, S. 197.
Bildquelle:
Darstellung Eroberung Jerusalem, 13.Jh.: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/3/33/1099_Siege_of_Jerusalem.jpg/300px-1099_Siege_of_Jerusalem.jpg (letzter Zugriff: 14.01.2013)