3. Verbindung des Objekts zur Literatur im Mittelalter
2. Zwerge
2.2. ORTNIT- Zwerg Alberich
Ortnit, der Herrscher von Lampartenland, geht auf eine gefährliche Reise zur Burg Montabur, um die Tochter des
heidnischen Königs Machorel für sich zu gewinnen. Seine Mutter rät ihm, in den Bergen Hilfe zu suchen.
In den Bergen begegenet Ortnit Alberich, den Zwergenkönig, den er anfangs fälschlich für ein Kleinkind hält.
Nach einem Kampf, den Ortnit gewinnt, entpuppt sich Alberich als Ornits Vater.
Vers 166 ff, „und sit über mich ze gröz baz danne risen genöz. vil ungeliche sint. so sit ir doch min kint" |
„und seit mir gegenüber so groß dass ihr eher einem Riesen gleichkommt. wir sind sehr ungleich. so seid Ihr dennoch mein Kind." |
Alberich, der nun Ortnit sein Leben schuldet, gibt ihm eine goldene Rüstung und das Schwert Rose und steht
Ortnit ab diesem Zeitpunkt zu Diensten.
Nur durch Alberichs List und seine Gabe sich unsichtbar machen zu können, gelingt es schließlich
Ortnit, die Königstochter zu entführen.
389 Dö wart der meide jämer harte groezlichen starc. si vlegten ir göter beide und vielen für den sarc. sich krazte unde roufte diu frouwe minneclich: dö huop ir die hende der lützel Alberich. 390 Ir hende minneclichen er in sin hende gevie. diu frouwe sprach zir muoter „wer ist bi mir hie? wer ist der mich da veehet und mich so vaste hat ? er tuot unhovelichen, daz er mich niht enlät" … „nein ich" sprach der kleine, „ich binz von himel ein bot. ... min meister von den himelen hat mich zuo dir gesant, du solt küniginne werden über eliiu Walhen lant." 394 Do sprach diu maget edele „an der rede bist du betrogen." … 395 Do sprach aber der kleine „diu rede frumt dir niht. … 397 Swes du du' mäht erdenken, daz ist im undertän. wil du den Lamparten niht ze einem man, verseist im dinen willen, so dunkest du mich tump: an handen und an füezen machet er dich krump. 398 Er nimt dir din schcene und macht dich dar zuo blint. du solt an in gelouben: nu bist duz doch sin kint. von im hast du die schcene und ouch din varwe lieht." dö sprach diu juncfrouwe „Minen got fürhte ich nieht." |
Da war der Kummer des Mädchens Edelfräulein überaus heftig. Sie flehten ihre beiden Götter an und fielen vor dem Sarg nieder. Die liebreizende Dame kratzte und raufte sich: Da hob ihr der kleine Alberich die Hände (hoch). Er umfing ihre Hände mit den seinen. Die Dame sprach zu ihrer Mutter: „Wer ist hier bei mir? wer ist es, der mich da umfängt und mich so fest hält? Er tut etwas unhöfliches, dass er mich nicht los lässt." … Der Kleine sprach: „Nein, ich bin es, ein Bote des Himmels. … Mein Meister aus dem Himmel hat mich zu dir gesandt, du sollst Königin über das ganze welsche Land werden." Darauf sprach das vornehme Mädchen: „Du täuscht dich." … Dann entgegnete der Kleine: „Deine Worte helfen Dir nicht. … Was auch immer Du Dir denken kannst, das ist ihm Untertan. Willst Du den Lamparten nicht zum Manne, verleugnest Du ihm gegenüber deine Absicht, so scheinst Du mir töricht: an den Händen und Füßen macht er Dich zum Krüppel. Er nimmt dir Deine Anmut und macht Dich dazu blind. Du sollst an ihn glauben: Schließlich bist Du doch sein Kind. Von ihm hast Du die Anmut und auch Deine helle Farbe." Da sprach die junge Dame: „Meinen Gott fürchte ich nicht." |
Der besiegte Zwergkönig wird so vom anfänglichen Gegner zum nützlichen Helfer in der Geschichte.
Unbeantwortet bleibt jedoch die Frage, welche Auswirkung es auf Ortnits Status hat, dass sein Vater ein Zwerg ist.
Quelle:
Ortnit und die Wolfdietriche. Hg. v. Arthur Amelung. Berlin 1871 (= Deutsches Heldenbuch).
Weiterführende Literatur:
Störmer-Caysa, Uta: Ortnits Mutter, die Drachen und der Zwerg. In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur, 128. Bd., H. 3. (1999), S. 282- 308.