3. Schematherapie

3 Schema-Modell

3.1 Maladaptive Schemata

Young geht davon aus, dass durch bestimmte Kindheitserlebnisse, beispielsweise negative Beziehungserfahrungen mit den Eltern, vorsprachliche Erinnerungen im impliziten Gedächtnis entstehen, die er als frühe "maladaptive Schemata" bezeichnete (Young et al., 2005). 

Diese neuronalen Gedächtnisspuren entstehen dann, wenn ein Grundbedürfnis eines Kindes nicht angemessen befriedigt wird. Sie sind therapeutisch deshalb interessant, da sie eine große Bedeutung für spätere Erwartungshaltungen und selektive Verarbeitungsprozesse haben und somit auch Erfahrungen im Erwachsenenalter prägen. Das Vorliegen dieser „Lebensmuster“ konnte über mehrere Kulturen hinweg gut belegt werden (Roediger & Zarbock, 2013). 

Durch die ständige Weiterentwicklung des Modells änderte sich auch die Zahl der beschriebenen Schemata, wobei in der finalen Version 18 Schemata beschrieben werden. Diese können wiederum fünf Domänen zugeordnet werden. In der folgenden Tabelle sehen Sie eine Übersicht über die 18 Schemata, welchen Domänen sie angehören und welche Grundbedürfnisse bei deren Entstehung nicht ausreichend befriedigt wurden. Außerdem können Sie sich unter folgendem Link Definitionen zu den einzelnen Schemata und dazugehörige Fallbeispiele anschauen: https://www.schematherapie-rhein-ruhr.de/schemata-nach-j-young/


3.2 Grundbedürfnisse

Wie bereits beschrieben, geht man davon aus, dass maladaptive Schemata durch unbefriedigte Grundbedürfnisse entstehen. Menschen haben eine Reihe dieser zentralen Grundbedürfnisse, die angeboren sind und lebenslang bestehen. 

Besonders in der Kindheit und Jugend ist die entwicklungsgerechte Erfüllung dieser durch die primäre/n Bezugsperson/en unerlässlich. 

Es werden 5 Grundbedürfnisse unterschieden, die wir Ihnen im Folgenden kurz vorstellen wollen (Bender et al., 2017): 


3.3 Bewältigungsreaktionen 

Infolge der Aktivierung von Schemata entstehen sogenannte "Bewältigungsreaktionen". Hierbei handelt es sich um früh erlernte, später automatisiert eingesetzte Handlungs- und Denkweisen, die meistens dazu dienen, das frustrierte Grundbedürfnis (z.B. nach Bindung) indirekt doch noch oder kompensatorisch ein anderes Grundbedürfnis (z.B. nach Autonomie) zu erfüllen. 

Aktivierte Schemata lösen meist starke und schmerzhafte (primäre) Emotionen aus. Um sich davor zu schützen, gibt es drei mögliche Reaktionen: 


Diese Bewältigungsformen entwickeln sich lebensgeschichtlich früh und verfestigen sich zu Bewältigungsstilen. Im Kindesalter stellen sie funktionale Wege dar, um mit den unbefriedigten Grundbedürfnissen umzugehen. 

Werden sie jedoch auch im Erwachsenenalter unverändert eingesetzt, so entstehen problematische Bewältigungsmodi (mehr dazu folgt in Abschnitt 4.4 Problematische Bewältigungsmodi).

Beispiel: Maria T. (32) hat als Kind immer wieder miterlebt, wie ihre herrschsüchtige und zeitweise schwer depressive Mutter unvermittelt einen kleinen Koffer packte und ankündigte, die Familie jetzt für immer zu verlassen. So bildete sich u.a. das Schema „Verlassenheit/Instabilität (im Stich lassen)“, das immer dann aktiviert wird, wenn Frau T. bemerkt, dass sich eine Zeit lang niemand aktiv nach ihr erkundigt hat. Sie fühlt sich dann elementar und schmerzhaft einsam. Üblicherweise beginnt sie daraufhin eine Folge kurzer sexueller Bekanntschaften, bei denen sie die Männer jeweils am anderen Morgen verächtlich wieder verlässt. Das gibt ihr ein „gutes Gefühl“ (Grundbedürfnisse: Autonomie und Kontrolle, Selbstwerterhöhung). Aufgrund von periodisch ausgeprägtem Suchtmittelkonsum (Grundbedürfnis: Unlustvermeidung) kommt sie wiederholt in die Klinik, wo sie jeweils ein unselbstständiges und enges Verhältnis zur Therapeutin sucht (Grundbedürfnis: Bindung).