Einstieg in komplexes Problemlösen in Gruppen

5. Macht

5.3. Anwendung: Macht und Teamarbeit


Macht und Gruppe

In Gruppen und Teams spielen vielfältige Machteinflüsse eine Rolle. So wird die Rollenverteilung in einer Gruppe hauptsächlich über die jeweils vorhandenen Machtmittel der einzelnen Gruppenmitglieder geschehen. Expertenmacht wird in einer Arbeitsgruppe (Team) einen höheren Einfluss auf die Vergabe von Gruppenrollen haben, als in einem informellen Bekanntenkreis. Hier wird zum einen die Identifikationsmacht einen Einfluss haben, zum anderen die Belohnungs- und Sanktionsmacht (z.B. durch Entzug von Anerkennung und Zuwendung).


Macht und Teamarbeit

Macht kann also nicht immer nur von oben, durch den direkten Vorgesetzten oder andere höher gestellte Mitarbeiter ausgeübt werden, wie es in den Videobeispielen im Artikel Macht zu sehen ist, sondern spielt auch im Team eine Rolle, egal, ob dieses aus Mitarbeitern unterschiedlicher Hierarchieebenen besteht, oder nicht. Welchen Einfluss Macht in einem Team haben und wie sie sich äußern kann, soll an dem im Videobeispiel zusammengestellten Projektteam veranschaulicht werden. 

Video V.02.03: Projektteam: Macht wirkt nicht

 

(Eigene Produktion)


Video V.02.04: Projektteam: Macht wirkt

  (Eigene Produktion)


Beispiel B.02.22: Sitzung einer Seminargruppe

Die Protagonisten:

  • Frau Brühl: Leitung des Empiriepraktikums 
  • Julia: verantwortlich für das Studiendesign 
  • Florian: verantwortlich für die Studiendurchführung 
  • Martin: verantwortlich für die Studienauswertung 
  • Anna: Kommunikation mit Studienteilnehmenden 

Julia: „Ich darf euch heute ganz herzlich zu unserer Teamsitzung begrüßen. Letzte Woche haben wir schon grobe Ideen für unsere Studie gesammelt. Ich hoffe heute können wir daran anknüpfen. Unsere Idee, wie sich verschiedene Düfte auf die Konzentrationsfähigkeit auswirken, finde ich immer noch spannend, vor allem wenn wir die Daten draußen erheben. Vielleicht können wir mit einem Teil in die viel befahrene Innenstadt gehen und mit den anderen in den Wald, um dort die Konzentrationsfähigkeit zu messen.“ 

Frau Brühl: „An diesem Punkt würde ich gerne meine Bedenken äußern. Wenn ihr eure Studie draußen durchführen möchtet, habt ihr so viele Störvariablen, die ihr nicht kontrollieren könnt. Ich halte es daher für sinnvoller, wenn ihr die Studie in unserem Labor mit Raumdüften durchführt.“ 

Julia: „Ich dachte Sie hätten am Anfang unseres Empiriepraktikums gesagt, dass wir in unserer Forschungsfrage und Durchführung freie Hand haben und uns nur bei Fragen unterstützen. Wir wollten keine langweilige Laborstudie machen, sondern mal was anderes machen und raus gehen.“ 

Florian zu Martin (flüsternd): „Ich habe gleich gesagt, dass wir ins Labor gehen sollten. Das wäre auch viel einfacher durchzuführen. Julia hat sich da voll drauf versteift, die Datenerhebung in einem natürlichen Setting zu machen. Aber sie muss ja auch nicht das Chaos bei der Durchführung und Datenauswertung ausbaden.“  

Florian: „Vielleicht mag das für dich nicht so relevant erscheinen Julia, aber ich bin derjenige der die Studie mit den Versuchspersonen durchführen muss. Ich habe auch letzte Woche schon gesagt, dass es einfacher ist, wenn wir die Studie in dem Labor des Lehrstuhls durchführen. Ich habe keine Lust eine Woche lang durch die Stadt und den Wald zu irren und Orte zu finden an denen die Studienteilnehmenden einen Konzentrationstest machen können. Außerdem können wir im natürlichen Setting nicht davon ausgehen, dass es immer gleich riecht und es gibt noch so viel mehr störende Einflüsse. Was ist, wenn es währenddessen zum Regnen kommt? Was messen wir dann?“ 

Julia: „Florian, ich darf doch sehr bitten! Wir sind doch ein Team, die an einem gemeinsamen Strang ziehen sollten. Wenn du letzte Woche auch schon gegen eine Durchführung draußen warst, habe ich das zumindest nicht mitbekommen. Vielleicht hast du es wie eben auch nur flüsternd zu Martin kommuniziert. Bei mir ist es jedenfalls nicht angekommen. Du hattest sowieso keine Lust auf unsere Gruppe. Meine Freundin Lena würde sich z.B. sehr freuen, wenn sie noch ein Platz in unserer Gruppe bekommt, weil die Plätze für das Empiriepraktikum, wie wir alle wissen, sind leider begrenzt. Was sagst eigentlich du dazu Anna? Schließlich war ich letzte Woche nicht allein bei unserer Gruppensitzung. Habe ich da was nicht mitbekommen?“ 

Anna: „Ich finde, wir sollten aufhören zu streiten, das führt doch zu nichts. Ich kann von meiner Seite aus nur sagen, dass wir auf Frau Brühl hören sollten. Sie hat schon mehrere Studien durchgeführt. Warum nicht auf ihre Erfahrungen zurückgreifen. Wir sind ja schließlich alle total unerfahren. Vielleicht sollten wir uns einfach auf das Labor einigen und uns dann auf die eigentliche Fragestellung konzentrieren. Wir können uns ja dann bei den Raumdüften austoben, da gibt es sicher auch ein paar besondere Varianten, die unsere Studie auch im Labor spannend machen.“ 

Frau Brühl: „Das ist eine gute Idee Anna. Denn davon hängt ja auch euer eigentliches Interesse ab. Meiner Meinung nach kann eine Laborstudie auch spannend sein. Insbesondere dann, wenn man noch keine Studie davor durchgeführt hat.“ 

Aufgabe Ü.02.05: Natürlich läuft eine Projekt-/Arbeitsbesprechung nicht immer mit solchen „Machtspielchen“ ab wie in unserem Beispiel, trotzdem spielt Macht wohl in allen Gruppen und Teams eine Rolle. Diskutieren Sie:

  • Welche Arten von Macht kommen in unserem Teameam zum Einsatz?
  • Was kann man ihrer Meinung nach tun, um solche Machtspielchen zu verhindern?
Hier kommt ihr direkt zum Forum.